Beat Kähli, CEO sitEX Properties Holding AG, im Interview

Beat Kähli, CEO sitEX Properties Holding AG, im Interview
Beat Kähli. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Kähli, im Sonnenstaat Florida besitzt sitEX die Hälfe seines Immobilienportfolios. Was ist die Story dahinter, Disney World?

Beat Kähli: Ich bin in den 90er-Jahren als junger Schweizer Unternehmer nach Florida ausgewandert und konnte mitten in der Savings-and-Loan-Krise, in welcher über 1000 US-Sparkassen zusammengebrochen waren und einen Immobiliencrash ausgelöst hatten, die Kontrolle über ein rund 7,5 Millionen Quadratmeter grosses Grundstück im Osten von Orlando übernehmen. Auf diesem Grundstück ist dann die Stadt Avalon Park mit heute knapp 20.000 Einwohnern entstanden.

Aber es blieb doch nicht bei diesem einen Grossobjekt?

Nach erfolgreichen Jahren in Florida wollte ich mich ab 2009 auch in meiner alten Heimat unternehmerisch betätigen. Damals bestand in der Schweiz ein reges Interesse an der US-Subprime-Krise. Es war schwer zu verstehen, dass die UBS wegen der geplatzten US-Housing Bubble beinahe in Konkurs gefallen war. Ich wurde vom damaligen Präsidenten des SVIT (Schweizerischer Immobilienverband, A.d.R.), Urs Gribi, eingeladen, einen Vortrag in Basel zu halten. Urs Gribi war damals CEO von sitEX und überlegte sich, dass nach dem Immobiliencrash in Florida vielleicht ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg von sitEX möglich wäre. Ich wollte meinerseits in die Schweiz diversifizieren, und so wurden wir uns bald einig mit einer Beteiligung an sitEX. Das Portfolio der sitEX war vor 10 Jahren nur in der Schweiz. Durch den Kauf einer Liegenschaft und eines Grundstückes in Florida expandierte sitEX dann nach Florida.

Und jetzt profitieren Sie von der Nähe der Walt Disney Company mit seinen Themenparks?

Central Florida, oder der Interstate 4-Korridor von Tampa nach Orlando und Daytona Beach hat etwa 8 Millionen Einwohner. Der Tourismussektor mit Disney und vielen anderen ist wichtig, aber mittlerweile sind andere Wirtschaftszweige noch wichtiger geworden. So sind Healthcare – in Orlando gibt es eine Medical City und mit Advent Health hat eine der grössten US-Spitalgruppen – die Privatisierung der Raumfahrt-Industrie (Cape Canaveral) und die University of Central Florida dafür verantwortlich, dass gerade Zentralflorida weiterhin stark wächst.

«Wenn in der Schweiz ein Quartierplan genehmigt ist, kann man Gebäude bauen und muss nicht wie in den USA zuerst die Schildkröten, Alligatoren umsiedeln, oder Schulen bauen, weil die öffentliche Hand nicht genügend Geld hat.»
Beat Kähli, CEO sitEX Properties Holding AG

Die Immobilienflächen sind für Schweizer Verhältnisse riesig. Beispielsweise Avalon Park Wesley Chapel, mit 6.6 Millionen Quadratmetern. Was bedeutet das fürs Facility Management?

Raumplanung, Verkehr, Schulen, Umweltschutz, Wasser und Abwasser sind Herausforderungen, die bei grossen Projekten, ob nun wie beim SitEX Quartierplan «im Oristal» auf rund 14.000 m2 in Liestal, oder auf 6.6 Millionen m2 in North Tampa, Aufgaben des Managements eines Developers sind. Die Schweiz ist hervorragend erschlossen, es gibt kaum Immobilienentwicklungen, bei denen man sich in dem Ausmass wie in den Wachstumsstaaten der USA wie Florida als Entwickler von Grundstücken betätigen muss. Wenn in der Schweiz ein Quartierplan genehmigt ist, kann man Gebäude bauen und muss nicht zuerst die Schildkröten und Alligatoren umsiedeln oder Schulen bauen, weil die öffentliche Hand nicht genügend Geld hat.

Avalon Park Wesley Chapel zum Beispiel liegt in «unincorporated Pasco County» circa 30 Minuten nördlich von Downtown Tampa. Das heisst in etwa, dass die 6.6 Millionen m2 von Avalon Park Wesley Chappel zwar in einem «Kanton» oder hier «County» sind, aber keiner Stadt oder Gemeinde angehören. Der Entwickler muss also im weiteren Sinn als Stadt/Gemeinde agieren. Er kontrolliert bis die Stadt beinahe fertig ist die sogenannte Home Owner Association (HOA). Diese bewilligt den einzelnen EFH-Eigentümern einen neuen Zaun um ihr Haus, eine andere Farbe oder die Solarzellen auf dem Dach. So werden auch die ganzen Umgebungsarbeiten, Unterhalt der Parks, Freizeitanlagen, Sportplätze oder öffentliche Schwimmbäder durch den Entwickler unterhalten und über monatliche Umlage an die EFH-Eigentümer verrechnet. Selbst Kantonspolizisten werden vom Entwickler gegen Bezahlung an das County eingestellt.

Die «gestalterischen» Freiheiten eines Immobilienentwicklers in Florida sind demnach riesig?

Nur so ist es auch möglich, dass aus der grossen «Wiese» Avalon Park Orlando innert rund 20 Jahren eine Stadt mit fast 20.000 Einwohnern und Immobilien im Marktwert von über zwei Milliarden Dollar entstehen konnte. Als Schweizer Gesellschaft hilft uns, dass die Schweiz als hervorragendes Modell dient. Man kann dieses zwar nicht eins zu eins übernehmen, aber durchaus mit «Swissness» den Konkurrenten eine «Nase» voraus sein. Nur so ist es meines Erachtens zu erklären, dass Avalon Park Orlando – nun zu 99% ausgebaut – während 4 Jahren das nach Verkäufen von EFH in Central Florida erfolgreichste Immobilienentwicklungsprojekt war.

Sie bewerben auch die Nachhaltigkeit Ihrer Projekte, was bedeutet dies im tropischen Kontext?

Hier wird vom Eigenheim zum Arbeitsplatz, zu den Schulen, Läden, Freizeitbeschäftigungen praktisch immer das Auto benötigt. Es werden keine neuen Dörfer oder Städte gebaut, sondern Subdivisons. DR Horton, Lennar, Pulte als NYSE-Unternehmen – alle mit zweistelligem Milliardenumsatz – bauen nur Häuser, und zwar Tausende und Zehntausende von Häusern. DR Horton, der grösste US Homebuilder und wichtiger Geschäftspartner von sitEX will im laufenden Geschäftsjahr 100.000 Häuser bauen. Simon, der grösste Shoppingmallbuilder der Welt, baut nur Shoppingmalls und Läden, dann gibt es auf Büroliegenschaften spezialisierte Immobilienentwickler oder andere, die nur Wohnungen bauen.

Weil jeder für sich in seinem «Garten» baut, entstehen Siedlungen mit Tausenden von Häusern, und von diesen muss man dann mit dem Auto (oder Schulbus) die Kinder in die Schule fahren. Dass man dann jedesmal das Auto nehmen und teilweise längere Strecken für Milch und Brot oder um zum Arbeitsplatz zu kommen fahren muss, finden wir nicht nachhaltig.

Ja, aber was machen Sie da anders?

Der Avalon Park Brand von SitEX «Live, learn, work and play» steht für Nachhaltigkeit. Die Häuser sind in Gehdistanz zu Schulen, Büros, Läden, Restaurants und Freizeitmöglichkeiten. Wir sprechen von sogenannten «quadrupple stakeholders», d.h. wenn sie in Avalon Park Eigentümer eines Einfamilienhauses sind, Ihre Kinder dort zur Schule gehen, Sie vielleicht ein Geschäft besitzen oder den Job in Avalon haben und Ihre Freizeit dort verbringen, dann ist das nachhaltig. Es entsteht ein Gefühl von «belonging and safety». Bei vielen Konkurrenzsiedlungen kann man «nur» wohnen, verlässt also bei Tagesanbruch das Haus kommt oft nach Einbruch der Dunkelheit zurück und hat so ausser dem EFH meist keinen grösseren Bezug zur Gegend.

«Wenn sie in Avalon Park Eigentümer eines Einfamilienhauses sind, Ihre Kinder dort zur Schule gehen, Sie vielleicht ein Geschäft besitzen oder den Job in Avalon haben und Ihre Freizeit dort verbringen, dann ist das nachhaltig.»

Viele neue Siedlungen in Florida unterscheiden sich dadurch, dass in der einen Community «die Reichen», also dann mit Häusern über 500’000 Dollar, in anderen die «Armen» mit Reiheneinfamilienhäusern von 200’000 Dollar wohnen. Ebenso gibt es Siedlungen mit nur Wohnungen, andere mit nur EFH, Alterswohnheime oder Pflegeheime sind dann wieder ganz woanders, einsam und alleine. Avalon Park baut Kleinstädte in welchen alle Bevölkerungsschichten wohnen, vom Studenten im Appartment über die junge Familie im kleinen EHF bis zum «Reichen» in der Villa. Es gibt Kinderkrippen, Grundschulen, eine Mittelschule und auch eine High School und ebenso ein Pflegeheim. Wir bauen also Kleinstädte in denen man sein ganzes Leben verbringen kann.

Sind auch Biologen im Bauteam?

In der Analye eines Grundstückes werden Biologen beigezogen. Es gilt mit den Behörden zu analysieren, welche Teile eines Grundstückes überbaut werden dürfen, und welche nicht, weil sie Feuchtland sind. Ebenso muss sichergestellt werden, dass die Brücke eines Baches so gebaut wird, dass das Wildleben so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Schildkröten müssen umgesiedelt werden, es gibt dafür spezielle «Landbanken», die vom Staat bewilligte Landflächen für die Ansiedlungen von Schildkröten besitzen. Diese Landbanken sind ein interessantes Geschäft. Der Preis für die Umsiedlung von Schildkröten hat sich übrigens in den letzten fünf Jahren vervierfacht.

Wenn Sie schon einmal über Florida geflogen sind, werden Ihnen die vielen Seen aufgefallen sein. Die Mehrheit davon sind «Baggerseen» oder Ponds, wie wir hier sagen. Um in Florida zu bauen, muss man Land im eigentlichen Sinne «aufschütten», da Florida fast überall «flach wie ein Teller» ist, muss ein Drainage System erstellt werden. Diesbezüglich baggert man und verwendet die Muttererde, die man bei der Aushebung eines solchen Pond gewinnt, um die Grundstücke um bis zu zwei Meter zu erhöhen. Sobald diese künstlichen Seen entstehen, siedeln sich auch Alligatoren an. Das sind streng geschützte Tiere, und sie können bis zu 12 Meter lang werden.

In der Schweiz halten Sie hauptsächlich Büro- und Gewerbeobjekte, wollen Sie hier die Wohnimmobilienquote steigern?

Mit dem Quartierplan in Liestal (im Oristal) und demjenigen in Aesch besteht die Möglichkeit die Wohnimmobilienquote auch in der Schweiz zu steigern, in dem sitEX auf diesen eigenen Grundstücken in den nächsten Jahren Wohneigentum bauen und nach Bedarf auch im Bestand halten kann.

Als Inhaber geführtes Unternehmen – VRP und CEO besitzen zusammen die Mehrheit der Aktien von sitEX – unterstehen wir nicht einem Anlagedruck und werden dann Wohneigentum erwerben, wenn sich eine gute Gelegenheit ergibt; wir können also warten. SitEX investiert dort, wo es schwierig ist, wo komplexe Entwicklungen anstehen, in der Schweiz zum Beispiel Quartierpläne erstellt werden müssen.

Was sind die genauen Aufgaben der sitEX Coworking Concepts AG?

Die Digitalisierung, welche durch Covid nochmals stark beschleunigt wurde, fordert zum radikalen Umdenken bei der Erstellung und Vermietung von Büros. Es wird nicht so sein, dass nur noch im Homeoffice gearbeitet wird. Das klassische Einzelbüro hat aber auch ausgedient. SitEX Coworking Concepts betreibt «The 5th Floor» in Muttenz, Orlando und San Juan in Puerto Rico. Bald werden weitere coworking spaces in Kuala Lumpur, Singapur und anderen Standorten dazu kommen.

Wir beteiligen uns über Launchpad Schweiz und Singapore an Unternehmen, und helfen mit unserer Hausbank BLKB im gemeinsamen Unternehmen inQbator bei der Strategie und der Finanzierung von Unternehmen. Wir erlauben Unternehmen, darunter vielen Startups, den unbürokratischen Zugang zu unserem weltweiten Netzwerk. Immobilienbewertungen sind immer eine Sache von Kapitalisierungsfuss und Diskontierungssätzen, da kann man sich nicht von anderen Mitbewerbern unterscheiden. Einen internationalen Brand wie «The 5th Floor» aufzubauen ist unser Ziel.

«Bald werden weitere coworking spaces in Kuala Lumpur, Malaysia, Singapore und anderen Standorten dazu kommen.»

Im ersten Halbjahr 2021 stieg der Reingewinn nach Steuern von 10,4 auf fast 13 Mio Franken, das EBIDTA von 13,3 auf 18,8 Mio Franken. Gibt es schon eine Jahresendprognose?

Bei sitEX geben wir generell keine kurzfristigen Prognosen ab. Wir stehen zu unserem Ziel, eine Mindestrendite auf das eingesetzte Eigenkapital von 10 % zu erzielen, nachhaltig und langfristig. Wir realisieren unsere Gewinne auch laufend durch Verkäufe von Bestandsliegenschaften und Grundstücken. Statt Liegenschaften aufzuwerten und damit einen Buchgewinn zu erzielen, sehen wir den Gewinn dann erzielt, wenn er auch durch Realisation eingetreten ist. Dieses Jahr haben wir unsere Mehrheitsbeteiligung an der Homebuilderfirma Avex Homes, Orlando an Stanley Martin Homes, Virginia, eine Tochtergesellschaft der japanischen Daiwa House verkauft. Wir haben über die nächsten 10 Jahre eine Pipeline von geplanten Teilverkäufen unserer Grossprojekte in Daytona Beach, Nord Tampa und Orlando aufgebaut.

«Statt Liegenschaften aufzuwerten, und damit einen Buchgewinn zu erzielen, sehen wir den Gewinn dann erzielt, wenn er auch durch Realisation eingetreten ist.»

Sie haben das Ziel einer Mindestrendite von 10% auf das Eigenkapital angesprochen. Dieser Satz liegt jetzt sogar bei über 18%. Wie ist das möglich?

Florida ist eine Halbinsel und das Land wird knapper. SitEX hat eine grosse Landbank von Millionen Quadratmeter in Central Florida. In der Covid-Pandemie sind Menschen aus New York, Boston, Philadelphia oder Chicago scharenweise nach Florida gezogen. Mit unserer Politik von laufenden Verkäufen konnten wir vom Boom in Florida profitieren. Als inhabergeführte Immobiliengesellschaft kennen wir das Wort Boni für VRP/VR und CEO auch nicht, da wir ja am Mehrwert der Gesellschaft, den wir mit Einsatz und jahrzehntelanger Erfahrung generieren, profitieren.

SitEX ist unseres Wissens die einzige Immobiliengesellschaft, dessen Aktien man auch öffentlich kaufen und verkaufen kann, welche sowohl in der Schweiz als auch in den USA aktiv ist. Die Kombination der beiden Märkte erlaubt für eine Schweizer Immobiliengesellschaft eine überdurchschnittliche Rendite.

Ein Baugrundstück in North Tampa, das Sie im 2012 gekauft haben, ging jetzt zum 17-fachen Preis an einen neuen Besitzer. Ist das noch gesund?

Wir finden, dass es in Bezug auf Risiken und Chancen am besten ist, Grundstücke dann zu kaufen, wenn sie im Sinne einer «fall back position» auch als landwirtschaftliche Flächen genutzt werden können, mit kleinem Ertrag. Entsprechend tief ist der Preis, wenn man Land für das Weiden von Kühen benutzt. Gelingt es dann, mit Erfahrung und Geschick ein Grossprojekt umzusetzen, können sich die Preise dann natürlich vervielfachen. Das von Ihnen zitierte Beispiel hatte einen Quadratmeterpreis von gut 5 Dollar beim Kauf und nun einen Verkaufspreis von rund 85 Dollar pro m2. Auf dem Grundstück werden nun Häuser und Wohnungen mit einem Durchschnittspreis von rund 300’000 Dollar gebaut werden. Darum denke ich nicht, dass 85 Dollar pro Quadratmeter Land zu teuer sind.

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