Patrick Burger, CEO SINVEST Finanz AG, im Interview

Patrick Burger, CEO SINVEST Finanz AG, im Interview
Patrick Burger, Geschäftsführer und Partner SINVEST. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Burger, wer nach dem 1. Januar 2023 gewerbsmässig als Vermögensverwalter tätig sein will, muss von der Finanzmarktaufsicht FINMA eine Lizenz haben. Wie beurteilen Sie diese Regelung?

Patrick Burger: Dass sich unsere Branche seit einigen Jahren in einem Umbruch befindet und mit diversen Herausforderungen konfrontiert ist, ist eine bekannte Tatsache. Höhere Ansprüche der Kunden, die allgemeine Marktlage und der Margendruck, Generationenwechsel wie auch höhere regulatorische Anforderungen führen Vermögensverwalter in teils unruhige Gewässer.

Wir haben die FINMA-Lizenz von Beginn an sowohl als Chance wie auch als Herausforderung gesehen. So hatten wir die Gelegenheit, unser Geschäftsmodell, unsere Prozesse und am wichtigsten unsere Dienstleistungen zu überprüfen und, wo erforderlich, anzupassen und zu optimieren. Insgesamt bin ich der Ansicht, dass die Lizenz ein Qualitätsmerkmal darstellt und zu einer weiteren Professionalisierung der Branche führen wird – dies ist sowohl für die Kunden als auch für die Vermögensverwalter begrüssenswert.

SINVEST hat die Lizenz bereits erhalten, als einer der ersten Vermögensverwalter überhaupt. Erwarten Sie sich durch den frühzeitigen Erhalt einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der grossen Anzahl Vermögensverwaltern, denen die Bewilligung noch fehlt?

Dass wir als einer der ersten eigenständigen Vermögensverwalter über die Bewilligung verfügen und sogar als erstes Institut überhaupt aus dem Kanton Aargau, macht uns schon etwas stolz. Als Vorreiter gibt es Vor- und Nachteile, aber es war stets unser Ziel, die regulatorischen Anforderungen konsequent umzusetzen und nicht auf die lange Bank zu schieben. Wir sahen keinen Vorteil im Zuwarten, schlussendlich kommt es unseren Kunden zugute.

Unser Anspruch bestand bereits vor Erteilung der Lizenz darin, unsere Kunden mit den bestmöglichen Dienstleistungen in Sachen Qualität, Sicherheit und Vertrauen zu bedienen. Dies hat sich mit Erteilung der Lizenz noch weiter zugunsten unserer Kunden verbessert.

«Wir haben uns sicherlich einen zeitlichen Vorsprung auf den Grossteil der Vermögensverwalter erarbeitet, welche derzeit noch nicht lizenziert sind.»
Patrick Burger, CEO SINVEST Finanz AG

Die Lizenz steht für einen hohen Qualitätsstandard und einen besseren Kundenschutz – schliesslich soll die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen bei den Vermögensverwaltern zur Erfüllung der Anforderungen der Lizenz dazu führen, dass der Kunde noch besser geschützt wird.

Wir haben uns sicherlich einen zeitlichen Vorsprung auf den Grossteil der Vermögensverwalter erarbeitet, welche derzeit noch nicht lizenziert sind. Möglicherweise ermöglicht dies auch einen gewissen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen Vermögensverwaltern, die noch nicht einmal in den Bewilligungsprozess eingestiegen sind. Zudem dürften nicht alle heute existierenden Vermögensverwalter den Weg Richtung Lizenz beschreiten wollen, was in der nächsten Zeit noch etwas Bewegung in den Markt bringen könnte.

Experten gehen ja auch davon aus, dass nicht jeder Vermögensverwalter den Prozess durchlaufen wird und es zu einer Konsolidierung kommt.

Bis zu einem gewissen Grad teile ich diese Ansichten – dies zeigt sich auch an der geringen Anzahl an bisher lizenzierten Vermögensverwaltern. Ich kann mir vorstellen, dass eine gewisse Anzahl an Vermögensverwaltern ihre Selbstständigkeit aufgeben und sich anderen Instituten anschliessen werden. Hier ist zu beobachten, dass einige Akteure dies als Business Opportunity sehen und sich aktiv in Stellung bringen, um mittels unterschiedlicher Modelle kleinere Vermögensverwalter zu einem Anschluss zu motivieren.

Kunden eines unabhängigen Vermögensverwalters sind sich an eine Kontinuität in der persönlichen Beratung gewöhnt. Damit dies so bleibt, sollten Vermögensverwalter, die ihre Selbstständigkeit aufgeben möchten, alles daran setzen, einen guten Partner für ihre Kunden zu finden.

Hat SINVEST bereits Anfragen zur Zusammenarbeit erhalten?

Die SINVEST Finanz AG kann mit Sicherheit eine solche Partnerin sein. Per Anfang 2022 hat sich ein ehemals selbständiger Vermögensverwalter uns angeschlossen. Diese Integration hat hervorragend funktioniert. Unsere Organisation ist offen für weitere Gespräche mit anderen Vermögensverwaltern.

Wie sind Sie bei SINVEST die Zertifizierungsphase angegangen?

Gestartet sind wir im Februar 2021. Zu diesem Zeitpunkt hat BDO uns im Rahmen eines Kick-off-Meetings den gesamten Bewilligungsprozess und die notwendigen Schritte aufgezeigt, sodass wir gemeinsam die Aufgaben verteilen und einen Zeitplan erstellen konnten. In einer zweiten Phase ging es dann darum, Entwürfe für die neuen FIDLEG- und FINIG-konformen Verträge, Weisungen, Organisationsreglemente etc. zu erstellen und gemeinsam mit den Experten zu finalisieren.

Anschliessend konnten wir uns der nächsten Phase zuwenden: dem Fertigstellen des Gesuches mit allen benötigten Beilagen. Etwa drei Monate nach dem Kick-off reichten wir unser Gesuch bei der Aufsichtsorganisation FINcontrol Suisse AG ein. Auf deren Feedback hin galt es das eine oder andere noch umzusetzen und nachzubessern. Danach erhielten wir Mitte September grünes Licht. Nun konnten wir unser Gesuch auch bei der FINMA einreichen. Nach einem intensiven Austausch mit der FINMA erhielten wir schliesslich am 23. Dezember 2021 die Bewilligung – quasi unter dem Weihnachtsbaum.

«Allen, die den Prozess noch nicht eingeleitet haben, rate ich, schnellstmöglich damit zu beginnen.»

Wie komplex und zeitraubend war der Prozess?

Sagen wir es so: Allen, die den Prozess noch nicht eingeleitet haben, rate ich, schnellstmöglich damit zu beginnen. Auch mit externer Unterstützung sollte der Zeitaufwand nicht unterschätzt werden. Die Überarbeitung von neuen Verträgen, Weisungen, Businessplan etc., aber auch die Rückfragen der AO und der FINMA bzw. damit verbundene weitere Umsetzungen kosten Zeit. Das alles lässt sich nicht in ein paar Stunden erledigen.

BDO hat SINVEST beim Bewilligungsverfahren unterstützt. Es gibt auch Vermögensverwalter, die den Prozess allein absolvieren. Wo sehen Sie hier Vor- und Nachteile?

Zuerst die Nachteile: Ohne externe Unterstützung stelle ich es mir als Mammutaufgabe vor, den Aufwand eines Bewilligungsverfahrens neben dem operativen Geschäft zu bewältigen. Zudem geht es oft um rechtliche und regulatorische Fragen, zu deren Klärung das Know-how und die Erfahrung von Spezialisten in vielen Fällen dringend notwendig ist. Die Gefahr, über juristische Fallstricke zu stolpern, sollte nicht unterschätzt werden. Zudem verlieh es uns auch ein Gefühl der Sicherheit, diese für unsere berufliche Zukunft entscheidende Angelegenheit in Zusammenarbeit mit erfahrenen Experten anzugehen.

Ein Vorteil, den Prozess eigenständig zu absolvieren, liegt vorab natürlich darin, dass man keine externen Kosten für Beratung hat. Ein weiterer Vorteil könnte darin liegen, dass man sich von Beginn an einlässlich mit sämtlichen Fragen, rechtlichen Anforderungen und neuen Themen befassen und auseinandersetzen muss. Dies kann insbesondere in der Implementierungsphase und dann später während dem operativen Betrieb von Vorteil sein.

Wie würden Sie die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen bei der Finma beschreiben?

Die direkte Kommunikation und Zusammenarbeit mit der FINMA übernahm BDO für uns. Die Rückmeldungen seitens der FINMA auf das Gesuch oder auf einen Follow-Up zum Gesuch erfolgten jeweils telefonisch. BDO koordinierte und vermittelte unsere Antworten an die FINMA und besserte, wo erforderlich, das Gesuch nach. Insgesamt haben wir diesen Ansatz als zielführend wahrgenommen und begrüssen auch die professionelle Vorgehensweise der FINMA und die gute Zusammenarbeit zwischen BDO, FINMA und uns.

Herr Burger, wir bedanken uns für das Interview.


Lesen Sie zum Thema auch das Interview mit Fabian Schmid, Leiter Regulatory & Compliance bei BDO

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