EZB: Trichet fordert ehrgeizigere Reformen

EZB: Trichet fordert ehrgeizigere Reformen

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet.

Berlin – EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat angesichts der Schuldenkrise noch ehrgeizigere Reformen in der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik gefordert. «Wir sind für strengere Sanktionen, um sicherzustellen, dass man sich an die Regeln hält», sagte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag beim WDR-Europaforum in Berlin.

Es sei zu befürchten, dass die in Europa geplanten Massnahmen zu lasch ausfielen. Die strukturellen Schwächen, die zu Schuldenkrisen einzelner Euro-Länder geführt hätten, müssten nun durch mehr automatische Sanktionen und strengere Fristen beseitigt werden.

Euro grundsätzlich nicht in Gefahr
Trichet, der im Oktober seinen Posten an den Italiener Mario Draghi übergibt, sieht den Euro aber nicht grundsätzlich in Gefahr: «Der Euro hat sich als Stabilitätsanker in stürmischer See erwiesen. Davon haben alle Länder des Euro-Raums profitiert.» Der EZB-Chef versuchte, die Ängste vieler Bürger vor einer massiven Geldentwertung zu zerstreuen. In Deutschland habe die Inflation in den vergangenen zwölf Jahren im Schnitt bei 1,5 Prozent gelegen. «Stark wie die D-Mark sollte der Euro sein – und stark wie die Mark ist er geworden.»

Trichet bekräftigt Handlungsbereitschaft angesichts Inflationsdrucks
Die EZB hat ihre Handlungsbereitschaft angesichts des anhaltenden Inflationsdrucks im Währungsraum bekräftigt. «Wir beobachten die Situation genau», sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Berlin. Die Notenbank werde das Notwendige tun, um Preisniveaustabilität im Euroraum sicherzustellen. Zudem bekräftigte Trichet die Unabhängigkeit der Zinspolitik von den Krisenmassnahmen der Notenbank. Die Krisenpolitik wirke sich nicht auf die Zinspolitik zur Bekämpfung der Inflation aus, sagte Trichet.

Steigende Energie- und Rohstoffpreise gefährden Preisstabilität
Trichet sprach erneut von anhaltenden Aufwärtsrisiken für die mittelfristige Preisstabilität, insbesondere seitens der hohen Energie- und Rohstoffpreise. «Wir müssen verhindern, dass sich der Preisanstieg bei Rohstoffen auf die langfristigen Inflationserwartungen auswirkt, was Zweitrundeneffekte bei Löhnen und Preisen nach sich ziehen könnte.» Im April lag die Inflationsrate im Währungsraum bei 2,8 Prozent und damit deutlich über dem Ziel der EZB von knapp zwei Prozent. Zudem haben die Inflationserwartungen zuletzt angezogen.

EZB-Mitglied Nowotny: Krisenmechanismen für Banken nicht mehr notwendig
Der Bankensektor der Eurozone hat nach Einschätzung des Ratsmitglieds der Europäischen Zentralbank (EZB), Ewald Nowotny, die Finanzkrise grundsätzlich überwunden. Die Krisenmechanismen der vergangenen Monate und Jahre seien daher nicht länger notwendig, sagte der österreichische Notenbankchef am Donnerstag während einer Pressekonferenz. Die EZB werde die Krisenmechanismen nunmehr schrittweise zurückfahren.

Entspannung bei Verbraucherpreisen
Eine weitere Entspannung erwartet Nowotny in den kommenden Monaten auch bei der Frage der Verbraucherpreise. Zuletzt habe vor allem der starke Ölpreis die Inflation getrieben. Im kommenden Jahr rechnet das EZB-Ratsmitglied aber nicht mehr mit vergleichbaren Preissprüngen an den Ölmärkten. Es sei zwar weiter mit hohen Ölpreise zu rechnen, aber ähnlich starke Preissprünge wie in den Jahren 2010 und 2011 seien nicht zu erwarten. Auch wenn die EZB nach Einschätzung von Nowotny nicht jeden Monat das angestrebte Inflationsziel von knapp zwei Prozent erreichen müsse, sollten die Preisentwicklungen weiterhin «sorgfältig und mit Vorsicht beobachtet werden». (awp/mc/upd/ss)

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