Wirksamkeit von Kombi-Therapien gegen Krebs wird unterschätzt

Wirksamkeit von Kombi-Therapien gegen Krebs wird unterschätzt

Bern/Genf – Neue Wirkstoffe gegen Krebs werden in Studien meist nur mit einem einzigen anderen Mittel verglichen. Welche Therapie gegen einen bestimmten Typ von Krebs am besten wirkt, ist unklar. Forschende haben dazu nun einen umfassenden Vergleich angestellt und decken ungenütztes Potenzial bei Kombi-Therapien auf.

Wenn hormonproduzierende Zellen im Körper entarten, können sogenannte neuroendokrine Tumore entstehen. Die Häufigkeit dieser Krebserkrankungen nimmt zu. Erfreulicherweise gibt es auch eine wachsende Zahl neuer Therapiemöglichkeiten. Welche davon am besten wirkt, ist jedoch unklar. Forschende aus Genf, Bern und Basel haben nun mit internationalen Kollegen eine sogenannte Metaanalyse von 30 klinischen Studien mit fast 4000 Patienten angestellt. Ziel war, die Wirksamkeit von 22 Medikamenten zu vergleichen und Anhaltspunkte für die bestmögliche Behandlung zu liefern.

Das bisherige Problem: Neue Wirkstoffe werden meist nur gegen ein einziges anderes Medikament oder ein Plazebo getestet, um die Wirksamkeit zu beweisen und die Marktzulassung zu erhalten, erklärte Martin A. Walter von der Universität und den Universitätsspitälern Genf (HUG) in einer Mitteilung vom Donnerstag. In einer solchen Situation seien Metaanalysen von grossem Wert, um Therapien indirekt miteinander zu vergleichen, die bisher nicht in direktem Vergleich standen, fügte Reto Kaderli von der Universität und dem Inselspital Bern hinzu.

In Empfehlungen untervertreten
Eines der überraschendsten Resultate dieses Vergleichs sei die hohe – und oft unterschätzte – Wirksamkeit von kombinierten Medikamenten, so Kaderli. Davon berichtet das internationale Forschungsteam im Fachblatt «JAMA Oncology». «Genauso überrascht waren wir zu sehen, dass diese kombinierten Therapien in internationalen Empfehlungen von medizinischen Verbänden untervertreten sind», liess sich Kaderli zitieren.

Auffällig sei, dass Studien zu Kombinationen von Medikamenten verschiedener Hersteller hauptsächlich von unabhängigen Forschenden stammten, hiess es weiter. Und dass diese unabhängigen Studienresultate in den offiziellen Empfehlungen weniger berücksichtigt wurden als die Ergebnisse von Studien, die im Auftrag von Pharmaunternehmen stattfanden.

Die Arbeit sei ein wichtiger Schritt auf der Suche nach der bestmöglichen Behandlung für Patientinnen und Patienten mit endokrinen Tumoren und zeige die Bedeutung von weiteren evidenzbasierten Studien, so Kaderli.

Für die Studie arbeiteten Forschende der Universitätsspitäler Genf, Bern und Basel, sowie der Universitäten Genf und Bern mit kanadischen Kollegen und der Cochrane Stiftung zusammen. Dieses weltweite Netzwerk von Wissenschaftlerinnen und Ärzten hat das Ziel, systematische Übersichtsarbeiten zur Bewertung medizinischer Therapien zu erstellen, zu aktualisieren und zu verbreiten, um die Entscheidungsfindung in der Medizin zu erleichtern. (awp/mc/pg)

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