Eurokritische Aussagen aus Italien verschrecken Finanzmärkte

Eurokritische Aussagen aus Italien verschrecken Finanzmärkte
Lega-Politiker Claudio Borghi, Vorsitzender des Haushaltsausschusses in der italienischen Abgeordnetenkammer.

Rom / Frankfurt – In Italien haben eurokritische Aussagen aus den Reihen einer der populistischen Regierungsparteien Anleger verschreckt und erneut zu Kursturbulenzen an den Finanzmärkten geführt. Am Dienstag brachte ein Finanzpolitiker der Regierungspartei Lega den Euro mit den wirtschaftlichen Problemen des Landes in Verbindung.

Er sei mehr als sicher, dass Italien mit einer eigenen Währung die gegenwärtigen Probleme lösen könnte, sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses in der italienischen Abgeordnetenkammer, Claudio Borghi, in einem Radiointerview. Auch wenn führende Politiker umgehend den Verbleib in der Eurozone versicherten, kam es erneut zu einem starken Anstieg der Risikoaufschläge für italienische Anleihen.

Borghi ist bekannt für seine eurokritische Haltung. Seine Aussagen setzten italienische Anleihen erneut unter starken Druck. Der Risikoaufschlag für die Papiere stieg im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen auf ein Fünfjahreshoch. Die Rendite für italienische Staatstitel mit einer Laufzeit von zehn Jahren kam in die Nähe eines Vierjahreshochs. Ausserdem geriet der Euro unter Druck, der Kurs fiel in Richtung von 1,15 US-Dollar.

«Kein Plan den Euro zu verlassen»
Nur kurze Zeit nach seinen Aussagen im Radio äusserte sich Borghi erneut. Diesmal in einem Interview im Fernsehsender Bloomberg-TV, wobei er versuchte, Befürchtungen vor einem Austritt des Landes aus dem Euro entgegenzutreten. «Es gibt innerhalb der Regierung keinen Plan, den Euro zu verlassen, ungeachtet meiner persönlichen Überzeugung», versicherte der Lega-Politiker.

An den Finanzmärkte stiess diese Versicherung auf taube Ohren. Weder italienische Staatsanleihen, noch der Euro konnten ihre Kursverluste wieder wettmachen. Das gleiche galt für Äusserungen führender Mitglieder der Regierung in Rom, die ebenfalls die Sorge vor einem Euro-Austritt Italien eindämmen sollten.

Unter anderem meldete sich Regierungschef Giuseppe Conte zu Wort. Der Ministerpräsident versicherte, dass der Euro die Währung der Italiener sei und dass die Gemeinschaftswährung unwiderruflich sei. Etwa zeitgleich versprach auch der stellvertretende italienische Premierminister Luigi Di Maio, dass die Regierung den Euroraum oder die EU nicht verlassen wolle.

Streit untereinander und gemeinsam gegen Brüssel
Die jüngsten Aussagen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich zuletzt ein Streit zwischen der Regierung aus den populistischen Parteien Lega und Fünf Sterne einerseits und der EU-Kommission andererseits über die Höhe der geplanten Neuverschuldung Italiens abzeichnete. Während neue Pläne aus Rom ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung über die kommenden drei Jahre vorsieht, hatte sich die EU mit der Vorgängerregierung noch auf eine Neuverschuldung von nur 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verständigt.

In der Vergangenheit hatte Italien über Jahrzehnte mit einer starken Abwertung der ehemaligen Währung Lira auf wirtschaftliche Probleme reagiert. Als Teil des Eurosystems ist Italien aber mittlerweile generell den Stabilitätskriterien des Währungsraums unterworfen, die eine maximale jährliche Neuverschuldung von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) und eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent des BIP vorsehen. Tatsächlich beträgt die Schuldenquote Italiens mehr als 130 Prozent des BIP. (awp/mc/ps)

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