3.5 Jahre Zuchthaus für raffinierten Hochstapler

Nicht ahnungslose Kleinanleger hat ein neuseeländischer Hochstapler hinters Licht geführt, sondern professionelle Anlagevermittler. Innert nur sechs Monaten akquirierte der 29-Jährige insgesamt 27 Millionen Franken, indem er sich als Sprössling einer neuseeländischen Bankiers-Dynastie ausgab. Wegen gewerbsmässigen Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung, Veruntreuung und Geldwäscherei hat ihn das Bezirksgericht Zürich zu 3½ Jahren Zuchthaus verurteilt. Dies geht aus dem Urteilsdispositiv hervor, das am Mittwoch zugestellt worden ist.


Vortäuschen einer falschen Bank
An der Hauptverhandlung präsentierte sich der Angeklagte in einer Art, wie sie Hochstaplern eigen ist. Der junge Beau trat smart, eloquent und redegewandt auf. Er hatte viel zu erzählen, ging aber kaum je auf die Fragen des Gerichtspräsidenten ein. In der Anklageschrift war ihm vorgehalten worden, mit vielen aufeinander abgestimmten Lügen, gefälschten Urkunden und unwahren Broschüren besondere Vertrauenswürdigkeit vorgetäuscht zu haben. An guter Lage in der Nähe des Zürcher Bellevues hatte er seine Kundschaft empfangen. Er stellte sich als CEO der Schweizer Niederlassung einer neuseeländischen Bank vor.

Kundengewinnung auch ohne EBK-Bewilligung
Obwohl keine Bewilligung der Eidgenössischen Bankenkommission vorlag, vermochte er zwei gewichtige Anlagevermittler als Kunden zu gewinnen. Diese vermittelten zwischen Oktober 2003 und März 2004 insgesamt 27 Millionen Franken. Das Geld floss aber nicht wie vorgegeben auf ein Konto der fiktiven neuseeländischen Bank, sondern auf ein privates Konto des Angeklagten. Nach dessen Verhaftung konnte von der Deliktsumme nur noch ein relativ kleiner Teil sichergestellt werden. Die Geschädigtenvertreter gehen von maximal einem Drittel aus, also rund 9 Millionen Franken. Noch immer flüchtig ist ein Komplize des Angeklagten, ein norwegisch-pakistanischer Doppelbürger. Mit ihm dürfte ein Grossteil des fehlenden Geldes in Höhe von rund 16 Millionen Franken verschwunden sein.


Auf freiem Fuss und auf dem Weg in ein neues Leben
Zu Beginn der Befragung betonte der neuseeländische Angeklagte, er sei nicht geständig und bestreite alle Vorwürfe vehement. Daraufhin machte ihn der Gerichtspräsident darauf aufmerksam, dass ein Geständnis in der Regel das Strafmass um rund einen Drittel reduziere. Das hätte zur Folge, bedeutete ihm der Gerichtspräsident, dass der Angeklagte, der seit bald 2½ Jahren in Haft ist, bereits kurz nach dem Prozess auf freien Fuss kommen könnte. Sichtlich überrumpelt von diesen neuen Aussichten, verlangte der Angeklagte eine Besprechung mit seinem Anwalt. Danach vollzog er tatsächlich die verlockende Kehrtwende. Er akzeptiere die Vorwürfe vollumfänglich und bekenne sich in allen Punkten schuldig, sagte er. Dieses späte Geständnis führte tatsächlich zu einer Reduktion des Strafmasses auf 3½ Jahre Zuchthaus, nachdem der Staatsanwalt noch 5 Jahre gefordert hatte. Weil er zwei Drittel der Haft abgesessen hat, ist der Angeklagte inzwischen bereits auf freiem Fuss. Jetzt will der Vater zweier Kinder, der vor einigen Jahren auch als Baseball- und Softball-Trainer in Erscheinung getreten war, laut eigenen Aussagen ein neues Leben beginnen.


Mitschuld einer Schweizer Grossbank
Noch lange gestritten werden dürfte auf zivilem Weg über diverse Schadenersatzansprüche. Involviert ist insbesondere auch eine Schweizer Grossbank. Nach Ansicht der Geschädigtenvertreter hatte diese den Betrug wegen mangelnder Kontrolle erst möglich gemacht. Das Vergleichsangebot der Grossbank, 20 Prozent des entstandenen Schadens zu übernehmen, ist nur von 1 der 21 Geschädigten akzeptiert worden. Alle übrigen erhoffen sich auf gerichtlichem Weg eine höhere Entschädigung.

(NZZ/mc/hfu)

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