Druck auf Athen wächst

Druck auf Athen wächst

Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos.

Athen – Die griechische Regierung will bis Ende dieser Woche ihr umstrittenes neues Sparpaket auf den Weg bringen. Damit würde das pleitebedrohte Land nach zähen Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern die Bedingungen für weitere Milliardenhilfen erfüllen. Bewegung zeichnet sich derweil bei den Verhandlungen über den dringend benötigten Schuldenschnitt ab: Die Europäische Zentralbank (EZB) soll nach Informationen des «Wall Street Journals» nun bereit sein, zum griechischen Schuldenschnitt beizutragen. Weder die EZB noch die EU-Kommission wollten dies am Mittwoch kommentieren.

Die internationalen Geldgeber forderten Athen dazu auf, nun endlich über das neue verschärfte Sparprogramm zu entscheiden. Der parteilose Ministerpräsident Lucas Papademos traf sich am Mittwochnachmittag mit den Chefs der drei Regierungsparteien, um deren Billigung einzuholen. Dies ist Voraussetzung, damit die Regierung das Sparprogramm offiziell beschliessen und ins Parlament einbringen kann. Dort ist die Abstimmung voraussichtlich für diesen Sonntag vorgesehen. Ohne die neuen Sparbeschlüsse kann das 2011 beschlossene zweite Hilfspaket für Griechenland nicht auf den Weg gebracht werden.

Euro-Finanzminister treffen sich am Donnerstagabend
Die Finanzminister des Euroraums werden sich am Donnerstagabend in Brüssel treffen. Dies teilte der Chef der sogenannten Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, am Mittwochabend in einer Erklärung per E-Mail mit. Das Treffen werde ab 18.00 Uhr stattfinden. Hauptthema dürfte die Lage in Griechenland sein.

Hilfspaket von 130 Milliarden Euro
Das neue Hilfspaket soll einen Umfang von 130 Milliarden Euro haben, bedarf aber noch der endgültigen Freigabe durch die Finanzminister. Griechenland hängt bereits seit dem Frühjahr 2010 am internationalen Finanztropf. Damals wurden dem Land als erstem in der Eurozone Kredithilfen über 110 Milliarden Euro zugesagt, die sich aber bald als unzureichend erwiesen. Würde Athen bis März keine weiteren Milliardenhilfen bekommen, wäre Griechenland pleite, denn am 20. März werden Staatsanleihen im Umfang von 14,5 Milliarden Euro fällig. Bis zur letzten Minute haben Papademos und sein Finanzminister Evangelos Venizelos mit den Finanzkontrolleuren der «Troika» aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB um letzte Details gerungen.

Umstrittene Lohnkürzungen
Im Mittelpunkt des Sparprogramms stehen die Senkung der Mindestlöhne, Einschnitte im Gesundheitssektor, bei der Rüstung sowie die Kappung von Zuschüssen für Städte und Gemeinden. Besonders heftig umstritten ist in Griechenland die von der «Troika» geforderte Kappung des Mindestlohns, der derzeit rund 750 Euro monatlich beträgt. Von der Höhe des Mindestlohns hängen wiederum andere Leistungen ab, beispielsweise das Arbeitslosengeld. Insgesamt sollen 2012 weitere 4,4 Milliarden Euro eingespart werden. Die Regierung will zudem noch in diesem Jahr 15 000 Staatsbedienstete entlassen, bis 2015 soll es insgesamt 150 000 Staatsdiener weniger geben. Aus Protest gegen das neue Sparprogramm hatten sich am Dienstag tausende Griechen an einem 24-Stunden-Streik beteiligt.

Verhandlungen auch zu Schuldenschnitt
Parallel wird über einen freiwilligen Schuldenschnitt für Griechenland mit privaten Gläubigern wie Banken und Hedge-Fonds verhandelt. Griechenland hofft dabei auf eine Reduzierung des Schuldenberges um 100 Milliarden Euro. Ob diese Zahl zustande kommt, gilt aber als fraglich. Denn es ist unklar, ob sich alle Gläubiger zum Forderungsverzicht bereit erklären. Vor diesem Hintergrund hatte der IWF gefordert, auch öffentliche Gläubiger müssten einen Beitrag leisten.

EZB grösster öffentlicher Griechenland-Gläubiger
Grösster öffentlicher Gläubiger ist die EZB. Sie hatte seit 2010 griechische Staatsanleihen aufgekauft, um den damals einsetzenden rapiden Kursverfall aufzuhalten. Dem «WSJ» zufolge soll die EZB nun bereit sein, diese Anleihen zum niedrigen Kurs an den Euro-Rettungfonds EFSF zu verkaufen. Der EFSF würde die Anleihen an Athen dann seinerseits zu einem Kurs deutlich unter dem Nennwert zurückgeben. Damit müsste Griechenland diese Anleihen nicht mehr zum vollen Wert zurückzahlen, die Schulden wären reduziert. EFSF-Vizechef Christophe Frankel sagte am Mittwoch in London, dass der EFSF «wahrscheinlich eine bedeutende Rolle» beim geplanten Schuldenschnitt für Griechenland spielen werde. (awp/mc/upd/ps)


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