EZB setzt Rating-Bestimmungen für Portugal aus

EZB setzt Rating-Bestimmungen für Portugal aus

EZB-Chef Jean-Claude Trichet.

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Rating-Bestimmungen für portugiesische Staatsanleihen ausgesetzt. Der relevante Schwellenwert im Refinanzierungsgeschäft mit den Banken sei bis auf weiteres aufgehoben worden, sagte EZB-Chef Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt. Damit ergreift die Notenbank eine ähnliche Massnahme wie im Falle Griechenlands und Irlands im vergangenen Jahr.

Trichet begründete die Aussetzung mit dem Hilfsprogramm für Portugal, das erst vor wenigen Wochen in Kraft getreten ist. Das Sparprogramm Portugals sei vom EZB-Rat als angemessen beurteilt worden. Zudem verweist die Notenbank auf die Zusage der portugiesischen Regierung, das Programm umzusetzen.

Starke Herabstufung durch Moody’s
Normalerweise müssen Staatspapiere eine gewisse Bonitätsnote im sogenannten «Investment-Grade»-Bereich aufweisen, damit sie die Banken bei der EZB als Sicherheit hinterlegen können. Für Griechenland und Irland wurden diese Mindestanforderungen mit den Rettungspaketen aufgehoben. Zuvor hatten die Ratingagenturen die Bonität der Länder stark gesenkt. Dem jüngsten EZB-Beschluss zu Portugal geht eine starke Herabstufung des Landes durch die Ratingagentur Moody’s voraus. Am Dienstagabend hatte Moody’s die Kreditwürdigkeit des Landes gleich um vier Noten in den «Ramsch-Bereich» gesenkt. Kritik kam nicht nur seitens der europäischen Politik, sondern auch von Finanzexperten.

Ratingagenturen – Zahlungsausfall
Gefragt nach der grundsätzlichen Thematik «Ratingagenturen» sagte Trichet, eine kleine Gruppe von Ratingagenturen sei letztlich nicht erstrebenswert. Derzeit teilen sich die drei grössten Agenturen Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch faktisch den Rating-Markt. Zudem sei jedem klar, dass die Entscheidungen der Agenturen pro-zyklisch gefällt würden. Die gesamte Problematik müsse aber in einem «globalen Umfeld» diskutiert werden. EZB-Chef Trichet bekräftigte zudem die Haltung der Notenbank zu einer möglichen Einbindung privater Investoren in die Griechenland-Hilfe: Jede Art von Kreditereignis müsse vermieden werden, so Trichet. Dies gelte sowohl für einen Zahlungsausfall als auch für einen teilweisen Zahlungsausfall («Selective Default»). Erst zu Wochenbeginn hatte die Ratingagentur S&P damit gedroht, eine Beteiligung privater Investoren an der Griechenland-Hilfe wohl als Zahlungsausfall zu werten. Dies hätte schwerwiegende Konsequenzen insbesondere für das griechische Bankensystem.

Brüssel will Macht von Ratingagenturen beschränken
Die EU-Kommission erwägt, Ratingagenturen die Bewertung von kriselnden Euro-Staaten gesetzlich zu untersagen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier kann sich vorstellen, die Ratings für Staaten auszusetzen, die internationale Finanzhilfen erhalten. «Man kann sich die Frage stellen, ob es zweckmässig ist, Länder zu bewerten, die sich in internationalen Programmen befinden, da sie ja Unterstützung von aussen bekommen», sagte Barnier in einem am Donnerstag in Brüssel verbreiteten Statement. Dieser Vorschlag würde Länder wie Griechenland, Portugal oder Irland betreffen, die Milliardenkredite von den Euro-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten.

Deutliche Kritik
Barnier kündigte an, die EU-Kommission werde bis zum Herbst Vorschläge zu diesem zentralen Thema machen. Brüssel ist die Macht der drei grossen Ratingagenturen schon lange ein Dorn im Auge. Die EU-Kommission hatte die jüngste Herabstufung Portugals mit ungewöhnlich deutlichen Worten kritisiert. Der Binnenmarktkommissar sagte, die Ratingagenturen müssten besser von der Politik beaufsichtigt werden. «Wir müssen mehr tun: Mehr Wettbewerb schaffen, ihre Arbeitsweise transparenter machen, ihre Methoden über die Bewertung der Staatsschuld verschärfen und ihre quasi-institutionelle Rolle im System, also ihre Macht und ihren Einfluss, verringern.» (awp/mc/upd/ss)

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