«Berührung des Essenziellen»: Kunsthaus Zürich präsentiert Wolfgang Laib

(Bild: Kunsthaus Zürich)

Zürich – Ab dem 3. Oktober 2025 zeigt das Kunsthaus Zürich im Rahmen der «ReCollect!»-Serie zusammen mit dem deutschen Künstler Wolfgang Laib (*1950 Metzingen) eine Ausstellung, die Arbeiten Laibs mit ausgewählten Werken der Sammlung des Kunsthaus Zürich verbindet. Laib gehört zu den wichtigsten Kunstschaffenden unserer Zeit und hat in Europa, den USA und Asien in zahlreichen bedeutenden Museen, Ausstellungshäusern und historischen Gebäuden ausgestellt.

Seit Ende der 1970er-Jahre entwickelt Wolfgang Laib eine ganz eigene Ausdrucksform. Er verwendet natürliche Materialien wie Blütenstaub, Wachs, Milch oder Stein und schafft damit Kunstwerke, die – wie Harald Szeemann sagte – «durch kleinste skulpturale Gesten unermesslich weite innere Räume aufzeigen».

Inhaltlich hat sich seine Kunst vor dem Hintergrund verschiedener literarischer, philosophischer und spiritueller Traditionen vor allem Europas und Asiens entwickelt. Formal verwendet Laib eine reduzierte, klare Formensprache, die eng mit der Entwicklung der modernen Kunst, hauptsächlich aus Europa und den USA, verbunden ist.

In den letzten Jahren hat Laib seine Werke oft in bedeutenden Kirchenräumen in Italien ausgestellt. Dort trafen sie auf Architektur und Kunstwerke vom 6. Jahrhundert bis zur Renaissance. Solche «transhistorischen» Begegnungen finden nun erstmals im Rahmen der Reihe «ReCollect!» im musealen Raum statt: Laibs Werke begegnen Meisterwerken aus der Sammlung vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Durch diese Gegenüberstellungen eröffnet sich ein neuer Blick auf beide Seiten – auf Laibs Kunst und auf die Sammlung des Kunsthauses.

Mit Wolfgang Laib in der Sammlung des Kunsthaus Zürich
Die Ausstellung findet im ersten Stock des Müller-Baus statt, ein Bereich, der in den nächsten Jahren systematisch für Dialoge mit der Sammlung und Gegenwartskunst benutzt wird. Laib kennt die Sammlung des Kunsthauses seit seiner Kindheit – das Haus prägte ihn ebenso wie das Museum Rietberg, das er ebenfalls oft besucht hat. Im Sinne des Konzepts von «ReCollect!» ist Wolfgang Laib sowohl Künstler als auch Kurator und entwickelte die Ausstellung im Dialog mit Senior Curator Sammlung Philippe Büttner, der bereits 2005 eine grosse Retrospektive Laibs in der Fondation Beyeler kuratierte.

Werke in der Ausstellung
Die Ausstellung zeigt rund 50 zentrale Arbeiten von Wolfgang Laib. Nahezu alle wichtigen Werkgruppen seines Schaffens sind vertreten – darunter ein grosses Blütenstaub-Werk, ein «Brahmanda» (eine grosse eiförmige Steinskulptur), ein Milchstein, eine Zikkurat (ein Treppenturm), ein begehbarer Wachsraum, Reishäuser, eine Lacktreppe sowie weitere Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien.

Ergänzt werden diese durch etwa 30 Werke aus der Sammlung des Kunsthaus Zürich, die aus dem 14. bis ins 20. Jahrhundert stammen. Die Auswahl traf Laib selbst – und bringt seine Arbeiten mit bedeutenden Werken der Kunstgeschichte in einen Dialog. Zu den ausgewählten Werken zählen Gemälde von Fra Angelico (Umkreis), Matteo di Giovanni, Philippe de Champaigne, Heinrich Freudweiler, Ludwig Hess, Claude Monet, Ferdinand Hodler sowie Werke von Alberto Giacometti, Constantin Brancusi, Giorgio de Chirico, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Verena Loewensberg, Piet Mondrian, Barnett Newman, Mark Rothko, Robert Ryman, Sophie Taeuber-Arp und Lee Ufan.

Darüber hinaus werden auch einige Werke aus der asiatischen Kunst gezeigt, die für Laibs Arbeit ebenfalls prägend waren – vor allem aus Indien. Besonders hervorzuheben ist eine bedeutende Leihgabe aus dem Museum Rietberg: eine Marmorstatue aus der indischen Jain-Tradition, deren Philosophie der Gewaltlosigkeit Laib tief beeindruckt. Die Figur zeigt den Jina Rishabha, den ersten von 24 heiligen Lehrern der Jaina-Lehre, und stammt ursprünglich aus einem rituell-religiösen architektonischen Kontext.

Eine lange Beziehung zum Kunsthaus Zürich
Ein zentrales Element der Ausstellung ist Laibs persönliche Verbindung zum Kunsthaus Zürich, das er seit seiner Kindheit kennt – ebenso wie das Museum Rietberg. Beide Institutionen haben seine Entwicklung stark beeinflusst. Das Kunsthaus bietet damit den idealen Rahmen, um seine Werke mit denen anderer Epochen in einen lebendigen Dialog zu stellen.

Ab 1981 war das Kunsthaus Zürich auch die Wirkungsstätte von Harald Szeemann (1933–2005), einem engen Wegbegleiter Laibs und bedeutenden Kurator. Szeemann förderte Laibs Werk entscheidend. In einem Jahresbericht der Zürcher Kunstgesellschaft schrieb er über den Künstler: «Wolfgang Laib ist kein Europäer indisch-tibetanischer Prägung, der sich des Kontexts der Kunst bedient; er ist vielmehr ein bewusst zeitgenössischer Künstler, der durch kleinste skulpturale Gesten unermesslich weite innere Räume aufzeigt. […] Seine Werke sind von einer absoluten, umweglosen Schönheit, die anders atmen lässt.»

Laibs Werke entfalten im Museum eine stille, geistige Kraft. In ihrer radikalen Reduktion stehen sie in spannungsvollem Dialog mit der Sammlung – nicht in Konkurrenz, sondern als Ergänzung mit zeitloser Präsenz.

Unterstützt durch The Leir Foundation sowie Thomas W. und Cristina Bechtler. (pd/mc/pg)

Kunsthaus Zürich

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