Museum Rietberg: «Reichtum, Glück und langes Leben» – Drucke zum chinesischen Neujahr

«Mögen fünf Söhne in die höchsten Beamtenränge aufsteigen»: Werkstatt in Nordchina, um 1940, Holzblock-Druck (Ausschnitt). (© Museum Rietberg Zürich)

Zürich – Am 16. Februar beginnt nach dem chinesischen Mondkalender das Neue Jahr. In China wird es noch heute mit einem grossen Fest gefeiert. Traditionell reinigte man das Heim von allen Übeln und bat die Götter um ihren Segen. Farbenfrohe, gedruckte Bilder mit Darstellungen von Glücks- und Schutzgottheiten spielten dabei eine grosse Rolle.

Furchteinflössende Wächter sollten böse Dämonen fernhalten, ehrwürdige Beamte der Himmelsverwaltung den Wohlstand sichern, und eine bunte Schar von frechen Kindern verhiess Glück und Reichtum.

Einfache und günstig hergestellte Drucke dienten während der Neujahrsfeierlichkeiten den Gottheiten als temporärer Sitz. Nach den Zeremonien wurden die Drucke verbrannt und somit die Gottheiten mit Wünschen und Bitten in den Himmel zurück geschickt. In der bunten Vielzahl dieser Gottheiten – jede mit ihrem spezifischen Zuständigkeitsbereich – spiegeln sich die Sorgen und Hoffnungen der Menschen wider.

Einige der Drucke stellten Theater- und Opernszenen dar. Sie erzählen spannende, tragische oder witzige Geschichten und dienten eher der Unterhaltung und moralischen Belehrung.

«Reichtum, Glück und langes Leben – Drucke zum chinesischen Neujahr» präsentiert über 90 mit Holzblöcken gedruckte Bilder. Sie wurden zum grossen Teil um 1926 gesammelt. Die Neujahrsdrucke stammen aus verschiedenen Werkstätten in Nord- und Südchina und zeigen die ganze Vielfalt der Volkskunst. Auf charmante und verspielte Weise vermitteln sie einen Einblick in das Leben und die Vorstellungen der breiten Bevölkerung Chinas jenseits der Oberschicht.

Zur Ausstellung
Die Ausstellung mit über 90 Drucken lädt dazu ein, die bunten Traditionen zum Neujahr und anderen zyklischen Jahresfesten im vormodernen China mitzuerleben. Sie erläutert die Verwendung der Bilder, entschlüsselt deren Symbolik und erzählt deren aberwitzige Geschichten nach.

Historische Fotografien aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigen als Ergänzung, wie die Drucke im täglichen Leben in Stadt und Land einen ihren wichtigen Platz einnahmen.

Bis heute ist die Verehrung von Schutz- und Glücksgöttern in der chinesischen Welt allgegenwärtig. Der deutsche Fotograf Michael Wolf widmet eine faszinierende Fotoserie den kleinen, unscheinbaren Schreinen für den Erdgott, die in Hongkong an jeder Strassenecke anzutreffen sind. Eine Gruppe seiner Fotografien wird auch in der Ausstellung zu sehen sein und von der noch lebendigen Tradition zeugen.

Zur Sammlung von Neujahrsdrucken des Museums Rietberg
Obwohl die Neujahrsdrucke in riesigen Stückzahlen gedruckt wurden, haben sich nur wenige erhalten. Sie dienten als eine Art zeremonielles Verbrauchsmaterial. Die Bilder von Schutzgottheiten an den Toren verwitterten im Laufe des Jahres, andere Drucke wurden rituell verbrannt. Für die chinesischen Intellektuellen galten sie nicht als Kunst und hatten keinen Sammlerwert.

So waren es vor allem ausländische Reisende, Kaufleute und Missionare, die volkstümliche Drucke als Andenken oder Zeugnis der fremden Kultur mit nach Hause nahmen und aufbewahrten.

Der grösste Teil der volkstümlichen Drucke im Besitz des Rietbergmuseums stammen aus der Sammlung des bekannten Kunsthistorikers Otto Fischer, der von 1927 bis 1937 als Direktor des Kunstmuseums Basel amtete. Otto Fischer war einer der wichtigsten Spezialisten für chinesische Kunst und Malerei seiner Zeit und einer der ersten Kunstwissenschaftler, der auch die chinesische Druckgrafik und Volkskunst rezipierte. Seine Tochter Hilde Flory-Fischer schenkte die Sammlung dem Museum Rietberg. (Museum Rietberg/mc/ps)

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