Analysten sehen SNB-Entscheid als «Ruhe vor dem Sturm»

Analysten sehen SNB-Entscheid als «Ruhe vor dem Sturm»
SNB-Sitz Bern. (© SNB)

SNB-Sitz Bern. (© SNB)

Zürich – Die neusten Entscheide der Schweizerischen Nationalbank sind für Analysten keine Überraschung. Es wurde allgemein mit einem Festhalten am Status quo gerechnet. In ihren Kommentaren blicken die Experten denn auch schon in die Zukunft – und sind sich beim Thema Negativzinsen nicht einig.

«Das war gewissermassen ein Non-Event», kommentiert David Marmet von der Zürcher Kantonalbank die neuste Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Sämtliche Entscheide und Prognosen zur Entwicklung der Inflation und des Bruttoinlandprodukts seien so erwartet worden. «Es ist auch richtig, dass die SNB mit ruhiger Hand führt», so Marmet weiter.

Seine Meinung deckt sich mit jener der ganzen Analystenzunft. In ihren Kommentaren blicken die meisten Experten deshalb voraus. Marmet hätte sich dabei etwas deutlichere Hinweise zur zukünftigen Politik der SNB gewünscht – insbesondere zum Thema Negativzinsen. Weil diese ausblieben, geht das Rätselraten der Analysten in dieser Frage weiter.

Bald negativer Libor?
ZKB-Analyst Marmet rechnet nicht mit der Einführung von Negativzinsen – «ausser die Schuldenkrise in der Eurozone würde sich verschärfen», wie er betont. Davon gehe er aktuell jedoch nicht aus. Die gegenwärtige Krise in Griechenland sei zwar eine Tatsache. «Die anderen Länder Südeuropas werden aber vorderhand nicht in Sippenhaft genommen.»

Credit-Suisse-Analyst Maxime Botteron erwartet ebenfalls keine Einführung von Negativzinsen auf den Einlagekonten, sofern der Druck auf den Franken nicht zu stark wird. Eine Anpassung des Zielband für den Dreimonats-Libor hält er hingegen für möglich. «Sollte die SNB wieder am Devisenmarkt intervenieren müssen, ist ein negativer Libor der SNB denkbar.»

Weil das SNB-Zielband des Libors damit nicht mehr mit der Realität übereinstimmen würde, müsste die SNB laut Botteron handeln, «um ihre Kommunikation konsistent zu halten». Als möglicher Auslöser für weitere Devisenmarktinterventionen gelten in Analystenkreisen weitere geldpolitische Lockerungen der Europäischen Zentralbank.

«Letzter Moment der Ruhe»
Sollten diese Tatsache werden, rechnet Karsten Junius von der Bank J. Safra Sarasin mit der Einführung von Negativzinsen. Zwar werde die SNB selbst im Falle eines Quantitative Easing der EZB, also dem Ankauf von Staatsanleihen, die Euro-Untergrenze mit Interventionen auf dem Devisenmarkt zu verteidigen versuchen. «Negativzinsen wären nur ein zweiter Schritt», schreibt Junius in einem Kommentar. Dennoch hält er ein solches Szenario für das zweiten Quartal 2015 für wahrscheinlich.

In einem sind sich die Experten einig: Schon bei der nächsten Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank könnte es spannend werden. «Das ist der letzte Moment der Ruhe», meint Laurent Bakhtiari von der IG Bank. «Noch ist unklar, für welche Option sich die SNB entscheiden wird, sicher ist aber, dass sie wird handeln müssen.» (awp/mc/ps)

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