EZB bleibt zum Abschluss der Ära Draghi im Krisenmodus

Mario Draghi. (Foto: EZB/Flickr)

Frankfurt – Mario Draghis Amtszeit als EZB-Präsident endet mit einer Zementierung des Zinstiefs. In der letzten Sitzung unter Leitung des Italieners bekräftigte Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) den Mitte September nochmals verschärften ultralockeren Kurs.

Mit einem Leitzins auf dem Rekordtief von null Prozent, Negativzinsen von 0,5 Prozent für geparkte Gelder von Banken und frischen Milliarden für den Kauf von Staatsanleihen will die EZB Konjunktur und Inflation im Euroraum auf die Sprünge helfen.

«Leider hat alles, was seit September passiert ist, im Übermass gezeigt, dass die Entschlossenheit des EZB-Rates zu handeln, berechtigt war», sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. «Wenn es etwas gibt, worauf ich stolz bin, dann darauf, dass wir unser Mandat immer weiterverfolgt haben. Gib niemals auf!»

Lagarde folgt auf Draghi
Die achtjährige Amtszeit des 72-Jährigen endet am 31. Oktober. Zum 1. November rückt die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, als erste Frau auf den EZB-Chefposten. Im Rahmen eines Festaktes mit viel politischer Prominenz am kommenden Montag in Frankfurt wird Draghi offiziell verabschiedet.

Lagarde übernimmt einen gespaltenen EZB-Rat. Gleich mehrere nationale Notenbankchefs hatten sich öffentlich zu den jüngsten Beschlüssen der EZB distanziert – vor allem von neuen Anleihenkäufen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann beispielsweise sagte, die EZB sei «über das Ziel hinausgeschossen».

EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger erklärte ihren vorzeitigen Rücktritt aus dem sechsköpfigen Führungsgremium auf Ende Oktober. Sie hatte sich wiederholt kritisch zu Anleihenkäufen geäussert, die vom 1. November an auf unbestimmte Zeit mit monatlich 20 Milliarden Euro wiederaufgenommen werden sollen.

Als Nachfolgerin Lautenschlägers hat die Bundesregierung, die in diesem Fall das Vorschlagsrecht hat, die «Wirtschaftsweise» Isabel Schnabel nominiert. Neu ins EZB-Direktorium einrücken soll zudem der Italiener Fabio Panetta als Nachfolger des Franzosen Benoît Cœuré, dessen achtjährige Amtszeit Ende Jahr zu Ende geht.

Kein Kurswechsel erwartet
«Wer nun unter Draghis Nachfolgerin Christine Lagarde auf einen Kurswechsel hofft, dürfte enttäuscht werden», analysiert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. «Die Französin hat Draghis Geldpolitik stets unterstützt und wird als ehemalige Finanzministerin viel Verständnis für die Wünsche ihrer ehemaligen Kollegen aus dem hoch verschuldeten Süden der Währungsunion aufbringen.»

Lagarde selbst hatte nach ihrer Nominierung deutlich gemacht, dass sie eine sehr lockere Geldpolitik auf absehbare Zeit für nötig hält.

Hauptziel der Währungshüter sind stabile Preise. Mittelfristig strebt die EZB für den Währungsraum mit seinen 19 Ländern eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Dieses Ziel ist jedoch in weite Ferne gerückt: Im September fiel die Inflation im Euroraum mit 0,8 Prozent auf den tiefsten Stand seit fast drei Jahren.

Lockere Geldpolitik
Mit einer Flut billigen Geldes versuchen die Währungshüter seit Jahren, die Wirtschaft anzukurbeln und die Inflation in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels zu treiben. Der Strafzins soll Banken dazu bewegen, mehr Kredite zu vergeben, statt Geld bei der EZB zu parken. Schuldner profitieren im Zinstief von günstigen Konditionen.

Mit der Neuauflage der Wertpapierkäufe will die EZB Konjunktur und Inflation zusätzlich auf die Sprünge helfen. Der Kauf von Staatsanleihen hilft Regierungen, sich günstiger frisches Geld zu besorgen. Denn wenn die EZB grosse Bestände kauft, müssen Staaten für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten.

Zugleich pumpt die Notenbank über Wertpapierkäufe viel Geld in den Markt. Von März 2015 bis Ende 2018 steckte die EZB rund 2,6 Billionen Euro in Anleihen. Kritiker argumentieren, mit Anleihenkäufen betreibe die Notenbank verbotene Staatsfinanzierung und bremse politische Reformen, weil sich Regierungen auf das billige Zentralbankgeld verliessen. (awp/mc/ps)

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