Robert Beer, Managing Director Austria & Switzerland Allthings, im Interview

Robert Beer, Managing Director Austria & Switzerland Allthings, im Interview
Robert Beer, Managing Director Austria & Switzerland Allthings. (Foto: Allthings)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Beer, über die Allthings Plattform erhalten Gebäudenutzer via eine App Zugang zu digitalen Diensten. Mit verschiedenen Applikationen wird die digitale Interaktion zwischen Mietenden, Eigentümern sowie Verwaltungen verbessert. Wie profitieren die einzelnen Parteien?

Robert Beer: Die Allthings Plattform wurde für genau diese drei Zielgruppen entworfen und verfügt über entsprechende Kernkomponenten, die speziell für Mieter, Asset Manager und Verwalter designt sind.

Die Mieter erhalten über die Service-App direkten Zugang zur Hausverwaltung und können ihre Anliegen rund um die Uhr per Ticketsystem melden. Eine Pinnwand sowie ein Markt- und Leihplatz ermöglichen den direkten Austausch mit der Nachbarschaft. Die Einbindung verschiedener Services wie Reinigung, oder Handwerkerdienste, erleichtern den Alltag.

Die Property Manager können alle eingegangenen Tickets über das Allthings Cockpit, die zentrale Oberfläche für die Verwaltung, sehen und bearbeiten. Gleichzeitig können Informationen mit einem Klick an alle Mieter gepostet werden. Damit verbessern wir die Prozesseffizienz und bringen die Kommunikation ins digitale Zeitalter.

Und für Asset Manager liefert die Allthings Platform Analytics (APA) in Form von übersichtlich aufbereiteten Dashboards Aufschluss über das tägliche Geschehen im Objekt. Eigentümer können detailliert nachvollziehen, was im Gebäude passiert, wie es zu Leerständen kommt und wie Angebote für Mieter optimiert werden können. Das bietet eine gute Grundlage, um Potenziale zur Wertsteigerung zu entdecken und zu ergreifen.

Wie hoch ist der Anteil der Prozesse, die sich im Immobilienmanagement automatisieren lassen?

Grundsätzlich können alle Prozesse, die sich standardisieren lassen, im nächsten Schritt auch automatisiert werden. Im Property Management liegt der Anteil sicher bei 80 %. Einen Termin mit dem Handwerker zu vereinbaren oder einen Schlüssel nachzumachen – das kann bereits heute über klar definierte Prozesse automatisch ablaufen.

Nimmt man das Beispiel ‚Meldung eines Schadenfalls’, kann, laut einer Deloitte-Studie ein Unternehmen mit rund 30.000 Wohnungen durch die Nutzung einer Mieter-App erhebliche Zeiteinsparungen realisieren. Der Mieter meldet den Schaden ganz einfach über die App und kann gleich ein paar aussagekräftige Fotos anhängen. So hat die Hausverwaltung die Möglichkeit ggf. direkt einen geeigneten Handwerker zu beauftragen. Gleichzeitig kann die dazugehörige Kommunikation wie beispielsweise Terminvereinbarung über die App abgewickelt werden. In Summe können so, bei rund 25.000 gemeldeten Schadensfällen pro Jahr, 60 Minuten pro Schadensfall oder 2.500 Arbeitstage eingespart werden. Für den Mieter wiederum wird der gesamte Prozess vereinfacht, das Servicelevel steigt. Gleichzeitig gewinnen die Property Manager Zeit, um sich um Dinge zu kümmern, die sich nicht automatisieren lassen.

«Im Property Management liegt der Anteil der Prozesse, die sich automatisieren lassen, sicher bei 80%.»
Robert Beer, Managing Director Austria & Switzerland Allthings

Allthings macht damit den bewährten Hauswart oder die Hausverwaltung also zu einem guten Teil überflüssig?

Nein. Überflüssig wird die Hausverwaltung nicht. Aber die Aufgaben, Berufsbilder und Prozesse werden sich verändern. Durch steigende Prozesseffizienz und Automatisierung muss künftig weniger Zeit mit gleichartigen, repetitiven Aufgaben verbracht werden. Mehr Zeit wird frei, um sich einem aktiven Mieterbeziehungs- und Service-Management zu widmen. Mieterzentriertes Denken, das heisst der Mieter und dessen Zufriedenheit, rückt in den Vordergrund.

Lassen Sie uns ein konkretes Beispiel ansehen: Einer Ihrer grössten Kunden in der Schweiz ist die Credit Suisse. Zu Jahresbeginn wurde die sogenannte Living Services App für rund 4500 Mieter lanciert. Jetzt kommen nochmals 7000 Wohnungen dazu. Welche Services bieten sich den Mietern damit, welchen Nutzen zieht CS Asset Management daraus?

Über die ‚Living Services’ App können die Mieter auf eine Vielzahl von Services zugreifen. Neben den bereits genannten Standard-Funktionen der Allthings Plattform – wie ein Service Center, eine Pinnwand und ein Markt-und Leihplatz – können die Mieter weitere Services wie z.B. ein Reinigungsservice, Wäscheservice oder eine Ferienbetreuung direkt über die App buchen und bezahlen. Das erhöht die Mieterzufriedenheit.

Für das Global Real Estate der Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG passt die mieterzentrierte Service-App zu der Digitalisierungsstrategie. Prozesse und die Kommunikation zwischen Mieter und Verwaltung werden digitalisiert und optimiert, gleichzeitig kann das Servicelevel für die Mieter auf unterschiedlichen Ebenen erhöht werden. Ein weiterer Grund, warum sich das CS Asset Management für den Ausbau unserer Zusammenarbeit entschieden hat, ist der modulare Aufbau der Allthings Plattform. Die App kann beliebig um Service-Module erweitert werden und wächst entsprechend der Bedürfnisse der Mieter und Asset Manager mit.

Welches sind die besten Anwendungsmöglichkeiten bei Büro- oder Gewerbeimmobilien?

Für den Bereich Büro- und Gewerbeimmobilien haben wir eigene Editionen der Allthings Plattform. Hier bündeln sich alle Funktionen und Services, die für kommerzielle Gebäude wie Business Parks, Bürogebäude oder Co-Working Spaces entscheidend sind.

Diese kommen beispielsweise bei den Campus-Immobilien von Investa Real Estate zum Einsatz. Alle Services, die in dem Gewerbe-Campus angeboten werden – wie etwa eine Konferenz- und Co-Working Facility, eine Pack-Station sowie umliegende Gastro- und Fitnessangebote und Kinderbetreuung – sind über die Allthings App zugänglich und buchbar. Gleichzeitig können sich die einzelnen Parteien über die Pinnwand gebäudeübergreifend austauschen und bekommen Antworten auf gebäuderelevante Fragen über einen integrierten Service Point. Dank des modularen Aufbaus der Allthings Plattform können wir flexibel auf die Anforderungen und Wünsche der Gebäudenutzer und Betreiber eingehen.

«Unsere Mission ist das Leben und Arbeiten in Gebäuden zu verbessern.» 

Allthings wurde von Beginn weg als offene Plattform entwickelt und ist darauf ausgelegt, sich mit anderen Systemen zu verbinden. Welche Anwendungen sind Allthings dabei besonders wichtig?

Unsere Mission ist das Leben und Arbeiten in Gebäuden zu verbessern. Dementsprechend ist es uns wichtig, Anwendungen anzubieten, die den Gebäudenutzern einen Mehrwert bringen. Dabei denken wir entlang der gesamten Mieter-Journey. Beispiele für integrierte Anwendungen sind: der schlüssellose Zugang zum Gebäude über KIWI.KI, das Ablesen des individuellen Energieverbrauchs über das eSmart-Modul oder der Umzugsservice von MOVU. Hierzu holen wir uns regelmässig Feedback von unseren Kunden und den Gebäudenutzern ein. Wünsche für weitere Module integrieren wir gerne.

Bahnbrechend und Startschuss der mittlerweile umfangreichen Zusammenarbeit mit Losinger Marazzi war der Auftrag für das 2000-Watt-Areal Erlenmatt-West in Basel. Welche Bedeutung kann die Allthings-Plattform bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen haben?

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema und Allthings hilft Immobilieneigentümern hier auf mehrfache Weise, mitunter bei der Zertifizierung. Mieter können bei Einbau der entsprechenden Funktion ihre aktuellen und individuellen Energieverbrauchsdaten direkt über die App einsehen. Das Bewusstsein über die eigene Energienutzung, die Kosten und die damit verbundenen Umweltauswirkungen wird geschärft.

Gleichzeitig wird das Konzept der ‚Sharing Economy’ innerhalb der App aufgegriffen. Über einen Leihplatz können Ressourcen mit der Nachbarschaft bzw. mit den Kollegen geteilt werden. Im gewerblichen Kontext geht der Trend hin zu Shared Offices. Dort teilen sich dann bspw. 2,5 Mitarbeiter einen Arbeitsplatz, was zu einer 60% höheren Ressourceneffizienz führt.

«Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema und Allthings hilft Immobilieneigentümern hier auf mehrfache Weise.»

Nach anfänglichem Zögern nimmt die PropTech-Industrie richtig Fahrt auf. Wo sehen Sie generell die grössten Herausforderungen für Immobilienfirmen bei der Digitalisierung?

Digitalisierung bedeutet Veränderung. Neue Prozesse müssen eingeführt, Mitarbeiter abgeholt und Strategien umgestellt werden. Da ist es wichtig, dass alle Beteiligten mit im Boot sind und Ängste, die Teil jeglicher Veränderungsprozesse sind, offen adressiert werden. Change Management ist also eine der grossen Herausforderung in puncto Digitalisierung.

Gleichzeitig kommen immer mehr Lösungen auf den Markt. Da fällt die Entscheidung schwer. Welche Lösung ist die richtige, welche Lösung ist verlässlich und ist auch noch in den nächsten Jahren auf dem Markt? Da ist es wichtig neben der eigenen Strategie den Markt gut zu kennen, verschiedene Lösungen zu vergleichen und Partner zu wählen, die auf eine gewisse Erfahrung zurückblicken.

Bei der Wahl der Top 100 Startups der Schweiz belegte Allthings den 11. Rang und befand sich dabei hinsichtlich Proptech allein auf weiter Flur, obwohl «PropTech News» mittlerweile 166 Unternehmen in der Schweiz listet. Was macht Allthings besser als die Konkurrenz?

Zwei Dinge, die Allthings auszeichnen, sind das Team und das Produkt. Unser Managementteam blickt auf jahrelange Erfahrung zurück. Wir haben bereits vor Allthings Unternehmen geführt, gegründet und erfolgreich aufgebaut. Gleichzeitig zählen wir gestandene Experten aus der Immobilienbranche zu unseren Investoren und Business Angels.

Unser Produkt ist modular aufgebaut und bündelt gleich eine Vielzahl digitaler Funktionen und Services. Wir können unseren Kunden schnell eine erste Applikation zur Verfügung stellen, die dann mit Erfahrung, neuen Anforderungen und entlang der Digitalisierungsstrategie mitwachsen kann. Diese Kombination ist einzigartig im Markt.

Das Marktpotenzial ist schon in der Schweiz riesig, geschweige denn europa- oder weltweit. Wie präsentiert sich Ihre Expansionsstrategie?

Das Marktpotenzial in der Schweiz ist in der Tat riesig, hier beschäftigen wir uns gerade mit der Marktdurchdringung. In Deutschland und Frankreich haben wir ebenfalls festen Fuss gefasst. Weiterhin expandieren wir aktuell in die Niederlande und nach UK. Es geht also mit einem guten Tempo voran.

Im Juli konnte Allthings eine Series A-Finanzierung mit 13,7 Mio Franken abschliessen. Wird das Kapital in erster Linie für die Expansion eingesetzt?

Das Geld verwenden wir für die Expansion, aber auch für den Produktausbau. Beispielsweise haben wir vor kurzem die Allthings Platform Analytics (APA) gelauncht. Damit können Immobilieneigentümer genau sehen, was in ihren Gebäuden vorgeht, erkennen wie Leerstände zustande kommen und können das Servicelevel entsprechend erhöhen. Das Wachstum unseres Unternehmens und die kontinuierliche Optimierung unseres Produktes stehen beide bei uns an oberster Stelle.

Herr Beer, wir bedanken uns für das Interview.

Zur Person:
Robert Beer ist seit Dezember 2016 Managing Director Schweiz & Österreich von Allthings. Er hat über 15 Jahre Erfahrung beim erfolgreichen Marktaufbau von digitalen Plattformen, wie z.B. Xing, Cityguide, Ticketcorner oder Wer liefert was. Weitere Informationen (LinkedIn) 

Zum Unternehmen:

Allthings verwandelt Gebäude in digitale Produkte. Über die Allthings Plattform erhalten Gebäudenutzer Zugang zu digitalen Diensten, die den Alltag erleichtern, Menschen verbinden und die Kommunikation verbessern. Immobilieneigentümer profitieren von einer nie dagewesenen Transparenz in Gebäuden, Quartieren und ganzen Portfolios. Dank des modularen und offenen Aufbaus der Allthings Plattform können Dienste von Dritten wie in einem App Store für Gebäude beliebig eingebunden werden.

Das Unternehmen wurde 2013 als Spin-Off der ETH Zürich in Basel gegründet und hat Standorte in Basel, Berlin, Frankfurt am Main und Freiburg im Breisgau. Das 60-köpfige Team hat das Ziel, das Leben in Gebäuden nachhaltig zu verbessern. Als digitaler Vorreiter der Branche wurde Allthings mit zahlreichen Preisen ausgestattet und zählt einige der grössten Immobilienunternehmen Europas zu seinen Kunden.

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