EY: 2021 als Rekordjahr für den weltweiten IPO-Markt – stärkstes Wachstum in Europa

EY: 2021 als Rekordjahr für den weltweiten IPO-Markt – stärkstes Wachstum in Europa
Tobias Meyer, Leiter Transaction Accounting und IPO Services bei EY Schweiz. (Foto: EY)

Zürich – Der weltweite IPO-Markt bleibt auch im vierten Quartal 2021 im Wachstumsmodus: Insgesamt gingen zwischen Oktober und Dezember weltweit 621 Unternehmen an die Börse – 16 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das Emissionsvolumen stieg im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode um neun Prozent auf 112 Milliarden US-Dollar. Damit setzt sich die positive Entwicklung der Vorjahresquartale weiter fort.

Insgesamt wurden in diesem Jahr weltweit 2’388 Börsenneulinge gezählt – 64 Prozent mehr als 2020. Das weltweite Emissionsvolumen kletterte dabei um 67 Prozent auf 453 Milliarden US-Dollar. Damit war 2021 sowohl in Bezug auf die Zahl der Börsengänge als auch beim Emissionsvolumen das stärkste IPO-Jahr weltweit seit dem Jahr 2000, zeigt das aktuelle IPO-Barometer von EY Schweiz.

«2021 war ein sehr starkes IPO-Jahr. Zwar sorgte die Corona-Pandemie immer wieder für Turbulenzen und Unsicherheit an den Finanzmärkten. Dennoch war die Stimmung der Investoren global und unter dem Strich sehr positiv, die Volatilität hielt sich in Grenzen, und Konjunktureinbrüche blieben aus», kommentiert Tobias Meyer, Leiter Transaction Accounting und IPO Services bei EY Schweiz.

Schweiz: Unternehmen bevorzugten IPO im Ausland
Im Jahr 2021 gingen insgesamt 13 Schweizer Unternehmen an die Börse und erzielten ein Emissionsvolumen von insgesamt 3,7 Milliarden Schweizer Franken (gut vier Milliarden US-Dollar). Fünf dieser Unternehmen gingen an die Schweizer Börse, acht Firmen realisierten den Börsengang im Ausland, alleine fünf davon an der US-amerikanischen Technologie-Börse Nasdaq. Zum Vergleich: 2020 fanden nur drei Börsengänge von Schweizer Unternehmen statt (innerhalb und ausserhalb der Schweiz) und erreichten zusammen ein Emissionsvolumen von 360 Millionen Franken (390 Millionen US-Dollar).

Von den fünf Unternehmen die 2021 in der Schweiz an die Börse gingen vollzogen vier ihr IPO an der SIX Swiss Exchange, ein Unternehmen ging über die Berner Börse BX Swiss an die Öffentlichkeit. Diese Börsengänge erzielten zusammen ein Emissionsvolumen von rund zwei Milliarden Franken (2,1 Milliarden US-Dollar). Noch im Vorjahr gingen in der Schweiz nur zwei Unternehmen an die Börse, mit einem Emissionsvolumen von 116 Millionen Franken (122 Millionen US-Dollar).

Die fünf Schweizer Unternehmen, welche sich 2021 an einer Schweizer Börse kotieren liessen, sind: PolyPeptide (848 Millionen CHF), Montana Aerospace (506 Millionen CHF), Medmix (315 Millionen CHF), Skan Group (Ehemals BV-Holding, 270 Millionen CHF) und Kursaal Bern AG (15 Millionen CHF).

Die acht Schweizer Unternehmen, die sich 2021 für das IPO an einer ausländischen Börse entschieden haben, sind: On (858 Millionen US-Dollar), Sportradar (513 Millionen US-Dollar), Sophia Genetics (243 Millionen US-Dollar), VectivBio (147 Millionen US-Dollar), Molecular Partners (64 Millionen US-Dollar), Astrocast (52 Millionen US-Dollar), NLS Pharmaceutics (23 Millionen US-Dollar) und ID-Entity (3 Millionen US-Dollar).

Die SIX Swiss Exchange hat im November 2021 die Kotierung der sogenannten SPAC-Gesellschaften («Special Purpose Acquisition Companies») zugelassen, die erste Kotierung einer Schweizer SPAC-Gesellschaft könnte noch in diesem Jahr erfolgen.

«Die Schweizer Wirtschafts- und Finanzwelt kann auf ein erfolgreiches IPO-Jahr zurückblicken. Auffallend ist sicherlich, dass sich einige Schweizer Lifesciences-Unternehmen dieses Jahr im Ausland kotieren liessen, wo Risikokapital im Vergleich zur Schweiz teilweise besser zur Verfügung steht. Insgesamt ist die Schweiz 2021 nach China, Israel, Grossbritannien und den USA das Land mit den fünftmeisten IPOs von heimischen Firmen an einem ausländischen Börsenplatz», sagt Tobias Meyer von EY Schweiz.

Verdoppelung der Börsengänge in Europa, starker US-Markt
Das stärkste Wachstum an Börsengängen wurde 2021 in Europa registriert: Im Vergleich zu 2020 hat sich die Zahl der Börsengänge an europäischen Börsen in diesem Jahr von 191 auf 485 mehr als verdoppelt, das Emissionsvolumen hat sich sogar fast verdreifacht: von 27,5 auf 81,1 Milliarden US-Dollar.

Die meisten Börsengänge wurden hingegen erneut in China (einschliesslich Hongkong) registriert; im Reich der Mitte wagten in diesem Jahr 593 Unternehmen den Schritt an die Börse, das waren elf Prozent mehr als im Vorjahr. Das Emissionsvolumen stieg um drei Prozent auf 122,8 Milliarden US-Dollar.

Insgesamt sehr stark entwickelte sich der US-Markt: Die Zahl der Börsengänge an US-Börsen stieg 2021 im Vorjahresvergleich um 86 Prozent auf 416, das Emissionsvolumen wuchs um 81 Prozent auf 155,7 Milliarden US-Dollar.

Tech-Firmen als IPO-Zugpferde
Dabei zogen vor allem Technologie-Unternehmen das Interesse der Investoren auf sich: 2021 wurden insgesamt 611 IPOs in diesem Sektor mit einem Gesamtvolumen von insgesamt 147 Milliarden US-Dollar gezählt. Damit entfallen 2021 weltweit 26 Prozent der IPOs und sogar 33 Prozent des gesamten Emissionsvolumens auf Tech-Firmen.

Diese Entwicklung reflektiert sich auch in den grössten Börsengängen dieses Jahres: Die zehn grössten Börsengänge in 2021 betreffen entweder Unternehmen aus dem Technologie-Bereich oder mit starkem Fokus auf diesen Sektor: Der Elektroauto-Hersteller Rivian Automotive (USA; Erlös 13,7 Milliarden US-Dollar), das Telekom-Unternehmen China Telecom (China; 7,4 Milliarden US-Dollar), die Technologie-Anbieter Kuaishou Technology (China; 6,2 Milliarden US-Dollar), Coupang (Südkorea; 4,6 Milliarden US-Dollar) und Didi Global (China; 4,4 Milliarden US-Dollar), das Postunternehmen InPost (Polen; 3,9 Milliarden US-Dollar), die Technologiefirma Krafton (Südkorea; 3,8 Milliarden US-Dollar), die Logistikfirma JD Logistics (China; 3.6 Milliarden US-Dollar), das Energieunternehmen China Three Gorges Renewables (China; 3.5 Milliarden US-Dollar) sowie das HealthCare-Unternehmen BeiGene (China; 3,3 Milliarden US-Dollar).

Gemäss IPO-Experte Tobias Meyer von EY Schweiz hat dieser Technologie-Boom auch mit den wirtschaftlichen Veränderungen zu tun, die durch die Covid-19 verstärkt wurden: «Die digitale Transformation der Wirtschaft hat durch diese Pandemie einen enormen Schub bekommen. Zudem ist die Bereitschaft stark gestiegen, etablierte Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und auch radikale Massnahmen einzuleiten, um die Zukunftsfähigkeit und Agilität von Unternehmen zu sichern. All das führt zu einem steten Zustrom von Börsenneulingen und hat zum grossen Interesse der Investorengemeinde an Tech-Unternehmen beigetragen.»

Vermehrt Börsengänge in Europa via SPACs
2021 wurden weltweit insgesamt 646 SPAC-Transaktionen gezählt, ein Wachstum von 136 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Mantelgesellschaften erzielten ein Emissionsvolumen von insgesamt 161 Milliarden US-Dollar (+97 Prozent). Von diesen SPAC-Transaktionen im laufenden Jahr entfielen 587 (91 Prozent) auf die USA und 20 SPAC-Emissionen auf Asien, während in Europa 39 derartige Emissionen verzeichnet wurden. «SPACs waren bisher vor allem ein US-Phänomen, aber wir beobachten auch in Europa ein grosses Interesse – so stieg die Zahl der SPAC-Emissionen in Europa von 20 im Jahr 2020 auf 39 in diesem Jahr», sagt Tobias Meyer.

Auch 2022 dürfte ein guter IPO-Jahrgang werden
«Angesichts der anhaltenden tiefen Zinsen bleibt das Interesse der Investorinnen und Investoren nach attraktiven Anlagemöglichkeiten anhaltend hoch. Hinzu kommt, dass Unternehmen gelernt haben, mit der Pandemie umzugehen, entsprechend können sie besser als noch vor zwei Jahren mit den Auswirkungen von Covid-19 oder etwaigen neuen Virusvarianten umgehen», analysiert EY-Experte Tobias Meyer. «Überdies ist weiterhin viel Geld im Markt, welches investiert werden muss. Wir rechnen deshalb auch für 2022 mit einigen Börsengängen, etwa von jungen Unternehmen, durch Konzernabspaltungen oder via Fusionen mit SPACs. (EY/mc/ps)

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