Minergie: Planungswerte und Energieverbrauchswerte divergieren
(Foto: Minergie/Flickr)
Bern – Das Bundesamt für Energie BFE hat erstmals eine breit angelegte Erfolgskontrolle zum Bauen mit Minergie und gesetzlichen Baustandards durch. Die nun vorliegende Studie ermittelte den tatsächlichen Energieverbrauch von rund 200 unterschiedlichen Gebäuden. Ergebnis: Die Planungswerte stimmen nur teilweise mit den Energieverbrauchswerten in der Praxis überein. Besonders auffällig ist diese Diskrepanz bei neuen oder umgebauten Mehrfamilienhäusern. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Ziel der BFE-Studie war es zu prüfen, inwiefern die Planungswerte mit den tatsächlichen, gemessenen Energieverbrauchswerten übereinstimmen. Untersucht wurde der jährliche Energieverbrauch im Verhältnis zur Energiebezugsfläche von 214 Objekten, die nach Minergie, Minergie A und Minergie P oder gesetzlichen Baustandards gebaut oder saniert wurden. Die Planungswerte wurden bei Einfamilienhäusern und Umbauten, je nach Gebäudekategorie und Standard, im Betrieb unterschiedlich gut eingehalten. Mehrheitlich nicht eingehalten wurden sie bei neuen und umgebauten Mehrfamilienhäusern.
Funktions- und Einstellungsprobleme sowie ein tiefer Wirkungsgrad der Heizung als mögliche Ursachen
Als mögliche Gründe für die zahlreichen Überschreitungen der Planungswerte werden von den Studienautoren Funktions- und Einstellungsprobleme sowie ein tiefer Wirkungsgrad der Heizung genannt. In einzelnen Gebäude wurde hingegen weniger Energie verbraucht als die Planungswerte vorsahen. Die grossen Abweichungen der Planungswerte von tatsächlichen Energieverbrauch sind somit auch stark auf das Verhalten der Gebäudenutzer zurückzuführen.
Zufriedene Bauherren
Die Studie untersuchte zudem qualitative Aspekte von Minergie: Die Zufriedenheit der Bauherrschaften, die nach Minergie bauen, ist gross, wie eine Online-Umfrage bei Architekten und Bauherrschaften zeigt. Knapp vier von fünf Bauherrschaften würden auch heute wieder nach dem gleichen Minergie-Standard bauen. Laut der Umfrage dient das Qualitätslabel Minergie als Verkaufsargument. Gespräche mit 50 Experten haben allerdings gezeigt, dass Minergie-Gebäudestandards an Vorsprung eingebüsst haben, weil auch beim konventionellen Bauen technologische Fortschritte erzielt wurden – nicht zuletzt dank Minergie.
Nutzende von Minergie-Liegenschaften zeigten sich in einer weiteren Online-Umfrage als zufrieden, was Schallschutz, Schutz vor Zugluft und Schutz vor Kochgerüchen betrifft, aber empfanden die Luft in ihren Räumen im Winter häufig als zu trocken. Das Zusammenspiel von Energieeffizienz und Nutzerbedürfnissen ist noch genauer zu analysieren.
Aufgrund der Resultate will EnergieSchweiz gemeinsam mit der dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA), den Gebäudetechnikverbänden und weiteren Marktakteuren den Bereich Betriebsoptimierung weiterentwickeln und unterstützen. (BFE/mc/pg)