Mehrere CS-Obligationäre gelangen vor Bundesverwaltungsgericht

Grossbanken

St. Gallen – Beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen sind mehrere Beschwerden von Credit-Suisse-Obligationären wegen der Wertloserklärung ihrer Anleihen eingegangen. Die international tätige Kanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan alleine vertritt eine Gläubigergruppe, die mit 4,5 Milliarden Franken mehr als ein Viertel der betroffenen Obligationen hält. Darunter auch die Pensionskasse der Migros.

Die Obligationäre wehren sich gegen den Totalausfall der nachrangigen AT1-Anleihen im Wert von insgesamt 16 Milliarden Franken. Die Anordnung sei nicht rechtmässig gewesen, argumentieren die von Quinn Emanuel vertretenen Beschwerdeführer.

Denn die Verfügung der Finma verletze verfassungsrechtliche Grundsätze der Gleichbehandlung, der Wahrung von Treu und Glauben und der Verhältnismässigkeit, erklärte ein Sprecher der laut eigenen Aussagen weltweit grössten Wirtschaftskanzlei am Freitag auf Anfrage von AWP.

Die Beschwerdeführer verlangen, dass die Entscheidung zur Abschreibung ihrer Anleihen rückgängig gemacht wird, sagte der Sprecher der Kanzlei. Oder es werde mindestens ein Schadenersatz wegen Enteignung gefordert. Denn die Finma-Verfügung verletze auch das Eigentumsrecht in «widerrechtlicher» Art und Weise.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hatte im Rahmen der Notübernahme der CS durch die UBS die Abschreibung der hoch verzinsten nachrangigen AT1-Anleihen angeordnet. Insgesamt wurden Anleihen im Gesamtumfang von rund 16 Milliarden Franken für wertlos erklärt.

Abschreibung war nicht erforderlich
Wie mit der Angelegenheit vertraute Personen zu AWP sagten, stellen sich die beschwerdeführenden Obligationäre von Quinn Emanuel auch auf den Standpunkt, dass die Abschreibung der Anleihen gar nie erforderlich gewesen sei. Denn die CS habe die regulatorischen Kapitalanforderungen jederzeit erfüllt. Es habe also gar kein Bedarf für eine Stärkung der Kapitalausstattung bestanden.

Zudem wären mildere Alternativen zur Verfügung gestanden, namentlich die Aussetzung von Zinszahlungen. Ein solcher Schritt hätte aus Sicht der Gläubiger der eigentlich zwingenden Befristung von Notrecht entsprochen, so die Quellen. Ebenso hätte eine bloss teilweise Abschreibung geprüft werden können.

Ruf des Schweizer Finanzplatzes leidet
«Der Entscheid der Finma untergräbt das internationale Vertrauen in die Rechtssicherheit und Verlässlichkeit des Schweizer Finanzplatzes», liess sich Thomas Werlen am Freitag in einer Medienmitteilung zitieren, der geschäftsführende Partner der Kanzlei in der Schweiz. Diesen Entscheid zu korrigieren sei also nicht nur im Interesse der eigenen Kunden, sondern stärke auch die Position der Schweiz als wichtiger Standort im globalen Finanzsystem.

Richard East, Senior Partner im Londoner Büro der Kanzlei, fügt hinzu: «Die Einreichung der Beschwerde am Dienstag war der erste Schritt in einer Reihe von Massnahmen, die wir ergreifen werden, um für unsere Mandanten, die unrechtmässig ihrer Eigentumsrechte beraubt wurden, Wiedergutmachung zu erlangen.» Zu möglichen weiteren Massnahmen will sich Quinn Emanuel zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht äussern.

Klagewelle voraus
Fast täglich erscheinen Meldungen von neuen Klagen. Alleine in St. Gallen sind in den letzten Tagen diverse Beschwerden geschädigter Obligationäre eingegangen. Und die Eingabefrist läuft noch. Ein prominentes Schweizer Opfer ist die Pensionskasse der Migros. Diese lässt sich ebenfalls von Quinn Emanuel vertreten, wie AWP erfahren hat.

Die Migros-Pensionskasse (MPK) habe zusammen mit anderen Betroffenen vor Bundesverwaltungsgericht eine Klage eingereicht, bestätigte ein Sprecher der MPK gegenüber AWP am Freitagnachmittag. Der Marktwert der AT1-Anleihen der CS bei der MPK habe per Ende 2022 rund 99 Millionen Franken betragen.

Zudem hatte die Financial Times am Donnerstag von «mindestens 80 Investoren» aus Singapur berichtet, die eine Klage gegen den Beschluss der Schweizer Behörden vorbereiten würden. Ihr Argument: Der Schritt verletze Vereinbarungen zum Schutz vor «unfairen staatlichen Massnahmen», die im Freihandelsabkommen mit der Schweiz festgelegt wurden. (awp/mc/pg)

Exit mobile version