Schweizer Wirtschaft wächst im dritten Quartal über Erwartungen

(Bild: Schlierner / Adobe Stock)

Bern – Die Schweizer Wirtschaft hat im dritten Quartal von anhaltend starken Pharma- und wetterbedingt hohen Energieexporten profitiert und ist entsprechend schneller gewachsen als von Ökonomen erwartet. Insgesamt kann sich die Schweiz der Eintrübung der Weltkonjunktur allerdings nicht entziehen.

Konkret legte das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) in der Periode von Juli bis September 2019 gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent zu, wie das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) am Donnerstag mitteilte. Ökonomen hatten lediglich ein Wachstum zwischen 0,0 und +0,2 Prozent erwartet.

«Die Zahlen sind zwar etwas über den Erwartungen ausgefallen, bestätigen aber insgesamt trotzdem, dass die Wirtschaft unter dem schwierigen internationalen Umfeld leidet», sagte Ronald Indergand, Leiter des Ressorts Konjunktur beim Seco, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

In den beiden Quartalen davor waren die Wachstumsraten mit +0,3 bzw. +0,4 Prozent in etwa ähnlich hoch ausgefallen wie nun im dritten Jahresviertel. Vor allem in der ersten Jahreshälfte 2018 war die Schweizer Wirtschaft hingegen noch mit deutlich höheren Raten unterwegs – dann aber flachte das Wachstumstempo im Zuge des beginnenden Handelskriegs zwischen den USA und China und einer generellen Eintrübung der Weltkonjunktur rasch ab.

Energiesektor profitiert vom Wetter
Ein Hauptpfeiler des BIP-Wachstums im dritten Quartal war das verarbeitende Gewerbe (+1,2%), das von der dynamischen Entwicklung der Pharmabranche profitierte. «Der Sektor macht rund ein Drittel der Wertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes aus und ist hauptverantwortlich für das Gesamtwachstum», so Indergand vom Seco.

Die Branche läuft dabei unabhängig von der internationalen Konjunktur-Entwicklung gut. Der Trend zu mehr Gesundheitsleistungen ist ein internationaler und wird sich aufgrund der demographischen Entwicklung wohl fortsetzen. Und auch in Asien gibt es eine stark wachsende Mittelschicht, die mehr solche Dienstleistungen konsumiert. «Davon profitiert die Schweizer Pharmaindustrie und dürfte es weiterhin tun», glaubt Indergand.

Konjunktursensitivere Industriebranchen, namentlich jene der Maschinen und der Metalle, verbuchten dagegen erneut Exportrückgänge und folgten damit der internationalen Entwicklung. Die sogenannte MEM-Industrie hat in den letzten Quartalen bekanntlich einen regelrechten Absturz erlebt. So fielen etwa die Auftragseingänge gemäss Branchenzahlen im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um fast 15 Prozent, im zweiten Quartal waren es gar fast -20 Prozent gewesen.

Einen etwas überraschenden Ausreisser nach oben gab es im Berichtsquartal für den Energiesektor (+8,2%), der das stärkste Wachstum seiner Geschichte erzielte. Einerseits gab es starke Niederschläge im August und andererseits waren der Juni und Juli sehr warm. Dadurch kam es zu einer späten Schneeschmelze und entsprechend gefüllten Stauseen. «Daher war die Energieproduktion und der Export in die Nachbarländer sehr gross», erklärte Indergand den Effekt. Im vierten Quartal dürfte dieser dann allerdings wieder wegfallen.

Wenig Dynamik in Binnenkonjunktur
Die inländische Nachfrage wuchs derweil laut den Seco-Angaben moderat. Beim privaten Konsum (+0,2%) schwächte sich die Dynamik gegenüber den Vorquartalen etwas ab, während sie beim Staatskonsum (+0,5%) nach einem schwachen Quartal anzog. «Die Binnenkonjunktur stützt zwar, aber viel Dynamik geht von ihr nicht aus. Die Konsumenten sind weiterhin eher zurückhaltend», so der Seco-Mann weiter.

Auch Bauinvestitionen (+0,2%) wuchsen kaum, ebenso wenig die Wertschöpfung im Baugewerbe (+0,1%). Die Ausrüstungsinvestitionen (+0,7%) hingegen machten laut Seco trotz des unsicheren Umfelds immerhin den Rückgang des Vorquartals wett und bewegten sich damit in etwa auf dem gleichen Niveau wie vor zwei Jahren. Das insgesamt ungünstige Umfeld lastete auch auf dem Dienstleistungssektor. Die meisten dortigen Branchen verzeichneten entweder bescheidene Zuwächse oder leichte Rückgänge der Wertschöpfung.

Ohne Spezialeffekte verhalten
Ökonomen zeigten sich angenehm überrascht von den Zahlen, wollen sie aber auch nicht überschätzen. «Die Schweiz konnte definitiv das Abgleiten in eine Rezession vermeiden», meinte etwa CS-Ökonom Claude Maurer gegenüber AWP. Ohne die Spezialeffekte von Pharma und Energie sei der Wachstumsausweis aber erwartungsgemäss verhalten.

UBS-Ökonom Alessandro Bee sieht es ähnlich: «Das Schweizer Wachstum hat sicherlich positiv überrascht. Wir denken aber nicht, dass sich der Trend fortsetzt», meinte er. Die robuste Pharmaindustrie überdecke die sich anbahnenden Probleme in den anderen Exportbranchen. Und nicht viel anders sein Kollege David Marmet von der ZKB: «Das Wachstum im dritten Quartal fiel erfreulich stark aus. Allerdings sind nicht zuletzt Sonderfaktoren dafür verantwortlich, die in den nächsten Monaten nicht mehr zum Tragen kommen werden.» (awp/mc/ps)

Seco

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