Rösti: «Post-Grundversorgung behalten, solange sie nachgefragt ist»

Bern – Der Bundesrat will an der heutigen Post-Grundversorgung festhalten, solange diese bezahlbar ist. Gleichzeitig will er aber reagieren können, wenn die Nachfrage nach Post-Leistungen weiter zurückgeht. Am Mittwoch beschloss er Eckwerte für eine Postgesetz-Revision.
Im Post-Kerngeschäft gebe es wegen der Digitalisierung grosse Umwälzungen, sagte Postminister Albert Rösti am Mittwoch in Bern vor den Medien zu den Bundesratsentscheiden. Die Briefmenge habe sich in den letzten zwanzig Jahren fast halbiert, die Bar-Einzahlungen seien um 75 Prozent eingebrochen.
Für sinkende Nachfrage vorsorgen
Im Steigen begriffen sei der Paketmarkt. Aber Pakete unterstünden dem Wettbewerb, und entsprechend seien die Margen tiefer als bei Briefen. Ohne Anpassungen werde sich die Post in ein paar Jahren nicht mehr selbst finanzieren können, warnte Rösti. Das Briefmonopol, das der Bundesrat behalten will, werde immer weniger einbringen.
Umgesetzt werden soll die Revision um 2030 herum. «Der Bundesrat will keinen Abbau, solange dieser Service public gefragt ist», sagte Rösti. Vorerst solle die Post Briefe und Pakete weiter an mindestens fünf und abonnierte Zeitungen an sechs Wochentagen zustellen. A- und B-Post sowie Zahlungsdienstleistungen sollen bleiben.
Der Bundesrat will allerdings vorsorgen für den Fall, dass die Nachfrage nach Dienstleistungen in ihrem Kerngeschäft weiter abnimmt, und sich die Handhabe für rasche Reaktionen geben. Das geplante Gesetz solle dazu klare Regeln mit Schwellenwerten enthalten, sagte Rösti.
Sinke beispielsweise die Nachfrage nach Briefpost bis zu einem bestimmten Wert, will der Bundesrat auf Antrag der Post die Verordnung anpassen können. «So kann die Post mit der Zeit gehen», sagte Rösti, «und die Kosten der Grundversorgung bleiben tragbar». Mengen-Angaben für die Schwellen liessen sich noch nicht machen.
Garantierte Mindestversorgung
Der Bundesrat will einen garantierten Mindestumfang der Grundversorgung, unabhängig davon, ob der Mengen-Schwellenwert unterschritten wird. Bei der Brief-Zustellung soll ein Minimum von drei Tagen gesetzt werden. Und es soll die Möglichkeit geben, A- und B-Briefe durch einen Standardbrief zu ersetzen.
Vor der grossen Reform sollen ab kommendem Jahr erste Einsparungen bei der Grundversorgung umgesetzt werden. Diese Pläne für einen etwas tieferen Anteil von fristgerecht zugestellten Briefen und Paketen sowie eine Abkehr von der Zustellung in jedes Haus wurden in der Vernehmlassung sehr kritisch aufgenommen.
Der Bundesrat will mit diesen mit Abstrichen an der Grundversorgung die Post um jährlich bis 45 Millionen Franken entlasten. Ob sie wie zunächst gedacht umgesetzt werden, will der Bundesrat laut Rösti noch im laufenden Jahr entscheiden.
Leitplanken für Zukäufe
Betreffend Tätigkeiten der Post ausserhalb der Grundversorgung will der Bundesrat Leitplanken setzen. Namentlich Zukäufe ausserhalb der Post-Geschäftsfelder lösten in den vergangenen Jahren wiederholt Kritik und Fragen aus.
Im Postorganisationsgesetz will der Bundesrat präzisieren, was der Unternehmenszweck der Post ist. Gestützt darauf soll entschieden werden können, welche Tätigkeiten für den Staatsbetrieb zulässig sind. Ergänzt werden soll dies mit einem individuellen Rechtsschutz, den Konkurrenzunternehmen in Anspruch nehmen können.
In den strategischen Zielen für die Post will der Bundesrat statuieren, dass zunächst die bisherigen Akquisitionen durch die Post konsolidiert werden und der Geschäftsbereich Digital Services in die Gewinnzone geführt wird.
Post zufrieden
Die Post äusserte sich in einer Mitteilung zufrieden mit den Reformplänen. Der heutige Grundversorgungsauftrag entspreche den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen nicht mehr. Er stamme aus einer Zeit, in der Smartphones noch kaum verbreitet gewesen seien.
Die Gewerkschaft Syndicom hingegen sprach in ihrem Communiqué von einem Abbau durch die Hintertür. Der vorgeschlagene Anpassungsmechanismus sei ein Türöffner für massiven Abbau, gerade auf dem Land. Syndicom stört sich zudem am Ausschluss des Parlaments bei künftigen Entscheiden zur Grundversorgung.
Bis Juni 2026 soll das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Vernehmlassungsvorlagen zum Postgesetz und zum Postorganisationsgesetz ausarbeiten. (awp/mc/pg)