EZB gibt Signal für Ende der Geldflut

EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB/Flickr)

EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB/Flickr)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein vorsichtiges Signal für einen allmählichen Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik gegeben. Zwar bleiben die Leitzinsen und das milliardenschwere Wertpapierkaufprogramm unverändert, wie die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Die Währungshüter änderten jedoch ihre Wortwahl zur künftigen Geldpolitik. EZB-Chef Mario Draghi kritisierte zudem die Wirtschaftspolitik der US-Regierung scharf.

Anders als bislang zieht die Notenbank nicht mehr explizit eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms im Falle eines verschlechterten Ausblicks in Betracht. Nach wie vor soll das Programm aber bis Ende September 2018 oder länger erfolgen und jedenfalls so lange, bis die Entwicklung der Teuerungsrate mit dem Inflationsziel von knapp zwei Prozent nachhaltig vereinbar ist. Zudem bleibt es dabei, dass die Leitzinsen für längere Zeit und weit über das Ende der Wertpapierkäufe hinaus auf ihrem aktuellen historisch niedrigen Niveau verbleiben werden.

Leitzins weiter bei null Prozent
Der wichtigste Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) verbleibt unverändert bei null Prozent. Der negative Einlagensatz, der als eine Art Strafgebühr auf bei der EZB geparktes Geld der Geschäftsbanken wirkt, liegt weiterhin bei minus 0,4 Prozent. Der weniger bedeutsame Spitzenrefinanzierungssatz verharrt bei plus 0,25 Prozent.

Wachstumsraten leicht erhöht
Ihren Wachstums- und Inflationsausblick liessen die Notenbanker weitgehend unverändert. Mit Blick auf dieses und die kommenden beiden Jahre wurden nur die Wachstumsprognose 2018 leicht nach oben und die Inflationserwartung 2019 leicht nach unten korrigiert.

Demnach wird für dieses Jahr eine um 0,1 Prozentpunkt höhere Wachstumsrate von 2,4 Prozent erwartet. Für 2019 und 2020 wurden die Wachstumsprognosen dagegen bei 1,9 Prozent und 1,7 Prozent belassen. Die Wirtschaft wachse zwar stärker als zuletzt vorhergesagt, sagte Draghi. Die EZB müsse aber überzeugende Hinweise auf einen Inflationsanstieg abwarten. Nach wie vor sei eine hohe geldpolitische Unterstützung für die Konjunktur nötig.

Für 2018 und 2019 rechnet die EZB mit Inflationsraten von jeweils 1,4 Prozent. Während für dieses Jahr nichts geändert wurde, liegt die Projektion für kommendes Jahr 0,1 Prozentpunkt niedriger als bei der vorherigen Prognoserunde im Dezember. Für das Jahr 2020 wird eine Rate von 1,7 Prozent erwartet.

Kritik an Trump: «Wer sind die Feinde?»
Als ein Risiko für die Weltwirtschaft sieht Draghi den zunehmenden Protektionismus. Scharfe Kritik übte er an der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Einführung von Strafzöllen. Differenzen sollten multilateral und nicht im Alleingang angegangen werden. «Wenn man schon Zölle gegen seine Verbündeten erhebt, dann stellt sich doch die Frage: Wer sind die Feinde?»

Die sofortigen Auswirkungen sollten zwar nicht allzu gross sein. Entscheidend werde aber sein, ob es zu Gegenreaktionen komme, sagte Draghi. Zudem stelle sich die Frage, welche Effekte auf die Wechselkurse es geben werde. Mit einiger Sorge haben die Notenbanker seit geraumer Zeit den vergleichsweise starken Euro im Blick. Das grösste Risiko durch die Abschottungspolitik liege aber in einem Verlust von Vertrauen. Dies könne sich auch negativ auf das Wirtschaftswachstum und die Inflation auswirken.

Warnungen vor Deregulierung des Finanzsektors
Zudem warnte der Chefwährungshüter davor, ähnliche Fehler wie vor der schweren Finanzkrise 2008 zu machen – und verwies dabei auf Versuche, den Finanzsektor zu deregulieren. Zusammen mit Risiken im internationalen Handel sei dies zurzeit ein Hauptrisiko für die weltwirtschaftliche Entwicklung. Die Bemerkungen dürften nicht zuletzt auf die USA zielen. So denkt die US-Regierung schon seit längerem darüber nach, Finanzregeln zu lockern, die nach der jüngsten Finanzkrise eingeführt wurden, um erneute Fehlentwicklungen zu verhindern.

Der Euro legte nach der Zinsentscheidung vorübergehend zu und erreichte den höchsten Stand seit Mitte Februar bei 1,2446 US-Dollar. Im Anschluss gab er aber die Gewinne schnell wieder ab. Die Renditen auf deutsche Staatspapiere stiegen zwischenzeitlich deutlich; auch hier gab es aber schnell eine Gegenbewegung. Am Frankfurter Aktienmarkt legten die Kurse zu. (awp/mc/pg)

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