Fukushima vor Super-Gau: Krise ohne Management

Fukushima vor Super-Gau: Krise ohne Management

Wertvolle Zeit verstrichen: Ruine des Unglücks-AKW Fukushima.

Unser Kolumnist Artur P. Schmidt, promovierter Wirtschaftskybernetiker, hat eine fundierte Bestandesaufnahme zum Krisenmanagement im havarierten AKW Fukushima im Nordosten Japans vorgenommen und zeigt Szenarien und (noch) mögliche Lösungen auf. Sein Fazit: Sollte es zu grösseren Freisetzungen von Plutionium kommen, könnte die gesamte japanische Inselgruppe für Jahrtausende unbewohnbar werden.

Ist-Situation:

  • Die Lage ist völlig ausser Kontrolle und sehr ernst, es kann zu einem Mega-Tschernobyl kommen.
  • Die Betreiber-Firma Tepco verschweigt das wahre Ausmass und spielt die Katastrophe massiv herunter, um eine Massenpanik zu vermeiden.
  • Tepco hat wertvolle zwei Wochen verstreichen lassen, wo die Strahlung noch gering war, um Vorkehrungen für den Worst Case zu treffen.
  • Tepco gibt den eigenen Arbeitern die Schuld an deren Verstrahlung, während sie in Kamikaze-Einsätzen ihr Leben geben. Dies ist blanker Zynismus.
  • Am Sonntagmorgen, 27.03. wurden um den Faktor 10’000’000 erhöhte Strahlenwerte gemessen. Sollte es hier auch zu grösseren Freisetzungen von Plutionium kommen, könnte die gesamte japanische Inselgruppe für Jahrtausende  unbewohnbar werden. Plutionium hat eine Halbwertszeit von 24’400 Jahren.
  • Das Krisenmanagement wirkt hilflos, konzeptlos, überfordert und unfähig.

Szenario: Super-Gau

  • Den Messwerten von Tepco ist nicht zu trauen, es müssen unabhängige Messungen durchgeführt werden.
  • Der Ausstoss von Plutonium ist als hochkritisch und gefährlich für den gesamten Planeten einzustufen.
  • Die Strahlenbelastung kann das komplette Seewasser rund um Japan verseuchen.
  • Der Schiffsverkehr und die Nahrungsmittelversorgung mit Fisch im Pazifikraum wird massiv beeinträchtigt werden.
  • Dreht der Wind in Richtung Festland, sind erhebliche Verstrahlungen der Bevölkerung im Grossraum Tokio zu erwarten.
  • Evakuierungszone rund um Fukushima muss bis auf 250 km ausgedehnt werden.
  • Bauteile aus Japan, die in die globalen Logistikketten integriert sind, fallen möglicherweise für Monate oder Jahre aus, vor allem wenn diese radioaktiv kontaminiert sind.
  • Die weltweite Produktion könnte massiv davon betroffen sein. Grosse Produktionsausfälle in der Weltwirtschaft wären die Folge.
  • Weitere starke Kursverluste an der Tokioter Börse scheinen unausweichlich.

Lösungsvorschläge

  • Dem Management von Tepco muss sofort die Kontrolle über das Krisenmanagement entzogen werden.
  • Es muss ein Plan B-Szenario für den Worst Case entwickelt werden, der auch eine Massenevakuierung der östlichen Teilen im Grossraum Tokio oder – im allerschlimmsten Fall – der gesamten japanischen Inselgruppe nicht ausschliesst.
  • Gelingt es nicht die Strahlung einzudämmen, muss sofort mit Evakuierungmassnahmen innerhalb einer Sicherheitszone von 250 km im grossen Stil begonnen werden.
  • Die bis anhin weltweit grösste Logisitikoperation steht dann bevor. Evakuierungmassnahmen zu Lande, Wasser und der Luft können nur im Rahmen einer globalen Kraftanstrengung durchgeführt werden.
  • Es muss geprüft werden, wie  es möglich ist die Reaktoren schneller runterzukühlen, um diese anschliessend zu versiegeln. Es müssen effizientere Reaktorkühlmittel als Wasser eingesetzt werden.
  • Auch das Gelände unterhalb des AKWs müsste später versiegelt werden, was erhebliche Opfer unter den Liquidatoren mit sich ziehen wird.
  • Mittelfristig wird man an einer Sarkophagisierung der gesamten Anlage in Fukushima nicht herumkommen.
  • Es muss geprüft werden, welche anderen Atommeiler in Japan wegen Sicherheitsmängeln sofort abgeschaltet werden müssen, ohne einen Totalzusammenbruch des Stromnetzes zu riskieren.
  • Ein internationales erfahrenes Team muss das Krisen-Management in Fukushima übernehmen, um den Planeten zu schützen – es geht längst nicht mehr um Japan alleine.

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Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag erschienen ist, heisst  «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com, www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH. Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.

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