Griechenland: Zeit ist Geld

Griechenland: Zeit ist Geld

Das Sprichwort “Zeit ist Geld” bekommt mit der Griechenland-Krise eine konkrete Dimension. Im Sommer 2014 sah der damalige griechische Ministerpräsident Antonis Samaras die Rettung noch für 10 Milliarden als möglich an, heute berechnen IMF, EU-Kommission und die Europäische Zentralbank rund 86 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre.

Kommentar von Helmuth Fuchs

Die Hoffnung, dass mit diesem Geld die Krise bewältigt werden kann, ist wohl nur genau das: Eine Hoffnung. Die Fakten und die Erfahrungen der letzten Jahre mit der Fähigkeit Griechenlands, seine fundamentalen Probleme bewältigen zu können und zu wollen, zeigen ein anderes Bild.

Europa kauft sich Zeit, strukturelle Fragen zu klären
Europa hat zwar ein kulturhistorisches, politisches und auch militärisches Interesse, Griechenland in der EU zu halten (strategische Lage an der Grenze zu Asien und dem mittleren und nahen Osten), aber kaum mehr ein wirtschaftliches, die Griechen im Euro zu haben. Die fortwährende Neuinterpretation und Verletzung der Spielregeln durch Griechenland macht es fast unmöglich, den Sparkurs gegenüber den südlichen Euro-Ländern wie Portugal, Spanien, Italien und künftig auch Frankreich weiterhin glaubwürdig zu vertreten. Deutschland, aber auch die baltischen Staaten und Länder wie Slowenien sehen kaum eine Notwendigkeit in der Bevorzugung Griechenlands. Noch geringer ist die Unterstützung in den EU-Ländern wie England, Bulgarien oder Rumänien.

Europa braucht Zeit, sich selbst über seine Zukunft einig zu werden (mehr Integration mit gemeinsamer Steuer-, Finanz- Verteidigungs- und Wirtschaftspolitik, oder eine lockere Interessengemeinschaft mit gewissen Handelserleichterungen). Dabei ist Griechenland ein Störfaktor, den man mit genügend finanziellen Mitteln in den kommenden Jahren ruhig stellen möchte, um dringendere Probleme wie dasjenige der Flüchtlingspolitik anzugehen, welches kurzfristig die politische Stabilität der EU mindestens genau so gefährdet wie die Griechenlandkrise.

Griechenland erhandelt sich Zeit, um… ja, was genau zu erreichen?
Der griechische Premier Alexis Tsipras vollführt bis anhin erfolgreich einen Tanz auf dem Vulkan, mit gefühlten tausend Bällen jonglierend. Es muss eine Koalition von links- und rechtsaussen-Parteien zusammenhalten, um seine Entscheide durchzubringen, ein zutiefst enttäuschtes und frustriertes Volk für seine Politik hinter sich scharen, die EU- und Euro-Gremien zwischen Verzweiflung und Wut so weit befriedigen, dass der Geldstrom nicht versiegt. Unklar ist dabei das langfristige Ziel. Will er Griechenland reformieren und in die europäische Wirtschaft integrieren, oder rechnet er mit einem Austritt aus dem Euro und einer intensiveren Verbindung zu China und Russland?

Seine Aussage “ich übernehme die volle Verantwortung dafür, dass ich ein Dokument unterschrieben habe, an das ich nicht glaube” legt schon die Basis dafür, dass in spätestens drei Jahren zusätzliche Hilfen oder der Austritt aus dem Euro anstehen. Dass eine Rückzahlung des Schuldenberges von nahezu 400 Milliarden für Griechenland illusorisch ist, scheint allen Beteiligten klar. Der IWF hat dies auch schon offiziell protokollieren lassen. Sollte Europa in den kommenden drei Jahren seine Zukunft klar definiert und demokratisch legitimiert haben, wird Griechenland ein Randproblem sein. Falls nicht, wird in drei Jahren über noch weitergehende Unterstützung verhandelt werden. Zeit hat einen Preis bekommen.

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