Walter Oberhänsli, CEO Zur Rose AG

Walter Oberhänsli, CEO Zur Rose AG
Walter Oberhänsli, CEO und VR-Delegierter Zur Rose Group AG. (Foto: zvg)

Walter Oberhänsli, CEO der Zur Rose AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Oberhänsli, mit der Ende 2012 übernommenen Versandapotheke DocMorris wird sich der Umsatz der Zur Rose fast verdoppeln. Wird DocMorris in Zukunft trotz der hohen Anlaufkosten der grösste Gewinnbringer sein?

Walter Oberhänsli: Der Markt Schweiz mit den Bereichen Ärztegrossist und Versandgeschäft ist nach wie vor die wichtigste Ertragssäule von Zur Rose. Nichtsdestotrotz wird DocMorris bereits 2013 einen nicht unerheblichen Ergebnisbeitrag leisten, was sich mit Blick auf die folgenden Jahre noch weiter akzentuieren wird. Aufgrund der hohen Marktdurchdringung von DocMorris haben wir jetzt eine ganz andere Flughöhe, um weiteres Kundenpotenzial im deutschen Versandgeschäft auszuschöpfen.

Das Geschäft der Versandapotheken wächst kontinuierlich, aber die Margen sind scharf kalkuliert. Bei Doc Morris lagen diese in den letzten Jahren bei 1-2 Prozent. Lässt sich da noch irgendein Prozentpünktchen herausquetschen?

Zur Rose ist in einer Branche tätig, die sich durch einen hohen Preisdruck auszeichnet, wodurch die Margen zunehmend kleiner werden. Vor diesem Hintergrund optimieren wir unsere Kostenstruktur laufend, beispielsweise mit Effizienzsteigerungen in der Logistik oder auch mit Synergien im Einkauf, die sich dank eines grösseren Einkaufsvolumens mit DocMorris ergeben.

Das traditionelle Geschäft mit den Ärzten wird natürlich auch dadurch zusammengehalten, dass rund 2000 Schweizer Ärzte Aktionäre sind. Zahlt Zur Rose deshalb so hohe Dividende?

Das Aktionariat von Zur Rose besteht ja nicht nur aus Ärzten, die Zur Rose-Aktien werden an den Nebenbörsen, betrieben von der Zürcher und Berner Kantonalbank, gehandelt. Sie können dort von jedermann frei erworben werden. Gestützt darauf stellen wir unabhängig vom Aktionariat eine attraktive Dividendenrendite sicher, die sich an eine mit dem operativen Ergebnis verknüpfte Ausschüttungspolitik bei gleichzeitiger Stärkung der Kapitalbasis orientiert.

Welchen politischen Gegenwind sehen Sie für die nächsten Jahre für die selbstdispensierenden Ärzte, also diejenigen Ärzte, die wie Apotheken das Recht haben, Arzneimittel abzugeben?

Der Bundesrat stellt in der laufenden Heilmittelgesetzrevision das Recht der Kantone, weiterhin über die Selbstdispensation bestimmen zu können, nicht in Frage. Als Zur Rose unterstützen wir die Vorlage des Bundesrats vorbehaltlos. Ob es im Laufe der parlamentarischen Beratungen zu Veränderungen gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag kommt, können wir nicht beurteilen.

In den USA und Grossbritannien ist der Apothekenversandhandel weiter entwickelt als in Europa. Gehen Sie oft zu Studienzwecken nach Amerika?

Wir beobachten den Gesundheitsmarkt generell und den Apothekenversandmarkt im Besonderen, richten dabei unser Augenmerk aber auch auf andere Branchen und Entwicklungen, die Einfluss auf unser Geschäft haben.

«Verschiedene Tendenzen weisen darauf hin, dass der Medikamentenmarkt weiter wachsen wird.»
Walter Oberhänsli, CEO Zur Rose AG

Welche Trends könnten den deutschsprachigen Markt, in dem die Zur Rose-Gruppe Marktführer ist, in Zukunft durchmischen?

Verschiedene Tendenzen weisen darauf hin, dass der Medikamentenmarkt weiter wachsen wird. Erstens zeigt sich dies an der demografischen Entwicklung und der damit verbundenen Zunahme chronischer Erkrankungen und der Multimorbidität. Zweitens beobachten wir die rasant steigende Bedeutung des E-Commerce. In kaum einer Branche fand die Verschiebung von stationär zu online so schnell statt wie im Medikamentenhandel. Drittens sind Liberalisierungstendenzen in ganz Europa auszumachen, und der Ruf nach mehr Wettbewerb wird lauter. Viertens stellen wir eine zunehmende Bedeutung von Marken auch im Gesundheitswesen fest. Und fünftens ist der Versand von Arzneimitteln nachgewiesenermassen kostengünstiger als die stationären Apotheken, weil er zwei Handelsstufen zusammenfasst. Die Krankenversicherer in der Schweiz haben dies längst erkannt und empfehlen deshalb den Versand.

Welche juristischen Klippen könnten in den nächsten Jahren zu umschiffen sein?

Ich gehe davon aus, dass wir uns auch in Zukunft mit juristischen Themen auseinandersetzen müssen, die an der bestehenden Struktur rütteln. Dabei geht es nie wirklich um die Klärung von Rechtsfragen, sondern stets nur darum, den Versandhandel mit rechtlichen Mitteln einzuschränken, um damit die Ladenapotheken zu schützen. Für die Apotheker sind Versandapotheken ein unliebsamer, da preislich und bezüglich Leistung sehr attraktiver Mitbewerber, der das in vielen Kantonen vorherrschende Apotheker-Monopol aufweicht.

Versandapotheken sind ein kundenfreundlicher und wichtiger Bestandteil des Medikamenten-Versorgungsmixes; diese Auffassung teilt übrigens die überwiegende Mehrheit der gesundheitspolitisch relevanten Kreise, inklusive der Bundesrat. Nicht umsonst befürworten Krankenkassen das Modell Versandapotheke. Im Ausland ergeht es uns übrigens nicht anders. In Deutschland, wo wir mit DocMorris die grösste Versandapotheke übernommen haben, finden juristische Gefechte statt. Nach unserer Erfahrung entscheiden die europäischen Gerichte meistens zugunsten des Systemangreifers.

Ist nicht die grösste Gefahr für Ihr Geschäftsmodell die Erhöhung der Posttarife?

Nein, der zunehmende Wettbewerb, der der Post erwächst, wird automatisch auch den Preis beeinflussen, und zwar nicht zu unserem Nachteil. Der Handel über Internetplattformen treibt diese Entwicklung zusätzlich voran. Man muss dazu nur die deutschen Versandkosten zum Vergleich heranziehen.

«Nach unserer Erfahrung entscheiden die europäischen Gerichte meistens zugunsten des Systemangreifers.»

Welche Rolle werden Zusatzdienstleistungen, wie Homecare bei Medikamenteneinnahme oder der Versand von Dosierungsboxen einnehmen?

Aufgrund der demografisch bedingten Zunahme von chronischen Erkrankungen und der Multimorbidität werden Medikationsmanagement zu Hause wie auch individuell verblisterte Medikamente für Heimpatienten weiter an Bedeutung zunehmen. Als Zur Rose stellen wir in beiden Geschäftsfeldern – HomeCare wie auch DailyMed – eine wachsende Nachfrage fest.

Die Führungsstruktur der Marken DocMorris, Zur Rose und VfG wurde bereits zusammengeführt. Geschieht bald auch die Vereinheitlichung des Markenauftritts?

Eine Vereinheitlichung des Markenauftritts ist nicht unser Ziel, zumal wir Chancen in der unterschiedlichen Positionierung sehen: DocMorris bleibt mit ihrer hohen Markenbekanntheit die „Patientenmarke“ für den Versand von rezeptpflichtigen Medikamenten, aber auch von OTC-Produkten, damit Patienten weiterhin bequem alles aus einer Hand beziehen können. Zur Rose in Deutschland werden wir analog der Schweiz als „Marke für Professionals“ positionieren und den Dialog mit Krankenkassen und Ärzten verstärken. Gleichzeitig bleibt sie die Marke für Patienten. VfG ist und bleibt unsere OTC-Discount-Marke mit Fokus auf online.

«Eine Vereinheitlichung des Markenauftritts ist nicht unser Ziel, zumal wir Chancen in der unterschiedlichen Positionierung sehen.»

Durch die Zusammenarbeit mit der grossen Drogeriekette dm wurde das Tor nach Deutschland und Österreich marketingtechnisch weit geöffnet. Wie sichern Sie solche Kooperationsverträge langfristig ab?

Eine Absicherung der Kooperationsverträge ist nur dadurch plausibel, dass wir jederzeit eine sehr gute Dienstleistung erbringen und bei den dm-Kunden Nutzen stiften. Wir müssen auf diesem Weg ein jederzeit ausgewogenes Verhältnis der beiderseitigen Leistungen der Kooperationspartner sicherstellen.   ((ZT)) Aufgrund der hohen Marktdurchdringung von DocMorris haben wir jetzt eine ganz andere Flughöhe, um weiteres Kundenpotenzial im deutschen Versandgeschäft auszuschöpfen.

Verschiedene Tendenzen weisen darauf hin, dass der Medikamentenmarkt weiter wachsen wird.

Nach unserer Erfahrung entscheiden die europäischen Gerichte meistens zugunsten des Systemangreifers.

Zur Person:
Walter Oberhänsli (55) ist seit 2005 Delegierter des Verwaltungsrats und CEO der Zur Rose AG. Von 1996 bis 2011 amtete er auch als Präsident des Verwaltungsrats. Er gründete das Unternehmen, das heute zusammen mit der neuen Tochter DocMorris über 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, im Jahr 1993 gemeinsam  mit 21 Ärztinnen und Ärzten. Vor seiner Tätigkeit bei Zur Rose war er als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Walter Oberhänsli hat Rechtswissenschaften an der Universität Zürich studiert.

Zum Unternehmen:
Die Schweizer Zur Rose-Gruppe ist ein führendes Unternehmen im Bereich der Medikamentendistribution in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich. Zur Rose wurde 1993 als Ärztegrossistin gegründet und betätigt sich seit 2001 auch als Versandapotheke für Privatkunden. Im Jahr 2012 erwarb sie mit DocMorris die grösste und bekannteste Versandapotheke im deutschen Markt.  In Deutschland und Österreich ist die Zur Rose-Gruppe mit ihren Tochtergesellschaften Zur Rose Pharma GmbH (Standort Halle an der Saale, DE), VfG Cosmian s.r.o. (Standort Ceská Lípa, CZ) und DocMorris N.V. (Standort Heerlen, NL) aktiv. Der operative Sitz befindet sich in Frauenfeld (CH). Zur Rose beschäftigt an den verschiedenen Standorten über 800 Mitarbeitende. Im Geschäftsjahr 2012 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von rund 523 Millionen Franken.

 

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