JPMorgan für Spekulationsdesaster gebüsst

JPMorgan für Spekulationsdesaster gebüsst
JPMorgan-CEO Jamie Dimon.

Jamie Dimon, CEO JPMorgan.

New York – Das Debakel um einen 6,2 Milliarden Dollar hohen Spekulationsverlust hat für die grösste US-Bank JPMorgan ein teures juristisches Nachspiel. Mehrere Aufsichtsbehörden in den USA und Grossbritannien haben Strafen über insgesamt rund 920 Millionen Dollar gegen das Institut verhängt, wie die US-Notenbank Fed mitteilte. JPMorgan Chase bestätigte, in entsprechende Vergleiche eingewilligt zu haben.

Die Aufseher halten JPMorgan Chase vor, bei den Risikokontrollen geschludert zu haben. Eine Londoner Abteilung der Grossbank hatte den Milliardenverlust im vergangenen Jahr mit Derivategeschäften angehäuft. Einer der verantwortlichen Händler hatte wegen der marktbewegenden Grösse der Spekulationen den Spitznamen «Wal von London» verpasst bekommen. Das Ausmass des Desasters blieb der New Yorker Zentrale aber lange verborgen.

Spitzenmanagement ignoriert erste Warnzeichen
Die Fehler bei JPMorgan seien «sehr ernst» gewesen, erklärte Tracey McDermott von der britischen Aufsichtsbehörde FCA. Das Spitzenmanagement der Bank habe erste Warnzeichen ignoriert. «Als die Dinge begannen, aus dem Ruder zu laufen, hat das Unternehmen die Grösse und das Ausmass der Probleme nicht schnell genug begriffen.» Das Desaster habe letztlich «Schockwellen» durch die Märkte geschickt. McDermott forderte: «Die Firmen müssen aus diesem Vorfall lernen.»

Druck der SEC
Auf Druck der US-Börsenaufsicht SEC räumte JPMorgan Chase ein Fehlverhalten ein – was keine Selbstverständlichkeit bei bisherigen Vergleichen war. Konzernchef Jamie Dimon erklärte, das Institut habe seine Fehler «von Anfang an eingeräumt» und Verantwortung übernommen.

Dimon hatte allerdings erste Medienberichte über die gigantischen Finanzwetten und ihre Risiken noch als «Sturm im Wasserglas» abgetan, was er im Nachhinein öffentlich bereute. Ausserdem erwiesen sich erste Kalkulationen über die Höhe des Spekulationsverlusts als zu niedrig. Den Fehlbetrag steckte JPMorgan letztlich aber gut weg: Im vergangenen Jahr blieb trotzdem noch ein Rekordgewinn übrig.

Debakel kostet Investmentchefin Ina Drew den Job
Dimon nahm wegen des Debakels einen Gehaltseinschnitt in Kauf, blieb letztlich aber fest im Sattel. Die zuständige Investmentchefin Ina Drew musste dagegen gehen. Erst im August hatte die Staatsanwaltschaft von Manhattan zudem zwei ehemalige Londoner JPMorgan-Banker angeklagt. Diese hätten die aufgelaufenen Verluste verschleiert, so der Vorwurf.

Behörden ermitteln weiter
Nach Informationen von US-Medien ist das Spekulationsdebakel für JPMorgan jedoch auch mit der Strafzahlung noch nicht ausgestanden. Demnach ermitteln die für den Derivatemarkt zuständige Aufsichtsbehörde CFTC sowie Staatsanwaltschaften weiter.

Die Bank, die einst als Vorzeigeinstitut galt, kämpft derzeit an vielen Fronten. Unter anderem steht der Vorwurf von Betrügereien bei Hypothekenpapieren sowie beim Referenzzinssatz Libor im Raum. Wegen einer mutmasslichen Manipulation des US-Strommarkts zahlte JPMorgan unlängst 410 Millionen Dollar. Zuletzt stockte das Wall-Street-Haus seine Rücklagen für Rechtsstreitigkeiten um gut 1,5 Milliarden Dollar auf. (awp/mc/pg)

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