Schweiz hat Sparziel bei Strom bei weitem verfehlt

Zürich – Die Schweiz hat über den Winter deutlich weniger Strom gespart als gehofft. Bis zum 10-Prozent-Stromsparziel fehlt noch ein gutes Stück. Dafür wurden die angestrebten Einsparungen zu Spitzenlastzeiten sowie beim Gasverbrauch erreicht.

Angesichts der angespannten Energie-Versorgungslage hatte der Bund für die Wintermonate Oktober 2022 bis März 2023 freiwillig die EU-Sparziele für Strom und Gas übernommen. Allerdings zeichnete sich schon seit einiger Zeit ab, dass das Ziel beim Strom verpasst werden dürfte. Dies bestätigen nun auch die vorliegenden Daten bis Ende März.

Beim Strom sollten gemäss Vorgabe 10 Prozent weniger verbraucht werden als im Schnitt der letzten fünf Jahre im gleichen Zeitraum. Somit hätte die Schweiz 3153 Gigawattstunden Strom einsparen müssen – erreicht hat sie bis Ende März 1252 Gigawattstunden, wie aus Angaben auf dem Online-Energieinformationsportal des Bundes (energiedashboard.admin.ch) hervorgeht. Das entspricht lediglich einem Rückgang um 4 Prozent.

Warmer Winter half
Ein guter Teil der Einsparungen war zudem auf das milde Wetter zurückzuführen. Die Temperatur lag in den Wintermonaten zwischen 1,2 und 3,5 Prozent über der Normtemperatur. Witterungsbereinigt ergibt sich noch eine Einsparung von rund 3 Prozent.

Erfolgreicher war die Schweiz in ihrem Bestreben, den Stromverbrauch speziell zur Spitzenlastzeiten um 5 Prozent zu senken. Dieses Ziel wurde übertroffen.

Gut liefen die Sparbemühungen auch beim Gas, wo das Ziel deutlich übertroffen wurde. Insgesamt wurden 5819 Gigawattstunden beziehungsweise rund 22 Prozent weniger verbraucht – vorgenommen hatte sich der Bund einen Rückgang um 15 Prozent. Selbst witterungsbereinigt wäre das Ziel noch immer erreicht worden.

Hohe Preise schufen Sparanreiz
Denn dass das Gas-Ziel übertroffen worden sei, liege neben den milden Temperaturen im Winter auch an den hohen Gaspreisen, sagte Marianne Zünd, Sprecherin des Bundesamts für Energie (BFE) auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Auf die Gaspreise reagiere insbesondere die Industrie sehr sensibel und stelle beispielsweise vorübergehend Produktionslinien ab.

Und 60 Prozent der Betreiber der rund 800 Zweistoffanlagen, die von Gas auf Heizöl umschalten können, seien der Empfehlung des Bundesrats zur Umschaltung gefolgt. Aber auch die Haushalte hätten die starken Preisaufschläge rasch gespürt, ihre Heizungen tiefer eingestellt und so ihren Teil zum Spareffekt beigetragen.

Beim Strom spielte allerdings der Preiseffekt laut Zünd nicht gleich stark: Zwar hätten grosse Verbraucher, die ihren Strom direkt am Markt kaufen, die hohen Preise bereits gespürt. Bei vielen kleineren Kunden dagegen seien die Preise erst Anfang 2023 gestiegen.

Ab diesem Jahr lohne sich nun das Stromsparen aber auch für sie erst recht. Zudem verwies die BFE-Sprecherin darauf, dass der Bundesrat das freiwillige Stromsparziel erst im Dezember 2022 beschlossen habe. Daher sei die Vorbereitungszeit für grosse Einsparungen wahrscheinlich zu kurz gewesen.

Sparbemühungen gehen weiter
Nun laufen bereits die Vorbereitungen für den nächsten Winter. Der Bund will sich für eine unsichere Versorgungslage rüsten: So steht aufgrund des schneearmen vergangenen Winters weniger Schmelzwasser zur Füllung der Speicherseen zur Verfügung. Allerdings sind derzeit die Speicherseen gemäss AWP-Data deutlich stärker gefüllt als im historischen Schnitt.

Ein trockener Sommer könnte überdies dazu führen, dass weniger Strom aus Wasserkraft und Kernkraftwerken produziert werden kann. Zudem besteht das Risiko, dass der Winter 2023/24 deutlich kälter wird. «Die Massnahmen zur Verhinderung einer Strommangellage müssen daher auch im nächsten Winter 2023/24 weitergeführt werden», sagte Zünd. «Einsparungen bleiben also wichtig.» (awp/mc/ps)

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