BlackRock – Aktueller Blick auf die Märkte: Eine neue Zeitrechnung des Investierens

BlackRock – Aktueller Blick auf die Märkte: Eine neue Zeitrechnung des Investierens
Von Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege bei BlackRock. (Foto: BlackRock)

Zürich – Jemand, der vor zwölf Monaten für das Jahresende 2020 einen DAX-Stand von rund 13.700 oder einen Stand beim S&P 500 von knapp über 3.700 prognostiziert hat, befand sich in guter Gesellschaft. Kaum jemand hätte bei diesen Punktprognosen die Augenbrauen hochgezogen oder gar die Nase gerümpft. Genau diese Levels sind es nun auch, in deren Nähe die beiden berühmten Indizes derzeit notieren. Die Achterbahnfahrt, welche die beiden Börsenbarometer allerdings in der Zwischenzeit seit Jahresanfang hingelegt haben, dürfte wohl niemand auf dem Zettel gehabt haben. Die Coronakrise kam wie eine Naturkatastrophe über uns und die Märkte. Auf den epischen Absturz der Kurse im Frühjahr folgte jedoch eine Börsenrallye, die in Bezug auf Schnelligkeit ihresgleichen sucht. Wer Mitte März die Traute besass zu investieren, kann sich jetzt über ein Plus von mehr 60 Prozent freuen. Selten boten Bösen rückblickend derartige Chancen.

Es liegt ohne jeden Zweifel ein Jahr hinter uns, das nicht nur unser Leben von den Füssen auf den Kopf gestellt hat, sondern auch ein Jahr, das die Welt des Investierens bereits verändert hat und weiter verändern wird. Die Coronakrise hat bei Trends wie dem Thema Nachhaltigkeit, der wachsenden sozialen Ungleichheit oder aber beim Siegeszug des E-Commerce den Turbo eingelegt. Wir bevorzugen aufgrund dessen in den kommenden Jahren Vermögenswerte, die vom Trend in Richtung Nachhaltigkeit profitieren. Wir rechnen damit, dass der Nachhaltigkeitstrend vor allem die Dispersion zwischen den Sektoren erhöhen wird. Gleichzeitig könnte ein Mehr an sozialer Umverteilung gelenkt durch Regierungen die Folge für Unternehmen und Individuen sein. Anleger sollten dies genauso auf dem Schirm haben wie die Tatsache, dass die Coronakrise dafür gesorgt hat, dass wir etwa im Bereich des E-Commerce heute da sind, wo wir ohne die Krise womöglich erst in zwei bis drei Jahren gewesen wären. Die Digitalisierung bleibt der König der Megatrends.

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Nach der Krise werden wir uns in einer anderen Welt wiederfinden, etwa mit Blick auf die Art und Weise, wie Handel getrieben wird. Wir glauben nicht an eine Rückabwicklung der Globalisierung, sondern an deren Neugestaltung – ebenfalls beschleunigt durch das Coronavirus. Wir werden in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich in einer stärker bipolaren Welt mit den USA als grosser Wirtschaftsmacht auf der einen Seite und China auf der anderen Seite leben. Das sich das Machtverhältnis dabei in Richtung China verschiebt, muss dabei schon fast nicht mehr erwähnt werden. Unterdessen dürften die Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern frostig und die wirtschaftlichen Beziehungen entsprechend gering bleiben. In der Folge könnten sich diese beiden Wirtschaftsräume zunehmend unabhängiger entwickeln, was Anlegern wiederum die Chance für mehr Diversifikation bietet. Allerdings müssten viele Portfolios hierfür die Positionen in chinesischen Vermögenswerten erhöhen.
Darüber hinaus dürfte die neue Welt des Investierens durch ein recht stabiles nominales Zinsniveau geprägt sein – obwohl wir die Chancen für einen Anstieg der Inflationserwartungen in den kommenden Jahren für durchaus hoch erachten. Zentralbanken werden für eine gewisse Zeit ein Heisslaufen des Wirtschaftsmotors mit einem Inflationsniveau über ihrem Ziel tolerieren. Dazu haben sie ihre Strategie angepasst, um das vorherige Unterschreiten des Inflationsziels auszugleichen. Zugleich könnte der tiefgreifende fiskal- und geldpolitische Wandel, eine notwendige Reaktion auf die Coronakrise, es den Zentralbanken erschweren, der Inflation Einhalt zu gebieten. Wir vermuten, dass sie einem Anstieg der Nominalrenditen entgegenwirken werden, um eine unerwünschte Straffung der Finanzbedingungen zu verhindern.

Was das für Anleger bedeutet
Die Coronakrise wird noch lange nachwirken. Viele Trends, die mit der Coronakrise im Zusammenhang stehen, werden erst mit zeitlicher Verzögerung so richtig spürbar sein. Mit Blick auf das Jahr 2021 rechnen wir zunächst mit einer Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung, die wir bereits in Ansätzen über die warmen Monate im Jahr 2020 erlebt haben. Die Weltwirtschaft dürfte dabei recht zeitnah auf den Wachstumspfad von vor der Krise zurückkehren. Da es sich allerdings um keinen normalen zyklischen Aufschwung handeln wird, müssen Anleger bei der Portfolioallokation einige Aspekte beachten. So sollte generell ein Ansatz gewählt werden, bei dem sich zyklische und qualitätsorientierten Exposures die Waage halten. Schliesslich gibt es zahlreiche Risiken, die im Jahr 2021 lauern und gegen die ein Portfolio abgesichert sein sollte. Etwa die Gefahr, dass Impfstoffe Nebenwirkungen aufweisen oder nur unzureichend gegen neue Formen des Virus wirken und Immunisierungsstrategien somit gefährdet. Zyklische Positionen sollten in den Regionen bzw. Assetklassen aufgebaut werden, die weniger mit strukturellen Problemen zu kämpfen haben. Wir bevorzugen daher beispielsweise Aktien aus Asien exklusive Japan gegenüber europäischen Aktien. Unter dem Strich erwarten wir, dass 2021 dank des erwartet starken Wachstums ein gutes Kapitalmarktjahr wird. Anleger sollten daher einen stärker risikoorientierten Ansatz wählen.

Für Details zu unserem Jahresausblick für das bevorstehenden Jahr empfehlen wir die Lektüre unseres „Globalen Anlageausblicks 2021 – Die Neuordnung der Anlagewelt“.

Dies ist der letzte Marktausblick in diesem Jahr. Wir melden uns am 12. Januar zurück. Bis dahin wünschen wir Ihnen und Ihren Familien erholsame Feiertage nach diesem für uns alle turbulenten Jahr. (BlackRock/mc/ps)

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