Patrik Stillhart, CEO Zug Estates, im Interview

Patrik Stillhart, CEO Zug Estates, im Interview
Patrik Stillhart, CEO ZugEstates. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Stillhart, Zug Estates hat 2020 unter anderem wegen des Wegfalls von Sondereffekten einen deutlichen tieferen Gewinn erzielt, die Erträge im Immobilienbereich aber weiter gesteigert. Welche generelle Bilanz ziehen hinsichtlich des Geschäftsjahrs 2020?

Patrick Stillhartt: Das Geschäftsjahr 2020 war bedingt durch die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie ein herausforderndes Jahr. Im Immobilienbereich waren zahlreiche unserer Mieter direkt vom Lockdown betroffen und die Aktivität im Büroflächenmarkt hat spürbar nachgelassen. Insgesamt hat sich das Portfolio dank der sehr guten Lagen und der breiten Nutzungsdiversifikation aber als sehr robust erwiesen. Stark gespürt haben wir die Auswirkungen in unserem Bereich Hotel & Gastronomie, wo das Erliegen des internationalen Geschäftsreiseverkehrs zu deutlichen Umsatzeinbussen geführt hat.

Der Liegenschaftsertrag stieg um 6,1 Prozent auf 57,8 Mio. Franken. Welche Faktoren wirkten sich hier positiv aus?

Die Steigerung des Liegenschaftenertrags ist zu einem wesentlichen Teil zurückzuführen auf die volle Periodenwirksamkeit von Mietverträgen von Liegenschaften, welche im Verlauf von 2019 neu ins Portfolio gekommen sind oder neu vermietet wurden. Gleichzeitig konnten einzelne zusätzliche Mietverträge abgeschlossen werden.

Sie schreiben im Geschäftsbericht, man habe eine rasche Lösung mit den kommerziellen Mietern im ersten Lockdown erzielt. Wie hat diese ausgesehen? Und besteht ein gleicher Ansatz im Zusammenhang mit dem zweiten Shutdown?

Um die Geschäftsmieter in dieser schwierigen Phase zu unterstützen und langfristig weiterhin einen ausgewogenen Mietermix anbieten zu können, haben wir im ersten Lockdown allen direkt betroffenen Retail- und Gastromietern eine Mietzinsreduktion von mindestens 50 Prozent für die Zeitspanne der staatlich verordneten Schliessung angeboten. Kleinere Mieter erhielten bis zu 80 Prozent.

Der zweite Lockdown stellt für die Mieter nun wiederum eine grosse Herausforderung dar. Gleichzeitig unterscheidet sich die Situation jedoch vom ersten Lockdown. Die Sicherstellung der Liquidität steht bei den meisten unserer Mieter nicht mehr im Vordergrund, teilweise konnten zumindest Teile des Sortiments noch angeboten werden und seitens Bund und Kantone sind Härtefallprogramme aufgegleist, welche auch A-Fonds-perdu-Beiträge vorsehen. Wir werden nun den weiteren Verlauf, insbesondere in Bezug auf die Umsatzentwicklung nach Wiedereröffnung, die Dauer des Lockdowns im Gastrobereich sowie den Umfang der Härtefallmassnahmen, genau beobachten und die Situation im engen Austausch mit unseren Mietern analysieren.

«Der zweite Lockdown stellt für die Mieter nun wiederum eine grosse Herausforderung dar. Gleichzeitig unterscheidet sich die Situation jedoch vom ersten Lockdown.»
Patrik Stillhart, CEO Zug Estates

Im vergangenen Jahr wurden die letzten 49 der insgesamt 85 Stockwerk-Eigentumswohnungen im Projekt Aglaya verkauft. Der Ertrag belief sich auf 72,5 Mio, der Promotionsgewinn vor Steuern auf 9,5 Mio. Franken. Wie hoch war die Rendite auf die Investitionen?

Insgesamt haben wir einen Betrag von CHF 100.6 Mio. in das Gartenhochhaus Aglaya investiert und einen Promotionsgewinn vor Steuern von CHF 17.4 Mio. erzielt. Die Rendite auf dem Investitionsvolumen vor Steuern betrug damit 17.3%.

Durch die Fertigstellung des Gebäudes S6 auf dem Suurstoffi-Areal in Rotkreuz sind per Mitte 2020 4900 m2 Büroflächen neu ins Portfolio gekommen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Büroflächen rückläufig. Denken Sie nicht, dass viele Unternehmen im Nachgang zu Corona und Home-Office ihre Arbeitsmodelle überdenken werden?

Die Covid-19 Pandemie hat die Verbreitung von Home-Office massiv beschleunigt und gezeigt, dass die technischen Mittel es heute erlauben, von zu Hause aus effizient zu arbeiten und auch Besprechungen digital durchzuführen. Gleichzeitig zeigen sich mit zunehmender Dauer der Pandemie aber auch die Nachteile. Es ist eine Herausforderung, ohne direkten Austausch die Kreativität und Innovationskraft innerhalb der Unternehmen hochzuhalten und die Unternehmenskultur aktiv zu pflegen.
Die Unternehmen werden im Nachgang zur Covid-19 Pandemie ihre Arbeitsmodelle und Arbeitsplatzkonzepte überdenken. Tendenziell werden die kollaborativen Flächen an Bedeutung gewinnen und die reinen Büroarbeitsplatzflächen weniger wichtig werden.

Der Einfluss auf die Büroflächennachfrage als Gesamtes ist jedoch schwer abschätzbar und wird auch massgeblich von der weiteren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Sehr gut gelegene, attraktive Flächen werden für die Unternehmen nach wie vor sehr wichtig sein zur Sicherstellung des Austauschs unter den Mitarbeitenden und zur Pflege der Unternehmenskultur. Aufgrund der Lage und Qualität unserer Liegenschaften sind wir davon überzeugt, dass diese auch zukünftig eine gute Nachfrage generieren werden.

«Der Einfluss auf die Büroflächennachfrage als Gesamtes ist schwer abschätzbar und wird auch massgeblich von der weiteren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängen.»

Das Hotelgeschäft und die Gastronomie litten bei Zug Estates wie im Rest der Schweiz besonders unter den Folgen der Pandemie. Wie hoch waren die Einbussen und welche Massnahmen wurden getroffen?

Der Umsatz in unserem Bereich Hotel & Gastronomie ist von CHF 17.2 Mio. um rund CHF 10 Mio. auf CHF 7.4 Mio. zurückgegangen. Dieser starke Umsatzrückgang ist wie erwähnt auf das Erliegen des internationalen Geschäftsreiseverkehrs zurückzuführen, welcher der Grossteil der Gäste im Zuger Hotelmarkt ausmacht. Mit gezielten Marketingmassnahmen wurden in den Sommermonaten nationale Gäste angesprochen, um zumindest einen Teil des Ausfalls auffangen zu können. Gleichzeitig wurden die Kosten durch Optimierung der Betriebsabläufe reduziert und auch die Möglichkeit der Kurzarbeit aktiv genutzt.

Auf dem Suurstoffi-Areal stehen nach Abschluss des Baufelds 1 noch die letzten beiden Gebäude mit einer Mietfläche von 18’000 m2 vor der Realisierung. Wie sieht der Zeitplan für die weitere Projektentwicklung aus?

Zurzeit wird das Bauprojekt für die beiden Gebäude erarbeitet und bis Mitte 2021 fertiggestellt. Die Realisierung kann in zwei Etappen erfolgen und wird nachfragegerecht nach Erreichung einer entsprechenden Vorvermietungsquote ausgelöst.

Das Suurstoffi-Projekt hat bereits jetzt technologische und innovative Massstäbe gesetzt. Glauben Sie, dass sich diese auch auf andere Bauvorhaben in der Schweiz auswirken?

In Bezug auf Nachhaltigkeit haben wir bei der Suurstoffi in vielerlei Hinsicht Massstäbe gesetzt. Der Strategie Zero-Zero folgend haben wir ein Areal realisiert, das bereits heute CO2-frei betrieben werden kann und auf dem ein Grossteil der Energie selbst erzeugt wird. Gleichzeitig haben wir im Bereich Materialien mit der ersten Holzbausiedlung und dem ersten sowie dem nach wie vor höchsten Holzhochhaus Massstäbe gesetzt. Mit der Zertifizierung des gesamten Areals durch Natur & Wirtschaft wurde auch bei der Biodiversität ein wichtiger Meilenstein erreicht.

Es ist schön zu sehen, dass das Thema Nachhaltigkeit nun bei den Investoren auf verstärktes Interesse stösst und auch andere Entwickler und Bestandeshalter nachhaltige Projekte vorantreiben. Zug Estates legt seit mehr als zehn Jahren sehr grossen Wert auf eine nachhaltige Entwicklung und hat mit der Suurstoffi gezeigt, dass auch hohe Ambitionen im Bereich Nachhaltigkeit erreichbar sind.

«Es ist schön zu sehen, dass das Thema Nachhaltigkeit nun bei den Investoren auf verstärktes Interesse stösst und auch andere Entwickler und Bestandeshalter nachhaltige Projekte vorantreiben.»

Und wie sieht der Zeitplan bei der Entwicklung des Projekts Metalli aus?

Wir haben im Herbst 2020 die Anträge zur Anpassung der Bebauungspläne Metalli und Bergli bei der Stadt Zug eingereicht. Diese basieren auf dem Richtprojekt, welches aus dem gemeinsam mit der Stadt Zug durchgeführten städtebaulichen Verfahren hervorgegangen ist. Wir haben unser Bauvorhaben von Beginn weg über eine Mitwirkung durch die Zuger Bevölkerung umgesetzt. Bereits in die Aufgabenstellung des qualitätssichernden Konkurrenzverfahrens (QKV) fanden Anregungen, Wünsche und Befindlichkeiten von über tausend Interessierten Eingang. Die bewilligten Bebauungspläne werden 2022/2023 erwartet. Gleichzeitig treiben wir aktuell die Positionierungsüberlegungen für die Metalli der Zukunft weiter voran und bereiten die Architekturwettbewerbe vor.

Suurstoffi und Metalli sind die beiden grossen Entwicklungsprojekte von Zug Estates. Was kommt danach?

Beim Suurstoffi Areal steht lediglich noch ein letztes Baufeld vor der Realisierung, das Projekt Lebensraum Metalli wird uns hingegen noch die nächsten rund zehn Jahre stark beschäftigen. Ziel des Projektes «Lebensraum Metalli» ist eine massvolle Weiterentwicklung des Bestandes. Bewährtes soll erhalten und gleichzeitig auch viel Raum für Neues geschaffen werden. Es handelt sich um ein sehr umfangreiches Projekt, welches in mehreren Etappen realisiert werden wird.

Zug Estates ist darüber hinaus offen, das Immobilienportfolio und die Projektpipeline auch über Zukäufe zu erweitern. Im Vordergrund stehen dabei Areale in der Deutschschweiz, vorwiegend auf der Achse Zürich-Zug-Luzern, mit einem langfristig intakten Nachfragepotenzial. Angestrebt werden Areale, auf denen eine durchmischte Nutzung realisiert werden kann und die auch in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung entsprechende Potenziale aufweisen.

Die Gruppe verfolgt das Ziel, ihr gesamtes Immobilienportfolio CO2-frei betreiben zu können. Wie nahe sind Sie diesem Ziel zum aktuellen Zeitpunkt?

Mit dem im letzten Jahr erfolgten Anschluss des Metalli-Gevierts in Zug an den Seewasserverbund Circulago ist der CO2-freie Betrieb des gesamten Portfolios in Griffnähe gerückt. Neun weitere Gebäude werden 2021 an den Seewasserverbund angeschlossen. Der Anschluss der weiteren Liegenschaften soll etappiert bis spätestens 2025 erfolgen, so dass zu diesem Zeitpunkt das gesamte Portfolio der Zug Estates CO2-frei betrieben werden kann.

Letzte Frage: Welche Lehren lassen sich nach über einem Jahr aus der Pandemie ziehen? Einerseits für Ihr Unternehmen, andererseits für Sie persönlich?

Die Pandemie hat uns einmal mehr aufgezeigt, wie schnell und unerwartet sich das Marktumfeld ändern kann und wie wichtig entsprechend robuste, breit abgestützte Geschäftsmodelle und auch eine starke Bilanz sind.
Gleichzeitig hat es mich persönlich darin bestätigt, wie wichtig eine aktive und offene Kommunikation mit allen Stakeholdern ist. Ein enger Austausch mit den Mitarbeitenden, Kunden, Behörden sowie weiteren Interessensgruppen ist insbesondere in Zeiten erhöhter Unsicherheit elementar, um schnell und adäquat auf sich stellende Herausforderungen und Marktveränderungen reagieren zu können.

Herr Stillhart, wir bedanken uns für das Interview.

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