Berlin und Paris setzen europäische Finanzsteuer durch

Berlin und Paris setzen europäische Finanzsteuer durch

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta. (Foto: EU)

Luxemburg – Deutschland und Frankreich haben sich mit einer europäischen Finanzsteuer durchgesetzt – wenn auch nur im kleinen Rahmen. Obwohl die Steuer nicht in der gesamten EU umsetzbar ist, wollen elf EU-Länder mitmachen, darunter auch die Schwergewichte Spanien und Italien. Das sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta am Dienstag beim Treffen der Finanzminister der 27 EU-Staaten in Luxemburg.

Die Mindestanzahl für ein Vorangehen sei erreicht: «Das ist mehr als nötig», sagte Semeta. Er kündigte an, eine Beschlussvorlage für das nächste Treffen der EU-Finanzminister im November vorzubereiten. Danach muss das EU-Parlament noch zustimmen.

Finanzsektor soll sich an Kosten der Finanzkrise beteiligen
Die Steuer soll den Finanzsektor an den enormen Kosten der Finanzkrise beteiligen. Der Handel mit Anleihen und Aktien soll mit einem Mindeststeuersatz von 0,1 Prozent besteuert werden. Für spekulative Finanzinstrumente wie etwa Derivaten fiele eine Mindestabgabe von 0,01 Prozent an. Die Steuer soll Anfang 2014 starten und dort anfallen, wo das Unternehmen seinen Sitz hat.

Grossbritannien fürchtet Nachteile für eigenen Finanzplatz
Eine Einigung zu 27 ist unmöglich, weil vor allem die Nicht-Euro-Länder Grossbritannien und Schweden nicht mitziehen wollen. Sie fürchten Nachteile für die Finanzplätze und die Abwanderung von Investoren. Der EU-Vertrag erlaubt eine sogenannte verstärkte Zusammenarbeit, wenn mindestens neun Staaten mitziehen.

Berlin und Paris hatten bei dem Prestigeprojekt mächtig Druck gemacht. In Deutschland hatte die schwarz-gelbe Koalition der SPD und Grünen zugesagt, sich für die Einführung einer Finanzsteuer in Europa bis Ende 2012 stark zu machen. Dies war eine Bedingung für die Zustimmung der Opposition zum europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. In Frankreich gibt es bereits eine solche Abgabe.

Auch Italien und Spanien mit an Bord
Zu den Befürwortern gehören laut EU-Kommission unter anderem auch Italien und Spanien, die lange als Wackelkandidaten galten. Noch am Vortag waren lediglich acht Länder an Bord gewesen.

Neben Deutschland und Frankreich wollen auch Österreich, Belgien, Portugal, Slowenien und Griechenland zum Steuerclub gehören. Beim Rat in Luxemburg erklärten die vier Länder Spanien, Italien, Slowakei und Estland ebenfalls ihre Bereitschaft zum Mitmachen. Diese Staaten müssten ihre Absichtserklärung noch schriftlich nach Brüssel schicken, sagte Semeta.

Gegner wollen Vorhaben nicht blockieren
Im Ministerrat müssen die Finanzminister mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit dem Vorhaben zustimmen. Die Gegner haben bereits angekündigt, das Vorhaben nicht blockieren zu wollen. Der britische Schatzkanzler George Osborne sagte: «Wir sind nicht prinzipiell dagegen und wir wollen nicht im Wege stehen.»

Grossbritannien sei aber der Auffassung, dass auch andere grosse Finanzplätze auf der Welt wie New York, Schanghai oder Hongkong einer solchen Steuer unterliegen sollten. Zudem sei noch unklar, wohin die Einnahmen fliessen sollten und wie stark die wirtschaftlichen Auswirkungen seien, sagte Osborne. Brüssel plädiert dafür, dass ein Teil der Einnahmen in den EU-Haushalt fliesst – viele Staaten lehnen dies aber ab. (awp/mc/pg)

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