In Champéry haben über 100 Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft an den Journées romands des arts et métiers des Schweizerischen Gewerbeverbandes über die Energiezukunft der Schweiz diskutiert. Eines wurde klar: Es braucht einen technologieoffenen Energiemix, in dem auch die Kernenergie eine zentrale Rolle spielt. Versorgungssicherheit, Klimaziele und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz sind nur erreichbar, wenn neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch bewährte CO₂-arme Technologien wie die Kernkraft berücksichtigt werden.
Im Rahmen der 58. Journées romandes des arts et métiers (JRAM), die am 26. und 27. Juni 2025 in Champéry stattfanden und über 100 Entscheidungsträger aus dem Gewerbe sowie Experten und Akteure des Energiesektors zusammenbrachte, diskutierten Referenten wie Yves Zumwald (CEO Swissgrid), Christophe Ballif (EPFL) sowie Maurice Bourquin, Honorarprofessor für Physik, über die Herausforderungen der Energiezukunft und die Rolle verschiedener Technologien.
In einem Kontext, in dem sich die Schweiz, wie der Rest der Welt, bemüht, ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren, wurde in Champéry die entscheidende Bedeutung erneuerbarer Energien betont. Mit der Zunahme der Produktion erneuerbarer Energien wird es immer wichtiger, die Infrastruktur zu modernisieren und anzupassen, um die Effizienz und Resilienz des Netzes zu optimieren. «Nur mit einer stabilen Stromversorgung sind KMU und Gewerbe weiterhin in der Lage, ihre Innovationskraft gezielt auszuspielen», sagte Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, am Rande der Veranstaltung.
Die Faktenlage ist eindeutig: Rund 30% des in der Schweiz produzierten Stroms stammen aus Kernkraftwerken (Stand 2024). Diese liefern zuverlässig CO₂-armen Strom und stabilisieren das Netz – gerade dann, wenn wetterabhängige Quellen wie Solar- und Windkraft nicht genügend ein-speisen. Diese neuen erneuerbaren Energien decken bislang lediglich etwa 8% des Stromverbrauchs ab. Der grösste Anteil macht nach wie vor die Wasserkraft mit 57% aus, der Rest entfällt auf thermische Quellen wie Kehrrichtverbrennungs- und Wärmekraftkopplungsanlagen. Die Schweiz hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein. Ohne grundlastfähige Technologien wie die Kernkraft ist dieses Ziel kaum erreichbar, da ansonsten in Mangellagen Strom aus meist fossilen Quellen importiert werden müsste: Dies ist eine zentrale Erkenntnis aus den Diskussionen in Champéry.
Strom fliesst nicht zuverlässig
«Wer meint, der Strom in der Schweiz fliesst zuverlässig, der irrt», sagte Yves Zumwald in seinem Impulsreferat. Rund zwei Drittel des Schweizer Übertragungsnetzes seien zwischen 50 und 80 Jahre alt. Die Erneuerung sei das eine. «Das Netz muss aber auch mit der Energiewende Schritt halten.» Die de-zentrale Produktion sei teuer. Hier sei der Handlungsbedarf dringend. Swissgrid investiert bis 2030 über 2 Milliarden Franken in die Netzinfrastruktur, um die Integration von erneuerbaren Energien zu ermöglichen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Doch trotz dieser Massnahmen bleibt die Kern-energie ein unverzichtbarer Pfeiler eines stabilen und klimafreundlichen Stromsystems.
Aus Sicht des Schweizerischen Gewerbeverbands ist klar: Es braucht dringend eine technologische Vielfalt. «Nur ein ausgewogener Mix aus erneuerbaren Energien, Wasserkraft und Kernenergie kann eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Stromversorgung langfristig sicherstellen», so Mitte-Ständerat Fabio Regazzi, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes. (sgv/mc)