Europa-Schluss: Inflationssorgen und Krieg in der Ukraine führen zu Verlusten

Boerse

(Adobe Stock)

Paris / London – Der EuroStoxx50 ist am Mittwoch nach den deutlichen Vortagesgewinnen wieder stark unter Druck gekommen. Der Leitindex der Eurozone litt unter anderem unter Inflationssorgen sowie unter dem Krieg in der Ukraine. Auf die Stimmung drückten auch Äusserungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, wonach «feindliche Staaten» Erdgas mit Rubel bezahlen sollten. Diese Meldung liess die Ölpreise wieder anziehen, was erneut die Furcht vor einer deutlichen wirtschaftlichen Abschwächung schürte.

Der EuroStoxx schloss 1,45 Prozent im Minus bei 3869,22 Punkten. Der französische Cac 40 fiel um 1,17 Prozent auf 6581,43 Punkte, während der britische FTSE 100 («Footsie») dank der relativen Stärke des Öl- und Rohstoffsektors nur um 0,22 Prozent auf 7460,63 Punkte nachgab.

«Die Marktteilnehmer scheinen nun doch noch die im Aktienmarkt vorhandenen Risiken zu erkennen», sagte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect. «Die Ukraine-Krise ist noch ungelöst. Die Inflationsdynamik nimmt zu und drückt auf die Kostenseite der Unternehmen.»

Bereits am Vormittag hatte eine pessimistische Konjunkturprognose für Deutschland die Anleger europaweit erschreckt. Das Ifo-Institut erwartet in diesem Jahr nur noch zwischen 2,2 und 3,1 Prozent Wirtschaftswachstum, aber einen Anstieg der Inflation auf 5,1 bis 6,1 Prozent.

Die Entscheidung von Putin, Gas-Lieferungen an bestimmte Länder wie Deutschland künftig nur noch gegen Zahlung in Rubel vorzunehmen, kann indes als politischer Schritt gesehen werden. «Putin sendet damit zunächst einmal ein politisches Signal», sagte Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. «Letztlich handelt es sich wohl um eine Retourkutsche auf die verhängten Sanktionen des Westens.»

Kerstin Hottner, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter Vontobel Asset Management, schrieb: «Die Frage ist, ob es momentan für die Gasimporteure überhaupt möglich wäre, ihre Währungen in Rubel zu tauschen, da viele Banken und auch die Zentralbank unter Sanktionen stehen.» Damit würde Russland diese Länder zwingen, die Sanktionen bei den Banken hier zu lockern. Hottner bezweifelt, dass sich dies erzwingen lässt. Die westlichen Länder hätten bisher hohe Einigkeit bei den Sanktionen gezeigt.

In diesem Kontext gibt es auch Fragezeichen für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Wegen «einer sich immer schneller drehenden Sanktionsspirale mit einer fast völligen Isolation Russlands vom Westen hat das Risiko einer Rezession das vorherige Boom-Szenario in nur wenigen Wochen abgelöst», gab Marktanalyst Jochen Stanzel vom Handelshaus CMC Markets zu bedenken.

In dem schwachen Umfeld sorgten die Aktien von Air Liquide an der EuroStoxx-Spitze mit einem Plus von gut zwei Prozent für ein positives Ausrufezeichen. Der französische Gasehersteller hatte sich am Vortag für die kommenden Jahre neue Wachstumsziele gesetzt. Nun äusserten sich Analysten positiv. Der weltweite Ausbau der Wasserstoffwirtschaft sei ein wichtiger Wachstumstreiber, kommentierte etwa der Experte Robert Czerwensky von der DZ Bank.

Im «Footsie» bildeten die Anteilsscheine von Reckitt Benckiser mit einem Minus von viereinhalb Prozent das Schlusslicht. Sie litten unter einer negativ aufgenommen Studie des Analysehauses Jefferies. Der Experte Martin Deboo geht von einem stärkeren US-Absatzrückgang des Desinfektionsmittels Lysol aus als der Markt. Dazu komme Druck von den Rohstoffpreisen.

Aus Branchensicht mieden Anleger vor allem zinssensible Sektoren wie die Immobilienwerte . Die Volkswirte der Landesbank Helaba verwiesen auf ungünstige Signale von Seiten der US-Notenbank. Bereits am Montag hätten die als restriktiv eingestuften Kommentare von Fed-Chef Jerome Powell für Abgabedruck gesorgt und jüngste Redebeiträge anderer Notenbank-Mitglieder hätten dies untermauert. «Die Fed ist besorgt wegen der hohen Inflation und bereit, den Zinserhöhungszyklus deutlich zu beschleunigen», kommentierten die Experten. (awp/mc/pg)

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