Gerichtskommission empfiehlt Lauber nicht zur Wiederwahl

Michael Lauber

Bundesanwalt Michael Lauber.

Bern – Bundesanwalt Michael Lauber muss um seine Wiederwahl zittern. Die Gerichtskommission empfiehlt dem Parlament, ihn nicht für eine weitere Amtsperiode zu wählen. Das gab sie am Mittwoch bekannt. Das Parlament ist zwar frei, den Bundesanwalt dennoch zu wählen. Nach dem Entscheid der Kommission sind die Chancen Laubers aber gesunken.

Die Gerichtskommission sprach sich mit 9 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen die Wiederwahl aus. Der Hauptgrund sei juristischer Natur, sagten Kommissionspräsident Jean-Paul Gschwind (CVP/JU) und Matthias Aebischer (SP/BE), der Präsident der zuständigen Subkommission, vor den Medien.

Urteil des Bundesstrafgerichts
Sie verwiesen auf das Urteil des Bundesstrafgerichts. Dieses kam zum Schluss, dass Lauber Verfahrensregeln verletzte, als er Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino nicht protokollierte. Lauber muss deshalb in den Fifa-Verfahren in den Ausstand treten.

Die Mehrheit der Kommission sei der Auffassung, dass Lauber damit seine Amtspflichten grobfahrlässig verletzt habe, sagten Gschwind und Aebischer. Eine Kommissionsminderheit um den Genfer FDP-Nationalrat Christian Lüscher sieht das anders. Sie wird dem Parlament den Antrag stellen, Lauber wiederzuwählen.

Auch politische Gründe
Neben den juristischen gab es in der Kommission laut Aebischer auch politische Gründe für den Entscheid, namentlich das Verhalten des Bundesanwalts. Es handle sich um eine schwierige Situation, sagte Aebischer. «Wir wollen nicht, dass die Bundesanwaltschaft oder die Aufsichtsbehörde in einem schlechten Licht dastehen.»

Das Parlament entscheidet am 25. September, ob es Lauber für eine weitere Amtsperiode wählt oder nicht – sofern Lauber seine Kandidatur bis dahin nicht zurückzieht. Folgt die Vereinigte Bundesversammlung der Gerichtskommission und wählt Lauber nicht, wird die Stelle ausgeschrieben.

Umstrittene Kriterien
Die Gerichtskommission hatte Lauber insgesamt dreimal angehört, zuletzt am Mittwoch vor dem Entscheid. Offensichtlich ist es dem Bundesanwalt dabei nicht gelungen, eine Mehrheit zu überzeugen. Das Blatt hat sich damit gewendet. Noch vor rund drei Wochen hatte Aebischer gegenüber Radio SRF gesagt, wenn es beim aktuellen Wissensstand bleibe, könne die Gerichtskommission gar nicht anders, als Lauber zur Wiederwahl zu empfehlen.

Bisher gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesanwalt die Amtspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig schwer verletzt habe. Und nur in diesem Fall könnte die Kommission ihn nicht zur Wiederwahl empfehlen. Vor einer Woche relativierte er diese Äusserungen. Damals vertagte die Kommission den Entscheid über ihre Empfehlung.

Umstrittene Treffen mit Infantino
Der Bundesanwalt ist im Zusammenhang mit den Fifa-Verfahren stark unter Beschuss geraten. Er hat sich mehrmals informell mit Fifa-Präsident Gianni Infantino getroffen und diese Treffen nicht protokolliert.

Die Aufsichtsbehörde unter Leitung von Hanspeter Uster führt ein Disziplinarverfahren gegen Lauber. Dabei geht es auch um mindestens ein Treffen, das Lauber gegenüber der Aufsichtsbehörde nicht angegeben hatte. Er machte geltend, sich nicht daran zu erinnern.

Kritik an eigener Aufsichtsbehörde
Als die Aufsichtsbehörde im Mai die Disziplinaruntersuchung eröffnet hatte, war Lauber zum Gegenangriff übergegangen. Er sprach von einem «Eingriff in die Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft». Es handle sich um eine «heraufbeschworene institutionelle Krise», sagte Lauber damals.

Eigentlich hätte das Parlament bereits in der Sommersession entscheiden sollen. Die Gerichtskommission beschloss damals aber, die Wiederwahl auf Herbst zu verschieben. Man wolle in der aufgeheizten Situation nichts überstürzen, hiess es. Das Parlament muss nun trotzdem entscheiden, bevor die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen.

Kampagne gegen Lauber?
In der Causa Lauber haben sich inzwischen zwei Lager gebildet. Für den Bundesanwalt machte sich vor kurzem Urs Hofmann stark, der Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren. Er lobte die Zusammenarbeit der Bundesanwaltschaft mit den Kantonen.

Zu Wort meldete sich auch Ständerat Claude Janiak (SP/BL), der in der Geschäftsprüfungskommission sitzt. Im «Tages-Anzeiger» bezeichnete er das Disziplinarverfahren als «Kampagne» gegen Lauber und warnte davor, den Bundesanwalt nicht wiederzuwählen. Damit wäre die Schweiz nicht mehr weit von jenen Staaten entfernt, in denen nicht genehme Strafverfolger eliminiert würden, weil sie jemandem auf die Füsse getreten seien.

Glaubwürdigkeit beschädigt
Die Strafrechtsexperten Mark Pieth und Markus Mohler zeigten sich empört über diese Äusserungen. Es sei gerade umgekehrt, schrieben sie in einem Gastbeitrag: Das Vorgehen und anschliessende Verhalten des Bundesanwalts hätten der Glaubwürdigkeit der Bundesstrafjustiz enormen Schaden zugefügt.

Janiak widerspreche dem Urteil des Bundesstrafgerichts und nehme Befunde, die durch die Disziplinaruntersuchung zu ermitteln seien, nach seinem Gusto vornweg. Dass Janiak – wie der Bundesanwalt selber – der Aufsichtsbehörde unter Leitung von Hanspeter Uster vorwarf, sie mische sich ins operative Geschäft ein, kritisierten Pieth und Mohler ebenfalls. Auf welche Seite sich die Mehrheit des Parlaments schlägt, wird sich am 25. September zeigen. (awp/mc/pg)

Bundesanwaltschaft

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