Banken: Digitalisierung und Kulturwandel als grösste Herausforderungen

Banken: Digitalisierung und Kulturwandel als grösste Herausforderungen
(Bild: © styleuneed - Fotolia.com)

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Zürich – Niedriges Zinsniveau, Kreditausfälle, milliardenschwere Rechts- und Prozesskosten und steigende regulatorische Anforderungen belasten seit Jahren die Ertrags- und Ergebnisentwicklung der Institute im Corporate und Investment Banking. Lag der mittlere Return on Equity (ROE) der zehn grössten Institute zwischen 2001 und 2007 noch bei durchschnittlich 16 Prozent, so sank er zwischen 2008 und 2014 nach der Finanzkrise auf 5 Prozent. Die Gründe: höhere Kosten und ein regulatorisch bedingter niedrigerer Leverage. Auch die aktuelle Rendite liegt immer noch unter den Eigenkapitalkosten.

Zwar haben die Corporate- und Investment-Banken in den letzten Jahren schon Geschäftsbereiche optimiert, sich aus bestimmten Segmenten zurückgezogen und weitere Massnahmen ergriffen. Doch das reicht nicht aus; Finanzinstitute sollten sich grundlegend verändern, wenn sie künftig ihre Eigenkapitalkosten decken wollen, so die neue Studie von Roland Berger Strategy Consultants, Nomura Global Research und Tricumen «CIB Outlook 2015: Industrial Journey – Episode II».

Hohe Einmalkosten belasten Rendite
Die Erträge im Corporate- und Investment-Banking werden 2015 nicht wesentlich steigen, denn höhere Erlöse aus dem Handel mit Aktien oder durch M&A-Transaktionen werden durch rückläufige Umsätze beim Handel mit festverzinslichen Wertpapieren geschmälert. Zudem belasten Einmalaufwendungen die Cost-Income-Ratio weiter. Bei den zehn grössten Marktakteuren mussten im Jahr 2014 insgesamt 12,5 Prozent der gesamten Kosten für Restrukturierung, Compliance und insbesondere Rechts- und Prozesskosten aufgewendet werden. Der Hauptanteil davon sind Strafzahlungen, die sich seit der Finanzkrise auf insgesamt 160 Milliarden Dollar summiert haben.

«Vor diesem Hintergrund werden viele Banken ihre Kosten noch weiter reduzieren müssen», sagt Partner und Bankenexperte Robert Buess von Roland Berger Strategy Consultants in Zürich. «Gelingt dies und gehen die Einmalaufwendungen zurück, so können ROEs von 11-14 Prozent bis 2016 wieder möglich sein.» Wichtig ist dabei die Entwicklung der Risikokosten, da sich diese durch den Rückgang der Kreditausfallraten aktuell auf einem sehr niedrigen Niveau befinden.

Kundenzentrierte Industrialisierung – der richtige Mix aus Fabrik und Boutique
In einigen Gebieten spielen Know-How und Agilität eine wichtige Rolle, um Produkte mit hohen Margen in kleinen Mengen erfolgreich anzubieten. In anderen Bereichen sind hingegen Skaleneffekte entscheidend, um standardisierte Produkte mit geringen Margen in grossen Mengen herzustellen. Diese zwei Ansätze müssen nun Finanzinstitute im Corporate- und Investmentbanking verbinden – je nach den Kundenwünschen.

Viele Banken haben bereits darauf reagiert: Sie haben ihre gesamte Organisation und ihre Back-Office-Prozesse stärker auf die Kundenanforderungen ausgerichtet. Diese Strategie erfordert allerdings eine detaillierte Segmentierung der Kunden sowie eine engere Zusammenarbeit zwischen Kundenberatern, Produktexperten und Backoffice-Abteilungen. «Firmenkunden erwarten ein breites Leistungsspektrum – vom klassischen Kredit über zahlreiche Transaktionsdienstleistungen bis hin zur komplexen Akquisitionsfinanzierung», sagt Robert Buess. «Um in der neuen Marktrealität zu bestehen und den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Banken die Rentabilität ihrer Kunden und Produkte neu umfassend und systematisch analysieren. So bleiben sie reaktions- und entscheidungsfähig.» Wichtig ist auch, dass Finanzinstitute Compliance-Strukturen entsprechend ihrem Leistungsspektrum implementieren.

Digitalisierung des Geschäftsmodells vorantreiben
Um den Kundenwünschen besser entgegen zu kommen, sollten Banken die Digitalisierung schnell vorantreiben. Hier wird das digitale Kundenerlebnis – etwa bei e-trading-Plattformen –  eine sehr wichtige Rolle spielen. Ein höherer Digitalisierungsgrad wird aber auch bei internen Prozessen aus Kosten- und Effizienzgründen immer relevanter. Dies erfordert allerdings hohe Investitionen in neue Systeme, wird aber zukünftig eine Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Institute sein. Eine zentrale Rolle in der Digitalisierung des Corporate- und Investmentbankings spielen ausserdem Big Data-Analysesysteme. Denn damit lassen sich relevante Kunden- und Risikoinformationen genauer auswerten und Banking-Prozesse besser steuern.

Doch der digitale Wandel betrifft nicht nur Banken; mit FinTech-Unternehmen treten neue Marktakteure in die angestammten Geschäftsfelder ein. Diese agieren allerdings nicht nur als Konkurrenten, sondern können auch als Partner der Banken in digitale Ökosysteme eingebunden werden. «Den digitalen Wandel zu schaffen, ist für Finanzinstitute alleine sehr schwierig», erklärt Roland Berger-Partner Robert Buess. «Partnerschaften und digitale Ökosysteme bieten Banken und FinTech-Firmen hier eine Chance.»

Neues Geschäftsmodell erfordert kulturellen Wandel
Nicht nur der Aufbau eines digitalen Geschäftsmodells erfordert einen kulturellen Wandel im weltweiten Bankensektor. Auch die neuesten Skandale wegen Zins- und Währungsmanipulationen oder die fehlerhafte Beratung bei Kreditgeschäften führten zu grossen Strafzahlungen. Dies hat ausserdem das Image der Banken in den vergangenen Jahren stark beschädigt; ihre Attraktivität als Arbeitergeber hat deutlich darunter gelitten. Deshalb sollten Banken traditionelle Personalmassnahmen mit innovativen Ideen verbinden. Beim so genannten «Reverse-Mentoring» wird jeder Führungskraft ein «Digital Native» als Mentor zur Seite gestellt, um das Bewusstsein für digitale Trends zu erhöhen. Ebenso wichtig ist es, branchenfremde Mitarbeiter einzustellen, um tiefgründige Kompetenzen in den Bereichen Industrialisierung und Digitalisierung zu gewinnen.

Doch dieser kulturelle Wandel kann nur erfolgreich sein, wenn alle Führungskräfte eines Finanzinstitutes ihn mittragen und vorleben. Denn das schafft Vertrauen in neue Strukturen und Verantwortlichkeiten. «Vor der Hintergrund des hohen Regulierungs-, Kosten- und  Industrialisierungsdrucks  sollten Corporate- und Investmentbanken den Wandel zu mehr Kundenzentrierung und Digitalisierung pro aktiv und konsequent angehen und als Chance zur Verbesserung der Wettbewerbsposition wahrnehmen «, fasst Robert Buess zusammen.

Unser Experte Robert Buess, Partner & Bankenexperte bei Roland Berger in Zürich: http://www.rolandberger.ch/office/mangement_team_schweiz/Robert_Buess_de.html

Über Roland Berger
Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist die einzige der weltweit führenden Unternehmensberatungen mit deutscher Herkunft und europäischen Wurzeln. Mit rund 2.400 Mitarbeitern in 36 Ländern ist das Unternehmen in allen global wichtigen Märkten erfolgreich aktiv. Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunternehmen ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschliesslichen Eigentum von rund 220 Partnern.

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