Schulterschluss zwischen der SRG und den privaten Medien

SRG-Generaldirektorin Susanne Wille. (Copyright: SRG / Severin Nowacki)

Luzern – Eine Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der privaten Medien durch die SRG und die Unterstützung der Verleger im Kampf gegen die Halbierungsinitiative. Dies sind die Eckpunkte der erstmaligen Kooperation zwischen der SRG und dem Verband Schweizer Medien.

Mit der Stärkung der Medienvielfalt und des Medienplatzes Schweiz begründeten die beiden Organisationen den Schulterschluss, wie sie am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Luzern verkündeten. «Damit wollen private und öffentlich finanzierte Medien gemeinsam das Vertrauen der Bevölkerung und Politik stärken», hiess es in der Mitteilung.

Die SRG und der Verband Schweizer Medien (VSM) präsentierten die Kooperation unmittelbar vor der Eröffnung des Swiss Media Forum, dem wichtigsten Treffen der Schweizer Medienbranche. Die vereinbarten Grundsätze seien gültig bis Ende 2028. Zu diesem Zeitpunkt läuft die aktuelle Konzession der SRG ab.

Bei der gemäss eigenen Angaben ersten Zusammenarbeit dieser Art zwischen öffentlichen und privaten Medien in der Schweiz schert explizit die TX Group aus. Der grösste Schweizer Verlag sei nicht Teil der Vereinbarung, hiess es in der Mitteilung. Er beteilige sich aber weiterhin an den gemeinsamen Gesprächen.

Ein Durchbruch in den Beziehungen
Für Susanne Wille, Generaldirektorin der SRG, war es nach ihrem Amtsantritt wichtig, mit den Verlegern zu sprechen und den historisch schwelenden Interessenskonflikt zu beenden: «Wir sind alle aufeinander angewiesen und tragen gemeinsam die Verantwortung für den Medienplatz Schweiz.» Es helfe niemandem, wenn eine der beiden Seiten geschwächt werde.

Andrea Masüger, Präsident des VSM, bezeichnete die Kooperation als Durchbruch in den Beziehungen mit der SRG. Diese waren in der Vergangenheit nicht immer freundschaftlich gewesen. «Der Wind mit Susanne Wille hat gedreht. Die Verleger spüren den Willen bei der SRG für Veränderungen», so Masüger.

Kartellrechtliche Prüfung noch offen
Der Westschweizer Verband Médias Suisses werde bereits nächste Woche entscheiden, ob er die Vereinbarung unterzeichne, hiess es auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Ziel sei zudem, dass auch die Tessiner Stampa Svizzera die Einigung formell unterzeichne.

Vorgelegt wird das «nach mehrmonatigen Verhandlungen» ausgearbeitete Papier nun der Wettbewerbskommission (Weko) zur kartellrechtlichen Prüfung. Erst wenn diese grünes Licht gibt, tritt die Vereinbarung in Kraft.

Fokus auf Kerngeschäft
Der VSM anerkennt, dass das Online-Angebot für die SRG von «existenzieller Bedeutung» sei. Nur so könne sie ihren Service-public-Auftrag auch künftig wahrnehmen. Gleichzeitig werde sich das öffentlich-rechtliche Radio und Fernsehen künftig «noch stärker» auf sein Kerngeschäft Radio und TV konzentrieren.

Konkret bedeute dies unter anderem, dass die SRG im Internet weiterhin auf Online-Werbung verzichtet und ihr Angebot nicht mit überlangen Texten (maximal 2400 Zeichen), textbasierten Livetickern primär im Sport und interaktiven Formaten anreichert. Wenn sinnvoll, werde die SRG zudem auf Beiträge der Privaten verlinken und damit deren Reichweite stärken.

Rücksicht auf Private
Im Bereich Sportübertragungen werde sich die SRG auf Inhalte konzentrieren, die von kommerziellen Anbietern nicht abgedeckt werden. Sie nehme vermehrt Rücksicht auf private Anbieter und prüfe aktiv Kooperationen.

Ausserdem stellt die SRG den anderen Medien künftig Rohmaterial und eine Streaming-Plattform zur freien Verwendung zur Verfügung. Geplant sei auch eine Stärkung des Werbemarktes, indem die SRG einen Grossteil ihrer Marketingaktivitäten bei Schweizer Medien investiere.

Die SRG unterstützt die Verleger zudem bei regulatorischen Initiativen zum Schutz journalistischer Inhalte (Leistungsschutzrecht). Im Gegenzug bekennt sich der VSM zur Gebührenfinanzierung der SRG und lehnt die von der SVP lancierte Initiative zur Senkung der Radio- und TV-Gebühren auf 200 Franken ab.

Tamedia unterstützt Halbierungsinitiative
Eine vollständige Einigkeit zwischen den privaten Medien herrscht allerdings nicht. Pietro Supino, der Präsident und Verleger der TX Group, hatte bereits am Mittwoch in einem «Plädoyer für eine aufgeklärte Medienpolitik» auf den Tamedia-Portalen begründet, weshalb er und sein Verlag die Halbierungsinitiative ablehnen und damit das Anliegen unterstützen, der SRG die Mittel drastisch zu kürzen.

Das in der Verfassung verankerte Kerngeschäft der SRG liesse sich dank des Bevölkerungswachstums und dank gesunkener Produktionskosten mit 200 Franken Gebühren pro Haushalt, beziehungsweise rund 600 Millionen Anteil am Gebührentopf finanzieren, schrieb Supino, dessen Kommentar am Donnerstag zudem auf einer Doppelseite in allen gedruckten Tamedia-Blättern erschien. Zusammen mit den kommerziellen Einnahmen von 200 Millionen würde das Geld ausreichen. Die TX Group ist Mitglied im VSM, Supino gar deren Ehrenpräsident.

Bundesrat mit eigenem Vorschlag
Die von der SVP, dem Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) und den Jungliberalen unterstützte Initiative zielt darauf ab, die Gebühr von derzeit 335 auf 200 Franken pro Jahr und Haushalt zu senken und alle Unternehmen von einer Bezahlung des Betrags zu befreien.

Der Bundesrat, der die Initiative ablehnt, schlägt vor, die Gebühr bis 2029 auf 300 Franken festzusetzen. Damit verbunden wäre ein Sparauftrag an die SRG von rund 270 Millionen Franken. (awp/mc/ps)

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