Genetik als Instrument zum Schutz bedrohter Schimpansen

Schimpansen

(Foto von 12photostory auf Unsplash)

Zürich – Die Westafrikanischen Schimpansen in Guinea sind durch den Bergbau bedroht. Mithilfe eines neuartigen genetischen Ansatzes haben UZH-Forschende zusammen mit einem internationalen Team Informationen zur Populationsgrösse und Gemeinschaftsstruktur der bedrohten Art gesammelt. Diese Daten bilden eine wichtige Grundlage, um die Auswirkungen des Bergbaus zu beurteilen.

Der Westafrikanische Schimpanse wird auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als vom Aussterben bedroht aufgeführt. Das Naturschutzgebiet des Nimba-Gebirges, ein UNESCO-Weltnaturerbe an der Grenze zwischen Guinea, Liberia und der Elfenbeinküste in Westafrika, beherbergt eine einzigartige Population dieser Schimpansenart. Doch Guinea ist auch reich an Mineralien und verfügt über einige der hochwertigsten Eisenvorkommen der Welt. Durch den Bergbau, der an der Grenze zum Naturschutzgebiet betrieben wird, ist die Region bedroht. «Es ist daher enscheidend, dass wir Instrumente entwickeln, um die gefährdete Schimpansenpopulation zu überwachen und die Auswirkungen des Bergbaus zu bewerten», sagt Kathelijne Koops, Professorin am Institut für Evolutionäre Anthropologie der Universität Zürich.

Fäkalproben aus über 15 Jahren gesammelt
Um die Grösse der Schimpansenpopulation, die Zusammensetzung der Gemeinschaft und ihr Verbreitungsgebiet an der Westflanke des Nimba-Massivs zu bestimmen, verwendeten Koops und ihre Kollegen genetische Zählungen. Zum internationalen Team gehörten Forschende der Universitäten Zürch, Kent und Kopenhagen, des Kopenhagener Zoos, der Texas A&M und des Umweltforschungsinstituts von Bossou in Guinea.

Im Zeitraum zwischen 2003 und 2018 sammelten die Wissenschaftler während der Feldarbeit fast tausend Kotproben der Schimpansen. Sie analysierten das darin enthaltene genetische Material mithilfe eines Panels von 26 Mikrosatelliten – kurzen DNA-Stücken, welche die Identifizierung einzelner Tiere sowie die Verwandtschaft zwischen ihnen ermöglichen. «Unsere Studie ist die erste, in der Genetik so umfangreich eingesetzt wird, um Anzahl und Populationsstruktur einer stark bedrohten Schimpansenpopulation in Westafrika zu bestimmen», sagt Koops.

Gene verraten Familienbande und Migrationsbewegungen
Die Analyse ergab insgesamt 136 Schimpansen, die in vier verschiedenen Gemeinschaften oder sozialen Gruppen leben. Die tatsächliche Zahl der Schimpansen in dem Gebiet übersteigt diese Mindestschätzung wahrscheinlich erheblich. «Säuglinge und Jungtiere werden über die Kotproben nicht zuverlässig erfasst, und von einigen Gebieten des Gebirgszugs gibt es nicht ausreichend Kotproben», sagt Christina Hvilsom, Genetikerin im Zoo Kopenhagen.

Das Team konnte zudem eine Reihe von Migrationsbewegungen, ein hohes Mass an gemeinsamer Abstammung und grosse genetische Vielfalt in der Schimpansenpopulation ausmachen. Die Ergebnisse unterstreichen den Nutzen der genetischen Zählung, um Affenbestände zeitlich zu überwachen, aber auch um Migrationsbewegungen, genetische Vielfalt und die Lebensfähigkeit der Population zu erfassen», fügt Mitautor Peter Frandsen, ebenfalls vom Zoo Kopenhagen, hinzu.

Anhand der Daten lassen sich beispielsweise Vorhersagen darüber treffen, wie sich Strassenbau- und Abbautätigkeiten auf die Bewegungen der Schimpansen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften oder auf den Zugang zu Nahrung und Nistplätzen auswirken könnten.

Neues Instrument zum Schutz von Menschenaffen
«Unsere Studie bestätigt den Status des UNESCO-Welterbes Nimba als prioritäres Gebiet zum Schutz des stark bedrohten Westafrikanischen Schimpansen», sagt Mitautorin Tatyana Humle, Senior Associate bei Re:wild. Sie zeige auch, wie wertvoll der Einsatz nicht-invasiver genetischer Techniken sei, um wichtige Daten über den Bestand, die Struktur und die genetische Gesundheit der Populationen zu gewinnen.

«Für zukünftige Folgenabschätzungen empfehlen wir genetische Probenahmen in Kombination mit Kamerafallen, da diese Methoden robuste Grundlagen für das Biomonitoring und das Naturschutzmanagement liefern können», sagt Koops. Dies gilt nicht nur für den Westafrikanischen Schimpansen, sondern auch für andere bedrohte Menschenaffenarten. (UZH/mc)

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