Eurokrise: Druck auf Banken wächst

Eurokrise: Druck auf Banken wächst

Hamburg – Die G20-Staaten verschärfen inmitten der Schuldenkrise den Druck auf Banken und Finanzmärkte. Neben einer strengeren Aufsicht sollten auf dem Gipfel in Cannes neue, internationale Standards beschlossen werden, wie Banken abgewickelt werden könnten, berichtete der «Spiegel» unter Berufung auf den Entwurf des Gipfel-Kommuniqués. Geldinstitute sollen künftig nicht mehr zu gross für eine Pleite sein.

Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble drohte den Banken mit Zwangsmassnahmen, sollten sie sich dem geplanten Schuldenschnitt für Griechenland verweigern. Der scheidende EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnte derweil in der «Bild am Sonntag»: «Die Krise ist nicht vorbei.» Wie der «Spiegel» berichtete, will die Gruppe der grossen Industrie- und Schwellenländer (G20) bei ihrem Treffen am 3. und 4. November weitreichende Schritte zur Reform des Finanzsektors beschliessen. Demnach sollen die Banken gezwungen werden, deutlich mehr Eigenkapital auszuweisen als bisher. Auch übertrieben hohe Gehälter und Bonuszahlungen solle es nicht mehr geben.

Reform des Finanzsektors
Führende EU-Politiker verlangen von den G20-Ländern Reformen des Finanzsektors: EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy forderten in einem Brief an die G20-Staats- und Regierungschefs unter anderem die weltweite Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Auf EU-Ebene liegt dazu ein Vorschlag vor. Ökonomen halten die Steuer nur dann für sinnvoll, wenn sie weltweit eingeführt wird. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am vergangenen Mittwoch bereits in ihrer Regierungserklärung angekündigt, der G20-Gipfel müsse sich mit dem Problem der Systemrelevanz von Banken befassen. Zu gross, um unterzugehen – diese Regel dürfe es nicht weiter geben, sagte Merkel. Letztlich dürfe nicht mehr in allen Fällen der Steuerzahler haften.

Kosten nicht auf Steuerzahlen überwälzen
Laut «Spiegel» heisst es in dem G20-Papier, dass im Falle der Abwicklung eines Finanzinstituts nicht die Steuerzahler für die Kosten aufkommen sollten. In der Frage des Eigenkapitals der Banken hatte zuvor auch der EU-Krisengipfel eine Entscheidung getroffen – und die Rekapitalisierung von Banken beschlossen. Zur Eindämmung der Schuldenkrise hatten die 17 Staats- und Regierungschefs der Euroländer auf dem Krisengipfel ein Paket beschlossen. Dazu zählt ein 50-prozentiger Schuldenerlass für Griechenland. Wegen der unsicheren Lage anderer Sorgenkinder wie Italien wird die Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds EFSF auf eine Billion Euro vervielfacht.

Freiwilliger Schuldenschnitt

Finanzminister Schäuble sagte dem «Spiegel»: «Wir haben immer erklärt, dass wir einen freiwilligen Schuldenschnitt vorziehen. Wir haben aber auch erklärt, dass ein weniger konsensualer Weg nicht ausgeschlossen ist.» Dies hätte für die privaten Gläubiger, darunter auch beispielsweise Versicherungen, erhebliche Konsequenzen. Der Chefunterhändler der Banken, Charles Dallara, sagte der «Welt am Sonntag»: «Ich bin sehr optimistisch, dass sich mehr als 90 Prozent der Banken beteiligen.» Die deutschen Versicherer haben noch nicht entschieden, ob sie Geld in Griechenland-Anleihen investieren. «Wir müssen erst einmal die Details abwarten», sagte Johanna Weber, Sprecherin des weltgrössten Rückversicherers Munich Re, dem «Tagesspiegel» (Montag). Die Munich Re hält derzeit griechische Anleihen im Wert von 800 Millionen Euro. Auch der Allianz-Konzern will sich dem Bericht zufolge zu möglichen neuen Engagements noch nicht äussern.

Schuldenschnitt für Griechenland unzureichend
Der Präsident des Münchener ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, sagte der «Welt», der Schuldenschnitt für Griechenland sei völlig unzureichend: «Mit dem Schuldenschnitt gelangen wir in Bezug auf die Höhe der Staatsverschuldung an den Punkt zurück, an dem die Griechenlandkrise angefangen hat. Es geht also wieder von vorne los.» Schäuble dämpfte Erwartungen, dass mit den Beschlüssen des europäischen Gipfels die Schuldenkrise beigelegt sein könnte. «Der Gipfel der vergangenen Woche hat uns ein gutes Stück vorangebracht», sagte dem «Spiegel». «Es wird aber nicht das letzte Treffen zu diesem Thema gewesen sein.»

Italien muss handeln

Zugleich forderte Schäuble die italienische Regierung auf, zügig die angekündigten Reformen umzusetzen. «Ankündigungen allein helfen nicht.» Vor allem müsse das Land das Haushaltsdefizit schnell und deutlich zurückführen, den Schuldenstand drücken und das Wachstum stärken. «Italien benötigt strukturelle Reformen am Arbeitsmarkt und in den sozialen Sicherungssystemen», sagte Schäuble. Das Land müsse die Märkte davon überzeugen, «dass es gewillt und entschlossen ist, die erforderlichen Reformen zügig anzugehen und umzusetzen.»

Der Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, äusserte sich ähnlich: «Italien hat sich verpflichtet, und das wird auch überprüft von der EU-Kommission und von der Eurogruppe, zusätzliche Konsolidierungsmassnahmen in die Wege zu leiten, gepaart mit substanziellen Strukturreformen», sagte er am Sonntag in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin». «Darauf werden wir sehr achten. Italien kann nicht tun, was ihm in den Kram passt, sondern muss sich so bewegen, wie wir es gemeinsam verabredet haben.» ifo-Chef Sinn warnte in der «Welt», trotz der angekündigten Reformen sei die Gefahr gross, dass Italien die Schulden nicht in den Griff bekomme. Ausserdem kritisierte er den Beschluss, den EFSF auf eine Billion Euro auszuweiten. Dies bedeute unwägbare Lasten für den hiesigen Steuerzahler.

EFSF erhält Bestnote «AAA»
Der Fonds, der Hilfen von bis zu 440 Milliarden Euro vergeben kann, behält die Bestnote «AAA». Wie der EFSF in Luxemburg mitteilte, bewerteten sowohl Moody’s als auch Standard & Poor’s und Fitch den Fonds auf Basis der Beschlüsse des Gipfels mit «AAA». Die Bestnote ist Voraussetzung dafür, dass der Fonds mit der grösstmöglichen Schlagkraft arbeiten kann. (awp/mc/ps)

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