Täuschend echt

Herz

(Photo by Robina Weermeijer on Unsplash)

Dübendorf – Das Herz stellt die moderne Medizin noch immer vor grosse Herausforderungen. Über zehn Millionen Menschen in Europa leiden an einer Herzschwäche, und nicht wenige davon brauchen ein Spenderherz. Um die Wartezeit zu überbrücken, werden ihnen künstliche Herzpumpen eingesetzt, Komplikationen sind dabei nicht selten. Das Projekt «Zurich Heart» unter Mitwirkung der Empa entwickelt Lösungen.

Eine künstliche Herzpumpe ist für viele Patienten mit einer Herzinsuffizienz die Rettung – allerdings eine, die oft nicht ohne Nebenwirkungen bleibt. Es besteht die Gefahr von Blutgerinnseln oder einer Abstossungsreaktion gegen das fremde Material, was zu schweren Immunreaktionen führen kann. Forschende des Universitätsspitals Zürich lancierten daher gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Zürich und der ETH Zürich bereits 2011 das Projekt «Zurich Heart». Beteiligt daran sind Mediziner, Ingenieure, Biologen und Materialwissenschaftler mit dem Ziel, gängige Herzpumpen weiterzuentwickeln und gleichzeitig neue Lösungen zu erarbeiten, um die bisherigen Risiken auszumerzen. In rund zehn Teilprojekten arbeiten die Forscherinnen und Forscher verschiedener Universitäten und Forschungsinstitute an neuen Ansätzen – unter anderem an der Empa.

Empa mehrfach beteiligt
Gleich mehrere Teams der Empa sind Teil von «Zurich Heart» und arbeiten an einer neuen Generation von Herzpumpen, die so «getarnt» werden sollen, dass die menschlichen Abwehrzellen sie nicht von einem echten Herzen unterscheiden können. Natürliche Blutgefässe – unter anderem das Herz – sind auf der Innenseite mit sogenannten Endothelzellen ausgekleidet, die den Austausch zwischen Blut und Körpergewebe regulieren. Eine künstliche Herzpumpe muss also über eine Fläche verfügen, auf der sich körpereigene Endothelzellen ansiedeln können. Diese Gewebeoberfläche gaukelt dem Blut vor, dass es sich nicht um ein künstliches Organ, sondern um ein echtes Herz handelt.

Forschenden rund um Eduardo Mazza, Leiter der Empa-Abteilung «Experimental Continuum Mechanics», Professor an der ETH Zürich und Co-Projektleiter von «Zurich Heart», ist es gelungen, eine Membran zu entwickeln, die optimale Bedingungen für die Besiedelung durch Endothelzellen bietet. Diese Membran bietet nicht nur die passende Grundlage für die notwendigen Zellen, sondern dämpft zudem die natürliche Pumpbewegung – denn bei zu starken Kontraktionen können sich die Zellen auch auf einer noch so verlockend präparierten Unterlage kaum festhalten und werden vom Blut weggespült.

Hexagon-Lösung
Damit sich die Endothelzellen auf der Membran wohlfühlen und sich entsprechend festhalten, hat Aldo Ferrari, Forscher an der ETH Zürich und an der Empa, ein Substrat mit einer speziellen Struktur entwickelt, mit dem die Membran ausgestattet wird: Wie bei einer Bienenwabe reihen sich einzelne Sechsecke aneinander und bieten den Zellen optimal Platz, um sich darin einzunisten und nicht weggeschwemmt zu werden.

Eine erfolgreiche Methode, denn das Forscherteam hat sowohl durch In-vitro- als auch durch In-vivo-Versuche bestätigen können, dass die Zellen auch nach mehreren Pumpbewegungen an der Membran haften bleiben und so eine potenzielle Lösung für die Entwicklung von biokompatibleren Herzpumpen liefern. Doch selbst nach diesen erfolgreichen Versuchen stehen weitere Herausforderungen an. Ziel ist es, nicht nur die Membran, sondern die gesamte Innenfläche einer Pumpe mit dieser Hexagonstruktur auszukleiden.

Nächste Schritte eingeleitet
«Zurich Heart» startet nun in die zweite Phase. «Wir wollen einige der innerhalb von ‹Zurich Heart› entwickelten Lösungen in klinisch relevante Produkte umsetzen», so Mazza. Das kann indes mehrere Jahre dauern, daher ist «Zurich Heart» zeitlich nicht limitiert. Die erste Generation der Doktoranden, die in «Zurich Heart» involviert waren, haben nun abgeschlossen und zahlreiche Publikationen und Patente mit positiven Rückmeldungen erarbeitet.

«Wir sind mit unserem Teilprojekt der hybriden Membran deutlich weiter gekommen, als wir ursprünglich erwartet hatten», so Mazza. Mit seinem Team plant er bereits die nächsten Schritte: Das Langzeitverhalten einer solch «endothelisierten» Herzpumpe ist noch nicht erforscht, das möchten Mazza nun angehen. Schliesslich muss so eine Herzpumpe mehrere Millionen Schläge überstehen. «Unsere Motivation zu dieser Forschung hat sich in diesen Jahren weiter verstärkt», schliesst Mazza und ist zuversichtlich, dass auch die kommenden Projekte wichtige Informationen und Lösungen für und rund um das menschliche Herz liefern werden. (Empa/mc/pg)

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