Udo Rössig, CEO Swiss Estates, im Interview

Udo Rössig, CEO Swiss Estates, im Interview
Udo Rössig, CEO und VRP der Swiss Estates AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Rössig, Ihre Immobiliengesellschaft besitzt laut letztem Halbjahresbericht Objekte in den Kantonen Zürich, Bern, Thurgau, Waadt und Solothurn. Die Hälfte des Verkehrswertes von rund 160 Millionen konzentriert sich in Zürich. Findet man in Zürich überhaupt noch vernünftige Objekte?

Udo Rössig: Derzeit finden Investments, wenn überhaupt, eher in nicht urbanen Gebieten, sondern in den Agglomerationen statt, weil das aktuelle Angebot in den Städten relativ gering und mehrheitlich eher hochpreisig ausfällt. Es besteht jedoch durchaus die Möglichkeit, dass sich das Angebot zukünftig verbessern könnte, weil einerseits doch relativ viel, speziell in der Stadt Zürich, gebaut wird. 2022 wurden gemäss dem Präsidialdepartement der Stadt Zürich Bauprojekte mit einem Volumen von 1.9 Milliarden bewilligt, was auf eine massive Bautätigkeit hindeutet. Andererseits könnten neue Situationen im Zusammenhang mit der absehbaren Zinsentwicklung zukünftig dazu führen, dass man wieder in Erwägung ziehen kann Objekte in der Stadt Zürich und anderen grösseren Städten der Schweiz zuzukaufen. Aktuell gilt jedoch, dass es nur sehr wenige Angebote in den Städten gibt, die sich wirtschaftlich betrachtet rechnen.

«2022 wurden gemäss dem Präsidialdepartement der Stadt Zürich Bauprojekte mit einem Volumen von 1.9 Milliarden Franken bewilligt, was auf eine massive Bautätigkeit hindeutet.»
Udo Rössig, CEO Swiss Estates

Andererseits haben Sie auch sehr ländliche Objekte, wie jenes im bernischen Krauchthal. Ist das ein historischer Zufall?

Swiss Estates hat in der Vergangenheit mehrfach ganze Immobilienpakete erworben. Dabei waren regelmässig auch Immobilien in den Paketen, die nicht so ganz in die Strategie passten, aber in einer Gesamtbetrachtung kein Hindernis für die Akquisition des gesamten Immobilienpakets darstellten.

Die meisten Objekte besitzt Swiss Estates im Kanton Bern. Warum nicht in der Hauptstadt?

Die Stadt Bern ist als Immobilienstandort äusserst attraktiv, analog zu Basel, Genf, Lausanne, Luzern, St. Gallen oder Zürich. Diese Attraktivität führt in der Konsequenz zu eher hohen Immobilienpreisen, was einem Erwerb von Liegenschaften in der Stadt Bern bisher im Weg stand.

Gibt es bei weiterem Wachstum der Swiss Estates eine geographische Beschränkung? Im letzten Jahr haben Sie ja drei neu erstellte Mehrfamilienhäuser mit 39 Wohnungen im Kanton St. Gallen übernommen.

Zunächst gilt die geografische Beschränkung auf die gesamte Schweiz. Aus verschiedenen Gründen haben wir aber bisher auf den Erwerb von Immobilien im Tessin, in Graubünden, im Wallis und im Kanton Jura verzichtet. Was den neuen Standort im Kanton St. Gallen betrifft, haben wir uns vor allem mit Hinblick auf die Nähe zu Liechtenstein und die dortigen Arbeitsmöglichkeiten für diese Liegenschaften entschieden. Damit will ich sagen, dass die Standortauswahl nicht nur nach geographischen Kriterien erfolgt.

Mit dem Zukauf der Neubauten im St. Gallischen erhöht sich der Immobilienbestand auf rund 185 Millionen Schweizer Franken. Welche jährlichen Neuerwerbsquoten haben Sie im Sinn?

Die Bewertung per Ende Dezember 2022 durch unsere Verkehrswertschätzer hat einen gesamten Portfoliowert von etwa 188 Millionen Franken ergeben. Wir gehen davon aus, im laufenden Jahr nochmals um etwa 20 bis 30 Millionen wachsen zu können, was dann einen Bestand von mehr als 200 Millionen Franken ergeben würde. Als ideale Zielgrösse für eine mittelgrosse Unternehmung wie uns betrachten wir einen Bestand an Liegenschaften von 400 bis 500 Millionen Franken. Dieses Ziel möchten wir in den nächsten fünf bis sieben Jahren erreichen.

«Als ideale Zielgrösse für eine mittelgrosse Unternehmung wie uns betrachten wir einen Bestand an Liegenschaften von 400 bis 500 Millionen Franken. Dieses Ziel möchten wir in den nächsten fünf bis sieben Jahren erreichen.»

Gibt es irgendwelche Neuigkeiten zum Zwist mit der Altra Foundation?

Naturgemäss äussern wir uns nicht zu laufenden Prozessen. Es kann hier nur gesagt werden, dass der Disput beim Bundesgericht liegt. Wann die Entscheidung des Bundesgerichts erfolgt wissen wir nicht; die notwendigen Rückstellungen wurden gebildet.

Gilt bei Ihnen für Zukäufe eine Mindestobjektgrösse?

Diese Richtgrösse ist nach wie vor existent. Sie kann aber im Rahmen einer Akquisition von Immobilienpaketen teilweise, das heisst in der Zusammensetzung eines solchen Pakets, durchaus auch unterschritten werden. Generell gilt, dass der Aufwand bei der Akquisition von kleineren Einheiten ähnlich hoch ist, wie bei grösseren Liegenschaften, aber die Anzahl der Wettbewerber bei grösseren Engagements deutlich geringer ist, da private Investoren kleinere Liegenschaften als Investment bevorzugen. Aufgrund dieser Tatsache rechnen wir zukünftig eher grössere Immobilien zu akquirieren.

Ist auch gemischte Nutzung ein Thema?

Wir haben auch bisher Liegenschaften mit einem Gewerbeanteil erworben. Ein Beispiel sind unsere Liegenschaften an der Badenerstrasse 288 bis 296 in 8004 Zürich, welche einen idealen Mix von Wohnnutzung und Gewerbe darstellen. Diese Liegenschaften haben wir im Jahr 2007 für CHF 18,5 Millionen erworben und über die Jahre entwickelt, was zur aktuellen Bewertung per Ende 2022 von CHF 44,7 Millionen führte.

Rechnen Sie kurzfristig mit sinkenden Neubewertungen, aber steigenden Mieterträgen?

Abhängig von der Zinsgestaltung in der Schweiz durch die Nationalbank kann, wie teilweise schon beobachtet, der Diskontierungssatz für die Verkehrswertberechnungen durch die Bewerter angehoben werden, worauf wir keinerlei Einfluss haben. Sollte dieser Fall eintreten, dann können Liegenschaftsbewertungen durchaus auch sinken. Allerdings erfolgen die Zinsschritte der Schweizerischen Nationalbank regelmässig rational und stehen somit im Zusammenhang mit der Inflation. Die Inflation wird im Landesindex der Konsumentenpreise abgebildet, was, zusammen mit dem dann zwangsläufig steigenden Referenz-Zinssatz und den Energiepreisen, zu steigenden Wohnungsmieten führen wird. Wir als Vermieter stehen hier vor tatsächlich steigenden Kosten und dem Problem, diese schonend an die Mieterschaft weiterzugeben, was zukünftig mit Sicherheit zu Kontroversen führen wird.

«Abhängig von der Zinsgestaltung in der Schweiz durch die Nationalbank kann, wie teilweise schon beobachtet, der Diskontierungssatz für die Verkehrswertberechnungen angehoben werden.»

Weshalb sind die Partizipationsscheine der Swiss Estates AG auch an der Börse Düsseldorf kotiert?

Die Reform des Aktienrechts, die im Juni 2020 vom Parlament beschlossen wurde, ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Die neuen Bestimmungen machen Gründungs- und Kapitalvorschriften flexibler. Art. 656b Absatz 1 OR erlaubt nun, Partizipationsscheine bis zum Zehnfachen des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals auszugeben, solange die Partizipationsscheine der Gesellschaft an einer Börse kotiert sind. Wie gewinnen damit mehr Flexibilität für Akquisitionen von Wohnimmobilien in der Schweiz und zwar bis in den Bereich von 200 Millionen Franken.

Es ist vorgesehen die Partizipationsscheine auch im Xetra und an der Frankfurter Wertpapierbörse handelbar zu machen. Dies unabhängig von der Kotierung an der BX Swiss, da ein Sekundärlisting an einer Börse in der EU basierend auf einer Kotierung an einer Schweizer Börse durch die angebliche »mangelnde Äquivalenz» (ein seit 2019 offener Streitpunkt mit der EU, Anm. der Redaktion) der Schweizer Börsen nicht mehr möglich ist – ein direktes Listing hingegen schon.

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