Fabian Schmid, Leiter Regulatory & Compliance bei BDO, im Interview

Fabian Schmid

Fabian Schmid, Leiter Regulatory & Compliance bei BDO. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Schmid, wer nach dem 1. Januar 2023 gewerbsmässig als Vermögensverwalter tätig sein will, muss von der Finanzmarktaufsicht FINMA eine Lizenz haben. BDO hat das Bewilligungsverfahren von SINVEST begleitet. Welche Aufgaben haben Sie dabei wahrgenommen?

Fabian Schmid: BDO bietet Vermögensverwaltern und Trustees im Rahmen des Bewilligungsgesuchs eine umfassende Begleitung an, die alle Schritte des Gesuchs umfasst: die Anpassung oder Erstellung aller notwendigen Unterlagen (Statuten, Reglemente, Richtlinien, Businessplan etc.) sowie das Verfassen und Einreichen des Gesuchs mit allen Beilagen. Auch die Abklärung sämtlicher Rückfragen der AO und der FINMA, von der Einreichung des Gesuchs bis zur Bewilligung, übernahm unser Team.

Da BDO eine anerkannte Prüf- und Beratungsgesellschaft ist und mehrere Hundert Vermögensverwalter in der Schweiz zu ihren Kunden zählt, besteht ein breites Verständnis über die Anforderungen und Erwartungen der Aufsichtsorganisation und der FINMA. Dies erlaubt es uns, die zentralen regulatorischen Herausforderungen mit unseren Kunden bereits vor der Gesuchseinreichung zu meistern.

Wie haben sich die Anforderungen an die Vermögensverwalter verändert, um den neuen Regulierungen nachkommen zu können?

Zunächst muss ich festhalten, dass in der nun zu Ende gehenden Ära vor FIDLEG und FINIG – regulatorisch betrachtet – ja nicht einfach wilder Westen herrschte. Sowohl Vermögensverwalter als auch Trustees waren schon seit langer Zeit als Finanzintermediäre dem Geldwäschereigesetz unterstellt und wurden als solche durch Selbstregulierungsorganisationen überwacht. Die meisten Vermögensverwalter mussten zudem FIDLEG-ähnliche Standesregeln einhalten. Insofern mussten wir bei keinem bestehenden Vermögensverwalter bei Null anfangen, wenn es darum ging, ihn bestmöglich auf die FINMA-Bewilligung vorzubereiten.

FIDLEG und FINIG gehen aber zweifelsfrei für alle Vermögensverwalter mit erhöhten Anforderungen einher. Um einige Beispiele zu nennen: Corporate Governance-Anforderungen, Stellvertretungsregelungen, Eigenmittelanforderungen, unabhängiges Risk Management und Compliance und vor allem mehr Kontrolltätigkeiten (IKS). Jedenfalls bei mittleren und grösseren Instituten steigen zudem die Erwartungen an eine moderne IT-Infrastruktur sowie an Portfoliomanagement- und Dokumentationssysteme.

«Auch eine gewisse Fähigkeit zur Selbstkritik ist gefragt, insbesondere im Hinblick auf die Frage «Welche Risiken birgt mein Geschäftsmodell?»
Fabian Schmid, Leiter Regulatory & Compliance bei BDO

Welches sind die grössten Herausforderungen und Stolpersteine auf dem Weg zur Zertifizierung?

Zunächst liegt die Herausforderung sicherlich darin, sämtliche die Organisation, Prozesse und Verträge FIDLEG- und FINIG-konform zu gestalten. Als Berater können wir dem Vermögensverwalter zwar mögliche Lösungen und Entwürfe präsentieren, am Ende muss sich jedes Institut aber sehr genau überlegen, welche Entscheidungen es im Hinblick auf die unternehmerische Zukunft zu treffen gilt. Auch eine gewisse Fähigkeit zur Selbstkritik ist gefragt, insbesondere im Hinblick auf die Frage «Welche Risiken birgt mein Geschäftsmodell?».

Auch das korrekte bzw. qualitativ hochwertige Aufbereiten eines Gesuchs und der Beilagen ist keine leichte Aufgabe. Es geht hier letztlich darum, der FINMA und der AO aufzuzeigen, dass man als Institut sämtliche gesetzlichen Anforderungen und Erwartungen der Aufsicht erfüllt.

Die Finma berichtete letzten Herbst, zur Halbzeit der Übergangsfrist hätten erst 180 der rund 2400 betroffenen Vermögensverwalter ein Bewilligungsgesuch eingereicht. Wird die Zeit nicht langsam knapp?

Doch, das dürfte zutreffen. Die geringe Anzahl eingereichter Gesuche kann zwar insofern noch etwas relativiert werden, dass wir viele Vermögensverwalter sehen, deren Gesuche noch bei einer AO in Bearbeitung sind oder kurz vor der Einreichung bei der AO stehen. Nichtsdestotrotz zeichnet sich eine Art Stau bei den Bewilligungsverfahren ab.

Das Gesuch muss bis Ende des Jahres 2022 bei der FINMA eingereicht sein, dies setzt jedoch den Anschluss an eine AO voraus. Da viele Vermögensverwalter erst jetzt mit dem Prozess beginnen, könnten sich bei den verschiedenen AO die Bearbeitungszeiten verlängern. Im schlimmsten Fall hätte dann ein Vermögensverwalter zwar das Gesuch bei der AO eingereicht, aber bis Ende 2022 noch keinen positiven Entscheid von ihr erhalten. Das würde dann dazu führen, dass die Frist zur Einreichung des Gesuchs bei der FINMA verpasst wird.

Auch wenn sich ein Gesuch mit allen erforderlichen Beilagen theoretisch rasch erarbeiten lässt, sollte nicht vergessen werden, dass einige zentrale Fragen zur zukünftigen Unternehmensorganisation häufig eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen können. Gerade kleinere Vermögensverwalter stellen manchmal erst im Bewilligungsprojekt fest, dass sie noch einen geeigneten (d.h. über die erforderliche Ausbildung und Berufserfahrung verfügenden) Stellvertreter benötigen oder dass sie eine unabhängige Risk- und Compliance-Funktion benötigen.

«Nach unserer aktuellen Erfahrung sollte man danach sowohl für die Verhandlungen mit der Aufsichtsorganisation als auch für jene mit der FINMA mit jeweils ca. 2 Monaten rechnen.»

Wie lange dauert in der Regel die Bearbeitung eines Gesuchs?

Wenn wir ein Bewilligungsprojekt begleiten, vergehen vom Kick-Off-Meeting bis zur Einreichung an die Aufsichtsorganisation (AO) üblicherweise 2-3 Monate, was natürlich auch von der Mitwirkung und Reaktionszeit des Vermögensverwalters abhängt. Nach unserer aktuellen Erfahrung sollte man danach sowohl für die Verhandlungen mit der AO als auch für jene mit der FINMA mit jeweils ca. 2 Monaten rechnen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass in dieser Zeit permanent diskutiert und nachgebessert wird. Aber bei einem derartigen Projekt sind nun einmal sowohl seitens des Vermögensverwalters als auch seitens der Behörden verschiedene Personen und Stellen involviert, was auf beiden Seiten naturgemäss zu längeren Entscheidungswegen und Reaktionszeiten führt.

Herr Schmid, besten Dank für das Interview.

Lesen Sie zum Thema das Interview mit Patrick Burger, CEO SINVEST Finanz AG

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