Von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank
Das erste Halbjahr 2025 hat einiges geboten. Der Wirtschaftskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt wurde durch harsche Worte und taktische Rückzüge ausgefochten. Das Lagebild ist dabei nebulös und kann sich je nach Stimmungslage des US-Präsidenten rasch ändern. Der Wirtschaftskrieg wurde zwischendurch durch einen echten Krieg zwischen dem Iran und Israel aus den Schlagzeilen vertrieben. Bevor die Finanzmärkte dessen Folgen einschätzen konnten, wurde er durch Trump als beendet erklärt. Elon Musk und sein irrlichternder Abbruch der amerikanischen Verwaltung hat man schon vergessen. In der Schweiz hat die Nationalbank wieder Negativzinszinsen eingeführt, ohne diese so zu benennen.
Die Aktienmärkte liessen sich zuerst beeindrucken, bevor sie die Kursverluste wieder aufholten. Insgesamt haben die Aktien den Anlegerinnen und Anleger im ersten Halbjahr Freude bereitet. Die Obligationenmärkte haben ihre Aufgabe auch erfüllt. Als die Aktienkurse im April einbrachen, haben sie die Portfolios stabilisiert. Mehr wird von ihnen in diesem Umfeld nicht erwartet. Als gute Investition in unsicheren Zeiten hat sich einmal mehr das Gold erwiesen. Die Kryptowährungen wurden vom Umfeld von Trump nach Kräften unterstützt. Dennoch konnten sie nicht verbergen, dass sie den Aktien folgen, sowohl nach oben als auch nach unten. Der grosse Verlierer des ersten Halbjahres war der US-Dollar, der nicht nur zum Franken, sondern auch zum Euro deutlich an Wert verlor und nie zu einer Gegenbewegung ausholen konnte. Vielmehr erodiert das Vertrauen in den Dollar und damit auch sein Wert zusehends weiter.
Unsicherheit bleibt ein treuer Begleiter
Aus dem Hause Trump wird es auch im zweiten Halbjahr die eine oder andere Überraschung geben. Flexibilität und Nehmerqualitäten werden weiterhin gefragt sein. Die grösste Bedrohung geht von den Zöllen aus. Die von Trump festgelegte Frist für den Abschluss von Handelsverträgen läuft Anfang Juli aus. Viel Konkretes hat man bisher nicht gehört. Es ist gut möglich, dass Trump aus Frustration wieder die Zollkeule schwingen wird, zumindest vorübergehend. Dazu kommt, dass die bereits in Kraft gesetzten Zölle erst jetzt ihre Wirkung auf die Preise und die Konjunktur entfalten werden, nachdem die «zollfreien» Lager aufgebraucht sind. Die amerikanische Wirtschaft erweist sich aber als widerstandsfähig. Dass sie schwächer wird, zeigt sich in verschiedenen Bereichen, beispielweise in tieferen Konsumausgaben oder sinkenden Preisen für Hotelübernachtungen und Flugtickets. Einen abrupten Fall in eine Rezession wird es jedoch nicht gegeben. Zudem wird die Fed mit tieferen Zinsen einen positiven Impuls setzen, wenn sie die Folgen der Zölle besser einschätzen kann.
Fortführung der bisherigen Strategie ist die beste Lösung
In einer Marktlage mit einer so geringen Visibilität lohnt es sich nicht, an den Finanzmärkten grosse Experimente zu wagen. Zu überraschend und zu stark sind die Kursbewegungen. Um ein gut diversifiziertes Aktienportfolio kommt man auch im Rest des Jahres nicht herum. Dieses muss neben konservativeren Titeln auch Aktien aus zyklischen Sektoren umfassen. Die US-Wirtschaft wird sich an die durch die Zölle veränderten Rahmenbedingungen anpassen. In Europa werden die Ausgabenprogramme konkreter werden und die Fantasie der Anleger stimulieren. Ein paar Technologieaktien als Ergänzung braucht es auch. Neben den Aktien müssen die Obligationen und das Gold ihre Funktion als Stabilisator fortführen. Meiden sollte man Anleihen in US-Dollar, trotz der erwartenden Zinssenkungen der Fed. Diese werden nicht nur der Konjunktur helfen, sondern auch die Inflationserwartungen erhöhen. Eine steilere Zinskurve und höhere langfristige Zinsen werden die Folge sein. Dazu kommt die Schwäche des US-Dollars.