Eurokrise: Spannungen zwischen Banken nehmen zu

Eurokrise: Spannungen zwischen Banken nehmen zu

EZB-Sitz in Frankfurt.

Frankfurt am Main – Die Spannungen im europäischen Banksystem spitzen sich zu. Am Donnerstag stiegen die eintägigen Einlagen der Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) erstmals seit Sommer 2010 über die Marke von 300 Milliarden Euro. Die sogenannten «Übernacht-Einlagen» kletterten von 297,1 Milliarden Euro am Mittwoch auf 304,4 Milliarden Euro, wie die EZB in Frankfurt mitteilte.

Das ist der höchste Stand seit Ende Juni 2010. Der Rekordwert liegt bei rund 384 Milliarden Euro. Er wurde Anfang Juni 2010 erreicht. Die eintägigen Ausleihungen der Banken legten ebenfalls stark von 2,7 Milliarden auf 4,6 Milliarden Euro zu. Auch dies ist deutlich mehr als üblich und der höchste Wert seit Anfang November.

Interbankenhandel stockt
Die eintägigen Einlagen und Ausleihungen der Banken bei der EZB gelten als Indikator für das Misstrauen der Institute untereinander. Normalerweise refinanzieren sich die Geschäftsbanken nur ungern über Nacht bei der Notenbank, da die Konditionen für sie ungünstig sind. Der direkte Handel zwischen den Banken ist aber – ähnlich wie in der Finanzkrise 2008 – erneut ins Stocken geraten. Aus diesem Grund hatten sechs weltweit führende Notenbanken am Mittwoch weitreichende Massnahmen ergriffen. Sie senkten nicht nur den Preis für Dollar-Liquidität, sondern spannten darüber hinaus ein Sicherheitsnetz für den Fall, dass sich die Spannungen am Interbankenmarkt auf die Liquidität in anderen Landeswährungen ausweiten.

Draghi: Krisenmassnahmen können «nur begrenzt sein»
EZB-Präsident Mario Draghi hat einer unbegrenzten Fortsetzung der «aussergewöhnlichen Massnahmen» der Notenbank im Kampf gegen die Schuldenkrise eine Absage erteilt. Zu den aussergewöhnlichen Massnahmen zählen unter anderem die umstrittenen Anleihekäufe der EZB. Die Massnahmen durch die EZB «können nur begrenzt» durchgeführt werden, sagte Draghi am Donnerstag in einer Rede vor dem Europäischen Parlament. Zuletzt hätten aber Rekordrenditen für Staatsanleihen einzelner Euroländer im Zuge der Schuldenkrise die Wirkung der Geldpolitik verhindert, begründete Draghi die Massnahmen. Es gebe daher «einen sehr wichtigen geldpolitischen Grund» für die jüngsten Massnahmen, sagte Draghi.

Bislang Anleihen über 203,5 Mrd Euro gekauft

Nach jüngsten Daten kaufte die EZB Staatsanleihen von angeschlagenen Euroländern im Volumen von insgesamt 203,5 Milliarden Euro. Die Notenbank hatte im Frühjahr 2010 mit dem Kauf griechischer Staatstitel begonnen und zuletzt auch Papiere aus Italien und Spanien erworben. Hintergrund der Käufe ist die europäische Schuldenkrise. Die Schuldenkrise schlägt nach Einschätzung des EZB-Chefs allerdings immer stärker auf die Wirtschaft der Eurozone durch. Die Notenbank sehe derzeit «gestiegene Abwärtsrisiken für die Konjunktur», sagte Draghi. Er versicherte, dass die Geldpolitik der EZB weiter auf Preisstabilität abziele. (awp/mc/ps)

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