EU-Gipfel einigt sich auf Draghi als EZB-Chef

EU-Gipfel einigt sich auf Draghi als EZB-Chef

Italiens Notenbankchef Mario Draghi.

Brüssel – Der EU-Gipfel hat sich grundsätzlich darauf geeinigt, den Italiener Mario Draghi zum neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ernennen. Das berichtete EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Freitag in Brüssel, ohne weitere Details zu nennen.

Offen blieb zunächst, ob diese Formulierung bereits die förmliche Ernennung Draghis umfasst. Der Gipfel hatte zuvor erwogen, wegen eines Postenstreits zwischen Rom und Paris die endgültige Ernennung zu verschieben. Draghi wird für den Euro verantwortlich sein – das gemeinsame Währungsgebiet wird derzeit von den schweren Schuldenkrisen in Griechenland, Portugal und Irland erschüttert. Diplomaten sprachen von einer wichtigen Weichenstellung in schwierigen Zeiten. Die Nachfolge ist politisch delikat, weil Frankreich mit dem Ausscheiden Trichets keinen Vertreter mehr in EZB-Direktorium haben wird. Gipfelchef Herman Van Rompuy widersprach aber Gerüchten, wonach die Entscheidung hinausgezögert werden könnte.

Milliarden gegen Spar-Zusage des griechischen Parlaments
Die Europäer hatten am ersten Gipfeltag dem krisengeschüttelten Griechenland neue Milliardenhilfen zur Abwendung eines Staatsbankrotts angeboten. Als Vorbedingung muss das griechische Parlament das Spar- und Privatisierungsprogramm der Regierung billigen. «Das ist absolut nötig, um das Vertrauen wiederherzustellen», sagte Van Rompuy. Wie die EU-Kommission in der Nacht mitteilte, schlossen unterdessen Experten der EU-Behörde, der EZB und des Internationalen Währungsfonds (IWF) eine neue Mission in Athen ab. Es gebe nun eine Vereinbarung, mit welchen Sparmassnahmen Haushaltslöcher bis 2014 geschlossen werden können.

Neues Hilfsprogramm
Die Staatenlenker wollen mit einer schnelleren Auszahlung von EU-Fördergeldern Griechenland unter die Arme greifen. Damit unterstützen sie den Vorschlag von Kommissionspräsident José Manuel Barroso, auf diese Weise eine Milliarde Euro für Athen zu mobilisieren. «Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um das Wachstum in Griechenland zu fördern», sagte Barroso. Die EU-Chefs stellten Athen zunächst ein neues Hilfsprogramm in Aussicht, an dem der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt werden soll. Es kann laut Diplomaten einen Umfang bis zu 120 Milliarden Euro haben. Die griechische Regierung beantragte dieses Programm inzwischen. Auch soll im Juli eine weitere Kredittranche von 12 Milliarden Euro aus dem alten Rettungsplan ausgezahlt werden – diese ist nötig, um die drohende Pleite abzuwenden.

Umstrittene Grenzkontrollen im Schengen-Raum
Die Staatenlenker werden zudem vor dem Hintergrund von Flüchtlingsströmen im Mittelmeerraum darüber diskutieren, unter welchen Bedingungen Grenzkontrollen im Schengen-Raum vorrübergehend erlaubt werden können. Das Thema ist politisch heikel, da der Schengen-Raum für kontrollfreies Reisen innerhalb der 25 Mitgliedstaaten eine der grossen Errungenschaften der europäischen Einigung ist und auch von der Bundesregierung ausdrücklich verteidigt wird. Dänemark hatte unlängst angekündigt, im Kampf gegen Kriminalität Grenzen zu Deutschland und Schweden wieder zu kontrollieren. Die EU-Chefs werden ausserdem über die angespannte Lage in vielen Ländern der arabischen Welt reden. (awp/mc/ps)

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