Klimavorhersagen über mehrere Jahre möglich

Klimavorhersagen über mehrere Jahre möglich

Beobachtete und vorhergesagte Temperaturänderungen im Pazifik für die 90iger Jahre. (GEOMAR)

Kiel – Werden die Winter in der Schweiz in den kommenden Jahren eher warm oder kalt ausfallen? Von zuverlässigen Prognosen dieser Art ist man noch weit entfernt. Meeresforscher unter Federführung des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung ist es nun aber erstmals gelungen, Klimaumschwünge im Pazifik erfolgreich nachzubilden. Diese beeinflussen auch die globale Durchschnittstemperatur der Erde. So ist der letzte Umschwung in den 1990iger Jahren einer der Gründe dafür, dass die Erdtemperatur seit 1998 nicht weiter gestiegen ist.

Die Studie, die in der online-Ausgabe in der amerikanischen Fachzeitschrift Journal of Climate erschienen ist, zeigt das Potential für langzeitliche Klimavorhersagen.

Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre
Was sich in den Jahren 1976/77 und 1998/99 im Bereich des Pazifiks ereignete, war so ungewöhnlich, dass Wissenschaftler von abrupten Klimaänderungen sprachen. Gemeint waren eine plötzliche Erwärmung des tropischen Pazifiks Mitte der 1970iger und eine rasche Abkühlung gegen Ende der 1990iger Jahre. Beide Ereignisse haben das Klima weltweit durcheinander gebracht und sind auch klar in der Durchschnittstemperatur der Erde zu sehen. Heute weiss man, dass deren Ursache die Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre ist.

Ist eine erfolgreiche Vorhersage solcher Umschwünge möglich? Dieser Frage gingen Wissenschaftler unter Federführung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel nach. Mit einem gekoppelten Modell des Ozeans und der Atmosphäre gelang es ihnen, diese Ereignisse erfolgreich nachzubilden.

Schwankungen der Strömungen bringen Ordnung ins Wetterchaos
„In unserem Klimasystem spielt der Ozean eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn es um Schwankungen über mehrere Jahre oder Jahrzehnte geht“, erläutert Mojib Latif, Co-Autor der Studie. „Die Chancen, solche Schwankungen korrekt vorherzusagen, sind weitaus grösser als das Wetter der nächsten Wochen zu prognostizieren, weil das Klima weit weniger chaotisch ist, als die sich rasch ändernden Wetterlagen“, so Latif weiter. Der Grund liegt in den langsamen Änderungen der Meeresströmungen, die Grössen wie Lufttemperatur und Niederschlag, also das Klima beeinflussen. „Die Schwankungen der Strömungen bringen Ordnung ins Wetterchaos“.

Wesentliche Prozesse identifiziert
Die Forscher verwendeten ein Klimamodell, ein sogenanntes gekoppeltes Ozean-Atmosphäre Modell, in das sie die gemessenen Winddaten der letzten Jahrzehnte einspeisten. Für die beiden abrupten Änderungen während der 1970iger und 1990iger Jahre rechneten sie Vorhersagen, die einige Monate vor Beginn der beobachteten Klimaverschiebungen begannen. Das Mittel über alle Vorhersagen zeigt für beide abrupten Änderungen eine gute Übereinstimmung mit dem beobachteten Klimaverlauf im pazifischen Raum. „Die Winde ändern die Meeresströmungen und diese beeinflussen das Klima. In unserer Studie ist es uns gelungen, die für die beiden abrupten Klimaänderungen wesentlichen Prozesse zu identifizieren und realistisch nachzubilden“, so Prof. Latif.

„Damit sind wir ein gutes Stück in Sachen Kurzfristklimavorhersage weiter gekommen, insbesondere was die Entwicklung der globalen Erwärmung anbelangt. Von der zuverlässigen Beantwortung der Frage, ob die nächsten Winter in unserer Region  eher warm oder kalt ausfallen werden, sind wir allerdings noch weit entfernt. Da liegt die Verlässlichkeit von Vorhersagen noch bei etwa 50%, was bedeutet, dass man auch eine Münze werfen kann“, dämpft Latif allzu grossen Optimismus hinsichtlich regionaler Kurzfristklimavorhersagen. (GEOMAR/mc/pg)

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