Karsten Hell, CEO Steiner Gruppe, im Interview

Karsten Hell, CEO Steiner Gruppe, im Interview
Karsten Hell, CEO der Steiner Gruppe

Von Karin Bosshard

Moneycab.com: Vor rund einem Jahr sind Sie zum CEO der Steiner Gruppe ernannt worden. Sie haben damit die Nachfolge von Daniel Ducrey angetreten, der nun seinerseits CEO der Mobimo-Gruppe ist. Sind Sie noch in Kontakt?

Karsten Hell: Ich habe die mehrjährige Zusammenarbeit mit Daniel Ducrey bei der Steiner AG sehr geschätzt. Es freut mich immer wieder, ihm bei Branchenanlässen zu begegnen und mich mit ihm auszutauschen. Da wir aber beide viel zu tun haben, sind wir nur unregelmässig in Kontakt.

Was haben Sie in den letzten 12 Monaten, seit Sie CEO wurden, im Unternehmen verändert?

Um künftig deutlich schneller am Markt agieren zu können und unseren Kunden eine höhere Qualität zu bieten, habe ich im vergangenen Jahr ein internes Programm gestartet. Dieses umfasst die Änderung von bestehenden Prozessen sowie gewisse strukturelle Veränderungen. Darüber hinaus haben wir auch unsere Wertschöpfungskette neu ausgerichtet, mit dem Ziel, den Herausforderungen der Digitalisierung optimal begegnen zu können. Wir haben die Mitarbeitenden eingeladen, den Veränderungsprozess mit ihrer spezifischen Expertise aktiv mitzugestalten. Unsere Mitarbeitenden haben diese Gelegenheit mit grossem Elan wahrgenommen und dadurch einen wichtigen Beitrag geleistet, das Unternehmen weiterzuentwickeln.

«Im Bereich der Immobilienentwicklung stehen für uns grössere Arealentwicklungen im Fokus.»

Karsten Hell, CEO Steiner Gruppe

Wo setzen Sie im laufenden Jahr die Schwerpunkte?

Im Bereich der Immobilienentwicklung stehen für uns grössere Arealentwicklungen im Fokus. Nebst dem Projekt Glasi-Quartier in Bülach, bei welchem im Juni der Startschuss für die Bauarbeiten gefallen ist, verfolgen wir ähnliche Projekte in anderen Regionen – so beispielsweise in Kriens und Rorschach, wo wir alte Industriebrachen in neue städtische Quartiere transformieren wollen. Hierbei berücksichtigen wir natürlich auch gesellschaftliche Trends und versuchen, mit innovativen Baulösungen und Wohnformen weitsichtige Antworten auf die sozialen Herausforderungen der Zukunft zu geben.

Im TU/GU-Bereich fokussieren wir uns weiterhin auf die Realisierung von Gesundheits-, Bildungs- und Wohnbauten. Mit dem Herz-Neurozentrum in Münsterlingen konnten wir im ersten Quartal dieses Geschäftsjahres bereits ein spannendes Spitalbauprojekt akquirieren. Im gleichen Zeitraum haben wir mit der Erweiterung des Collège in Oron-la-Ville und des interkantonalen Gymnasiums der Region Broye den Zuschlag für die Realisierung von zwei Schulgebäuden erhalten.

«Im TU/GU-Bereich fokussieren wir uns weiterhin auf die Realisierung von Gesundheits-, Bildungs- und Wohnbauten.»

Sie können auf ein erfreuliches Geschäftsjahr 2018/19 zurückblicken. Vom 1. April 2018 bis 31. März 2019 konnte die Steiner Gruppe den Umsatz um 4.6% auf CHF 830.4 Millionen steigern. In welchem Umfeld wurde dieses Resultat erreicht?

Die Lage am Schweizerischen Immobilienmarkt hat sich im vergangenen Geschäftsjahr sehr heterogen präsentiert, was auch jetzt noch der Fall ist. Während Wohneigentum an zentralen Lagen weiterhin stark nachgefragt wird, präsentiert sich die Situation bei den Geschäfts- und Büroliegenschaften weniger positiv.

Auch die Lage bei Renditeliegenschaften und Mietwohnungen hat sich zuletzt zugespitzt. Da Steiner jedoch schwergewichtig in den Zentren aktiv ist, konnten wir von der positiven Stimmung in den städtischen Gebieten profitieren, was sich auch in unserem Resultat widerspiegelt.

Was hat das Steiner-Resultat besonders positiv beeinflusst?

Unsere langjährigen Investitionen in eigene Immobilienentwicklungen haben sich im Geschäftsjahr 2018/19 bezahlt gemacht und wir konnten gleich bei mehreren Projekten erfolgreich mit der Kommerzialisierungsphase beginnen. Darüber hinaus haben die bereits angesprochenen Effizienzsteigerungen und Prozessänderungen sowie ein verbessertes Kostenmanagement auf den Baustellen zu einer weiteren Reduktion des Betriebsaufwandes geführt. Im TU/GU-Bereich konnten wir zahlreiche wichtige Neuaufträge gewinnen, die ebenfalls zur Umsatzsteigerung beigetragen haben.

Von welcher Geschäftsentwicklung gehen Sie im laufenden Jahr aus?

Wir sind erfolgreich und mit diversen Neuakquisitionen im TU/GU-Bereich ins neue Geschäftsjahr gestartet. Darüber hinaus ist bei mehreren grossen städtebaulichen Steiner-Entwicklungen wie beispielsweise dem Glasi-Quartier in Bülach oder den Sihlterrassen in Zürich der Baustart erfolgt. Dies wird sich positiv auf den Geschäftsgang auswirken, weshalb ich auch für das Gesamtunternehmen mit einer positiven Entwicklung rechne.

«Es ist unbestritten, dass Negativzinsen zu mehr Investitionen in Immobilien und somit zu höheren Bauvolumen führen.»

Wie stark war der Einfluss von Negativzinsen und Frankenstärke?

Es ist unbestritten, dass Negativzinsen zu mehr Investitionen in Immobilien und somit zu höheren Bauvolumen führen. Schliesslich zählen Immobilien nach wie vor zu den am besten rentierenden Anlageklassen. Für uns als Total- und Generalunternehmen sind dies positive Rahmenbedingungen. Von der Frankenstärke profitieren hingegen in erster Linie unsere Kunden, da die Materialen, die wir auf unseren Projekten verbauen, günstiger im Ausland bezogen werden können.  

Welches waren die Projekt-Highlights im vergangenen Geschäftsjahr?

Wir konnten diverse Prestigeprojekte wie das Hochhaustrio Vulcano in Zürich-Altstetten oder das Krebsforschungszentrum Agora in Lausanne erfolgreich abschliessen und an die zufriedenen Bauherrschaften übergeben. Darüber hinaus haben wir bei diversen eigenen Entwicklungsprojekten mit dem Erhalt der Baubewilligung einen wichtigen Meilenstein erzielen können – so beispielsweise bei den Projekten Sihlterrassen in Zürich Manegg, der Wohnüberbauung Gloggeguet in Schaffhausen und dem Haslirainpark zwischen Zug und Luzern.

Wie präsentiert sich die aktuelle Projekt-Pipeline?

Wir haben im Bereich TU/GU schon vor mehreren Jahren begonnen, uns nebst der Realisierung von Wohnbauprojekten zusätzlich auf Bildungs- und Gesundheitsbauten zu fokussieren. Dies zählt sich aus, zählen wir in diesen zwei wachstumsstarken Bereichen mittlerweile zu den führenden Spezialisten. Darüber hinaus ist unser Bestand an eigenen Entwicklungsprojekten gut strukturiert – von Stockwerkeigentum bis Arealentwicklung, wobei wir flächendeckend in der gesamten Schweiz aktiv sind. Folglich sind wir mit unserer aktuellen Projekt-Pipeline sehr zufrieden.

«Bei Gewerbeflächen rechne ich mit stagnierenden oder leicht sinkenden Mietpreisen.»

Welche mietpreislichen Entwicklungen erwarten Sie bei Gewerbe- und Wohnflächen?

Bei Mietwohnungen rechne ich aufgrund zunehmender Leerstände mit leicht sinkenden Mieten. Städtische Zentren werden davon weniger betroffen sein als periphere Lagen. Bei Gewerbeflächen rechne ich ebenfalls mit stagnierenden oder leicht sinkenden Mietpreisen. 

Sie profitieren vom aktuellen Tiefstzinsumfeld. Wie würden Sie das aktuelle Marktumfeld darüber hinaus beschreiben?

Angesichts der geopolitischen Lage und der Zinsentwicklung im EU-Raum scheint die Gefahr eines starken Zinsanstiegs in der Europäischen Union und der Schweiz derzeit nicht gegeben. Diese Ausgangslage dürfte dazu beitragen, dass der Immobilienmarkt weiterhin für Investoren interessant bleibt und sich die Bautätigkeit in der Schweiz auf hohem Niveau stabilisiert.

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