Bern – Der Arbeitnehmenden-Dachverband Travailsuisse fordert durchschnittlich zwei Prozent mehr Lohn für das kommende Jahr für alle Arbeitnehmenden in der Schweiz. Damit könnten die steigenden Lebenshaltungskosten gedeckt und Lohnversäumnisse der letzten Jahre nachgeholt werden.
Gemeinsam mit seinen Mitgliedsverbänden präsentierte Travailsuisse am Dienstag in Bern vor den Medien seine Forderungen für den Lohnherbst. Aufgrund der steigenden Lebenshaltungskosten, vor allem bei den Krankenkassenprämien und Mieten, sowie einer wachsenden Wirtschaft fordert der Verband Lohnerhöhungen.
Travailsuisse begründet dies damit, dass die Reallöhne in den Jahren 2021 bis 2023 in einem für die Nachkriegszeit beispiellosen Ausmass gesunken seien. In den Jahren 2024 und 2025 zeige sich nun eine deutliche Erholung dank wachsenden Nominallöhnen und einer tieferen Inflation.
Allerdings seien in den Jahren 2023 bis 2025 wiederum die Krankenkassenprämien zwischen 5,4 und 8,1 Prozent gestiegen, so Travailsuisse. Und im kommenden Jahr werde ein Anstieg um 4 Prozent erwartet. Bei einem mittleren Einkommen führe die Erhöhung der Krankenkassenprämien zwischen 2023 und 2026 zu einer jährlichen Einkommensreduktion von bis zu 0,5 Prozent.
Produktivität schafft Spielräume
Die Unternehmen verdienten pro Stunde Arbeit immer mehr, argumentierte Travailsuisse. Die höhere Produktivität schaffe Spielräume für Lohnerhöhungen.
Die Arbeitgebenden hätten es in den letzten Jahren vielerorts versäumt, die Löhne an die höheren Lebenshaltungskosten der Arbeitnehmenden anzupassen, wird Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse, in einer Mitteilung zitiert. Deshalb bestehe weiterhin Nachholbedarf. Die Wirtschaft wachse, und es bestünden bei den meisten Unternehmen entsprechende Spielräume.
Die Löhne müssten mit den wachsenden Kosten Schritt halten. Gerade in Zeiten von Verwerfungen in der Weltwirtschaft sei die inländische Kaufkraft von besonderer Bedeutung, sagte Yvonne Feri, Präsidentin der Gewerkschaft Syna.
Allerdings unterschieden sich die Lohnforderungen je nach Branche. Bei Arbeitgebenden, die die Teuerung in den vergangenen Jahren nicht oder ungenügend ausgeglichen haben, fielen die Lohnforderungen unter Umständen deutlich höher aus. «Im Gesundheitswesen und im Baugewerbe besteht ein bedeutender Lohnrückstand aus den letzten Jahren. In beiden Branchen braucht es deshalb substantielle Lohnerhöhungen für eine Sicherung der Kaufkraft», wird Feri zitiert.
Lohnrückstand im Service Public
Auch im Service Public bleibe der Lohnrückstand nach Jahren mit höherer Teuerung in vielen Branchen beträchtlich. Zudem setzten Sparpakete etwa bei der Post, im öffentlichen Verkehr oder der Bundesverwaltung die Angestellten zunehmend unter Druck, sagte Greta Gysin, Präsidentin von transfair. Es brauche nach den mageren Jahren auch bei den Löhnen eine klare Gegenbewegung, für die Sicherung der Kaufkraft, aber auch als Zeichen der Wertschätzung an die Arbeitnehmenden.
Magere Jahre erlebten trotz vielen Gästen auch die Arbeitnehmenden im Gastgewerbe, sagte Roger Lang, Leiter Sozialpolitik bei der Hotel & Gastro Union. Die Arbeitnehmenden aus dem Gastgewerbe brauchten mit dem neuen Gesamtarbeitsvertrag endlich substantielle Verbesserungen bei den Löhnen und den Wochenend- und Nachtzulagen. (awp/mc/ps)