Griechenland: EZB nimmt Euro-Staaten in die Pflicht

Griechenland: EZB nimmt Euro-Staaten in die Pflicht

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet.

Hamburg – Kurz vor dem Euro-Krisengipfel nimmt die Europäische Zentralbank (EZB) die Regierungen der Eurozone in die Pflicht. Falls die Entscheidung der Regierungen im Streit um die Griechenland-Rettung zu einem teilweisen Zahlungsausfall oder einem Zahlungsausfall führe, «müssten die Regierungen dafür sorgen, dass dem Euro-System Sicherheiten bereitgestellt werden, die es akzeptieren kann.»

Dies sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet der «Financial Times Deutschland» vom Montag. Das Euro-System umfasst die EZB und die 17 nationalen Euro-Zentralbanken. Hintergrund ist, dass die Regierungen derzeit Lösungen wie einen Schuldenschnitt für Griechenland diskutieren, die zu einem Zahlungsausfall oder zu einem teilweisen Zahlungsausfall führen könnten. Für diesen Fall hat die EZB angekündigt, sie werde griechische Staatsanleihen nicht länger als Sicherheiten im Austausch gegen Liquidität für griechische Banken akzeptieren. Das könnte den Zusammenbruch des griechischen Bankensystems zur Folge haben.

«Die Regierungen tragen dafür Verantwortung»
«Die Regierungen tragen dafür die Verantwortung», betonte Trichet. «Die Regierungen sind gewarnt worden, unmissverständlich und mit allen Mitteln. Ich habe das öffentlich gesagt. Ich habe den Staats- und Regierungschefs und den Finanzministern mehrmals im Detail erklärt, dass wir beim Zahlungsausfall eines Landes dessen ausgefallene Staatsanleihen nicht mehr als normale notenbankfähige Sicherheiten akzeptieren können. Die Regierungen müssten unter solchen Umständen selbst einspringen und das korrigieren. Das wäre dann ihre Pflicht.»

«Keine Kompromisse»
Trichet betonte, die Euro-Notenbank werde in dieser Frage keine Kompromisse eingehen. «Es ist inakzeptabel für uns, unsere Rolle als Anker für Stabilität und Vertrauen im Euroraum und in Europa aufs Spiel zu setzen», betonte Trichet. «Wenn ein Land zahlungsunfähig wird, können wir seine ausgefallenen Staatsanleihen nicht mehr als normale notenbankfähige Sicherheiten akzeptieren. Denn nach Auffassung des EZB-Rats würde dies unsere Fähigkeit einschränken, als Vertrauens- und Stabilitätsanker zu fungieren.»

Erneute Absage an Eurobonds
Der EZB-Präsident unterstrich zudem, dass die Notenbank nichts von der Einführung sogenannter Eurobonds halte, um die Krise zu meistern. Der EZB-Rat habe sich die verschiedenen Vorschläge zur Ausgestaltung von Eurobonds angesehen. «Zurzeit unterstützt er sie nicht», sagte Trichet. Trotz der schwierigen aktuellen Lage zeigte sich Trichet optimistisch zur Zukunft der Eurozone und der EU-Integration. «Selbstverständlich können die Europäer diese Situation meistern», sagte der EZB-Chef. «Die Europäer haben stets bewiesen: Wenn sie vor gewaltigen Herausforderungen stehen, ziehen sie an einem Strang.»

EZB kaufte erneut keine Staatsanleihen
Ausserdem teilte die Notenbank mit, dass die EZB trotz der Zuspitzung der Schuldenkrise in der vergangenen Woche abermals keine Staatsanleihen gekauft hat. Damit ist die EZB bereits die 16. Woche in Folge nicht am Sekundärmarkt in Erscheinung getreten. In der vergangenen Woche waren am Markt Gerüchte über erneute Anleihenkäufe durch die EZB aufgekommen.  (awp/mc/ps)

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