EU will Banken zur Kasse bitten – Spanien läuft die Zeit davon

EU will Banken zur Kasse bitten – Spanien läuft die Zeit davon

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier.

Brüssel – Mit Milliardenhilfen des Steuerzahlers für marode Banken soll Schluss sein – künftig will die EU die Geldhäuser selbst und ihre Gläubiger zur Kasse bitten. Für Spanien kommen die neuen Regeln jedoch zu spät. In der bedrohlichen Banken-Krise wächst der Druck auf die Regierung in Madrid, Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds zu beantragen. Spaniens Wunsch nach Direkthilfen für die spanischen Krisenbanken könne nicht erfüllt werden, wurde am Mittwoch in Brüssel und Berlin bekräftigt.

Im Zuge der Finanzkrise hat die Bankenrettung riesige Löcher in die Staatshaushalte gerissen. Die einseitige Lastenverteilung soll nun spätestens 2018 ein Ende haben. «Wir wollen die Verknüpfung zwischen der Bankenkrise und den öffentlichen Finanzen aufbrechen», sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Mittwoch in Brüssel bei der Vorstellung der neuen Regeln für Bankenpleiten.

Bankenaufseher sollen mehr Macht bekommen
Bei einer Pleite müssen danach Eigner und Gläubiger für die Verluste haften. Alle 27 EU-Länder sollen zudem nach deutschem Vorbild eigene Krisenfonds aufbauen, um marode Banken zu sanieren und abzuwickeln – finanziert aus Abgaben der rund 8.300 europäischen Banken. Die Abwicklungsfonds sollen binnen zehn Jahren ein Vermögen von mindestens einem Prozent aller Spareinlagen der erfassten Banken umfassen. Die Bankenaufseher sollen zudem mehr Macht bekommen und das Management abberufen oder den Verkauf von Geschäften erzwingen können. In Deutschland gibt es einen Restrukturierungsfonds bereits, in den meisten anderen EU-Staaten noch nicht.

Für Spanien stellt der Vorschlag allerdings keine Lösung seiner aktuellen Bankenkrise mit der Schieflage der spanischen Grossbank Bankia im Zentrum dar. Denn die EU-Behörde will Investoren und Aufsehern Zeit bis 2018 für den Übergang geben. Die anderen Elemente des Vorschlags könnten erst 2014 in Kraft treten. EU-Regierungen und Europaparlament müssen noch zustimmen. «Ich weiss, dass dies eigentlich zu lange für die Finanzmärkte dauert», räumte Barnier ein. «Aber so lange dauert Demokratie eben.» EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannte die Pläne «einen wesentlichen Schritt hin zu einer Bankenunion in der EU».

Spanien: Entscheidung über Bankensanierung bis Monatsende
Spanien will bis Ende des Monats entscheiden, wie das insgesamt angeschlagene Bankensystem saniert werden soll. Noch sträubt sich Madrid, EU-Rettungshilfen zu beantragen. Die Regierung befürchtet, mit den Euro-Krisenländern Griechenland, Portugal und Irland auf eine Stufe gestellt zu werden. Finanzminister Christóbal Montoro musste jedoch einräumen, dass der Staat keine Kredite mehr von den Kapitalmärkten zu tragbaren Konditionen erhält. Dabei will allein die marode Grossbank Bankia insgesamt mehr als 23 Milliarden Euro vom Staat.

Brüssel sieht die spanische Regierung in der Pflicht. «In Madrid muss gehandelt werden», sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Die Kommission bekräftigte, dass die europäischen Hilfsfonds EFSF und ESM keine direkten Hilfen an Krisenbanken geben können. Aus Sicht von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) muss Spanien unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Es sei unmöglich, Geld aus dem Rettungsschirm direkt an den spanischen Bankenrettungsfonds (Frob) zu zahlen, betonte Kauder.

Berliner Regierungskreise rechnen mit spanischem Hilfsantrag
Die «Süddeutsche Zeitung» (Mittwoch) berichtete, es werde in Brüssel nach Wegen gesucht, dem spanischen Bankenrettungsfonds direkt Gelder zukommen zu lassen. Im Gegenzug für Hilfen müsste die Regierung in Madrid zusagen, die Probleme im Finanzsektor zu beseitigen – notfalls auch durch weitere Fusionen oder Schliessung einzelner Institute. Anders als etwa Griechenland bräuchte die spanische Regierung aber keine umfassenden Auflagen zu Haushaltssanierung und Reformen hinnehmen.

In Berliner Regierungskreisen, wird mit einem Hilfsantrag Spaniens gerechnet. Deutschland lehnt aber weiter direkte Bankenhilfen aus den Euro-Rettungsfonds strikt ab. Es gebe klare rechtliche Regeln für Hilfen des EFSF und ESM, betonten Regierungssprecher Steffen Seibert und der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, in Berlin. Zu Spekulationen, wonach Geld aus dem Euro-Rettungsschirm direkt an den spanischen Banken-Hilfsfonds gezahlt werden könnte, wollten sie sich nicht äussern. Seibert verwies auf vereinbarte Regeln zur Bankenrettung.

Zinsentscheid: EZB hält Pulver vorerst trocken
Die Europäische Zentralbank (EZB) widersteht derweil Rufen nach einer neuen Geldschwemme: Ungeachtet der immer bedrohlicheren Schuldenkrise und der schwachen Konjunktur bleibt der Leitzins im Euroraum bei 1,0 Prozent. Ob die Währungshüter bei ihrer nächsten Sitzung die eskalierende Schulden- und Bankenkrise mit noch billigerem Geld bekämpfen, blieb offen.

Wegen der Euro-Schuldenkrise hat die US-Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit der Commerzbank und neun weiterer Banken in Deutschland und Österreich herabgestuft. Das teilverstaatlichte Institut wollte die Entscheidung nicht kommentieren. Auch die Kreditwürdigkeit der genossenschaftlichen DZ Bank, der Dekabank, der Deutschen Hypothekenbank sowie der Landesbanken Baden-Württemberg, Hessen-Thüringen und NordLB wurde um je eine Stufe herabgestuft. Je schlechter die Bonität eines Schuldners eingeschätzt wird, desto teurer und schwieriger kann es für diesen werden, sich frisches Geld zu besorgen. (awp/mc/bs)

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