Karl Zeller, CEO Patiswiss im Interview

Karl Zeller, CEO Patiswiss im Interview
Karl Zeller, CEO Patiswiss. (Foto: Patiswiss)

Karl Zeller, CEO Patiswiss. (Foto: Patiswiss)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Zeller, um 10 Prozent war letztes Jahr der Export von Patiswiss rückläufig. Das war aber vor dem Frankenschock. Beackern Sie jetzt nur noch den Schweizer Markt?

Karl Zeller: Ja, es ist richtig, dass wir im 2014 Umsatzeinbussen in der von Ihnen erwähnten Grössenordnung im Exportgeschäft erlitten haben. Da wir aber lediglich 5% des Gesamtumsatzes der Patiswiss AG mit unserer Exporttätigkeit generieren, relativiert sich dieser Rückgang im Verhältnis zur gesamten Unternehmensentwicklung im 2014. Zurückzuführen ist dieser Rückgang auf unseren Hauptabnehmer in den USA durch eine interne Umstellung der Lagerdisposition sowie auf einen Sortimentswechsel eines Kunden in Russland.

Patiswiss produziert etwa anderthalb Millionen Kilo Halbfabrikate für Confiseure pro Jahr. Damit sind Sie ein Nischenplayer. Halten sie Ausschau nach weiteren vielversprechenden Geschäftsfeldern?

Bereits in unserer formulierten strategischen Ausrichtung haben wir festgelegt, dass mit unseren Kernkompetenzen ein optimaler Kundennutzen durch die Positionierung als Nischenplayer erreicht werden kann. Die Patiswiss AG produziert hochwertige Produkte in einem Segment, das für die Grossen zu klein ist und wo den Kleinen die Voraussetzungen fehlen. Folgerichtig konzentrieren wir uns daher auch im für uns wichtigen Bereich der Handelswaren auf hochwertige Premium-Produkte wie Valrhona, Fabbri, Firma und folgen damit der Patiswiss-Strategie.

Wie wird denn diese Strategie festgelegt?

Im Zuge der diesjährigen Überprüfung und Weiterentwicklung der Strategie, setzten wir die Portfolio-Analyse ein, um zukünftig die Unternehmensaktivitäten noch verstärkt in Geschäftsfelder zu lenken, in denen die Marktaussichten günstig sind und daher Wettbewerbsvorteile bringen können. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Multiplikation von bereits entwickelten und eingesetzten Halbfabrikaten im Industriebereich.

«Bereits vor einigen Jahren hat die UNO die rapiden Zunahmen von Palmöl-Anlagen als eine der grössten Bedrohungen für den Regenwald und damit auch für die Orang-Utans bezeichnet.»
Karl Zeller, CEO Patiswiss

Da Sie ja seit 2013 absolut palmölfrei produzieren, bietet sich sicherlich eine Ausweitung der margenstärkeren Premiumkategorien an, oder?

Unser Leitsatz „Inspired by Quality“ beinhaltet auch die Verpflichtung zu Nachhaltigkeit, weshalb wir uns entschieden haben, auf die Verwendung von Nahrungsfetten aus Palmöl in sämtlichen von uns hergestellten Patiswiss-Produkten zu verzichten. Alternativ zu Palmöl verwenden wir in unseren Rezepturen seit dem 1. Januar 2013 nur noch Sonnenblumenöl, Kokosnuss-Öl und Kokosnuss-Butter und leisten somit einen nachhaltigen Beitrag  für unsere Umwelt und gegen die Zerstörung des Regenwaldes.

Was ist denn neben dem Geschmack so schlimm am Palmöl?

Palmöl wird aus der Frucht von Ölpalmen gewonnen und ist seit 2005 zum wichtigsten Pflanzenöl der Welt geworden. Aus Palmöl werden verschiedene Fette hergestellt die vor allem in der Nahrungsmittelindustrie verwendet werden. In den vergangenen Jahren ist die Produktion zum Teil um über 15 Prozent pro Jahr angestiegen. Die wichtigsten Anbauländer für Ölpalmen sind Malaysia und Indonesien die zusammen über 85 Prozent der Weltproduktion herstellen.

Der Palmöl-Boom hat aber anderseits seinen Preis für die Umwelt. Um Platz für die Plantagen zu schaffen, werden grosse Flächen des Regenwalds abgeholzt. Bereits vor einigen Jahren hat die UNO die rapiden Zunahmen von Palmöl-Anlagen als eine der grössten Bedrohungen für den Regenwald und damit auch für die Orang-Utans bezeichnet.

Nachdem sich letztes Jahr die Haselnusspreise in der Türkei verdoppelt hatten, sollte es dieses Jahr an der Rohstoffpreisfront für Patiswiss besser aussehen.

Durch Schnee in den Höhenlagen und Frost erfroren viele Blüten an den Haselnusssträuchern. Die Ernteprognosen sanken von ursprünglich 750‘000 Tonnen auf 400‘000 Tonnen, und die Preise stiegen um fast das Dreifache.  Für die Ernte 2015 wird eine Menge zwischen 650 – 700‘000 Tonnen Haselnüsse erwartet. Dieser Umstand könnte zu Preissenkungen führen, welche jedoch kaum wieder auf das Niveau von 2013 (circa Franken 5,80 ) absinken dürften. Im Weiteren ist die Entwicklung des Haselnusspreises auch davon abhängig, ob das türkische Getreideamt TMO zur Preisstabilisierung in den Markt eingreift und von den Produzenten direkt Haselnüsse aufkauft, diese einlagert und dadurch dem Markt Ware entzieht.

Oder wird die Trockenheit in Kalifornien jetzt zu besonders teuren Mandeln führen?

Betrachtet man die Rohstoffpreisentwicklung bei den Mandeln – 80 Prozent aller Mandeln werden in Kalifornien angebaut und geerntet – so zeigt sich spiegelbildlich eine gleiche Entwicklung wie bei den Haselnüssen. Ausgelöst wurden die seit zwei Jahren stark ansteigenden Mandelpreise einerseits durch Wasserknappheit und Trockenheit, was die Erntemenge beeinflusste und zu Qualitätseinbussen führte, anderseits aber auch durch eine verstärkte Nachfrage aus dem amerikanischen Inland und dem asiatischen Raum.

Durch die Medienberichte konnte man in den vergangenen Wochen feststellen, dass sich die Wasserknappheit in Kalifornien durch die extreme Hitze noch akzentuiert hat.  Dadurch dürften sich auch die Mandelpreise weiterhin auf hohem Niveau stabilisieren und durch die große Nachfrage sogar noch steigen.

«Erschwerend kommt hinzu, dass  Ferrero, der Hersteller von Nutella, als grösster Haselnuss-Aufkäufer auf dem italienischen Markt auftritt, um so seinen hohen Bedarf an Haselnüssen abdecken zu können.»

Kann man, falls sich eine witterungsbedingte Missernte wie 2014 an der türkischen Schwarzmeerküste wiederholt, nicht auf Haselnüsse aus dem Piemont ausweichen?

70 Prozent der weltweit produzierten Haselnussmenge stammt aus der Türkei. In Italien werden rund 15 Prozent und bei den übrigen Produzenten (Kaukasus, USA, Spanien und andere) weitere 15 Prozent  aller Haselnüsse geerntet.  Durch diese Mengenverteilung ist klar ersichtlich, dass mit Haselnüssen aus Italien (aus dem Piemont) lediglich ein kleiner Teil der Nachfrage abgedeckt werden könnte. Erschwerend kommt hinzu, dass  Ferrero, der Hersteller von Nutella, als grösster Haselnuss-Aufkäufer auf dem italienischen Markt auftritt, um so seinen hohen Bedarf an Haselnüssen abdecken zu können.

Besitzt Patiswiss einen eigenen Sourcing-Manager?

Diese Funktion wird bei der Patiswiss durch eine kompetente Mitarbeiterin wahrgenommen, die in der Vergangenheit bereits eine entsprechende Ausbildung absolviert und mehrjährige Erfahrungen in einem Lebensmittelgrosskonzern gesammelt hat.

Wo gibt es denn, nach der Auslagerung der Transportlogistik an Murpf, noch Möglichkeiten des Outsourcing?

Die Auslagerung der Transportlogistik an Murpf in Hägendorf erfolgte bereits bei der Umwandlung der EG Confiseur in die Patiswiss AG im 2003. Diese in der Zwischenzeit langjährige Partnerschaft mit Murpf hat sich für unsere Kunden wie aber auch für die Patiswiss sehr erfolgreich entwickelt. Durch Murpf werden vorwiegend Kunden beliefert, welche bei der Patiswiss AG nach kundenspezifischen Rezepturen produzieren lassen oder spezielle Sortimentsteile beziehen. Patiswiss-Produkte des Standard-Sortiments werden vorwiegend über Pistor und weitere nationale und lokale Grossisten verteilt.

Möglichkeiten des Outsourcings sehen wir noch bei Sortimentsteilen, welche unter starkem Preisdruck stehen oder sich in einem abnehmenden Markt befinden. Demgegenüber stehen aber auch Überlegungen des Insourcing im Vordergrund, speziell von Sortimentsteilen, welche bei grossen Gewerbe- oder Industriekunden auf Grund der Batch-Grösse zu aufwendig oder zu personalintensiv hergestellt werden müssten.

Wie gut ist denn Ihr Centre Confiseur ausgelastet?

Am 13. September 1988 wurde in Gunzgen das Centre Confiseur offiziell eingeweiht. Vom Centre Confiseur wurden konkrete und positive Impulse sowie Resultate erwartet bezüglich Profilierung und Erhaltung von Eigen- und Selbständigkeit des Konditor-Confiseur-Gewerbes. Das Centre Confiseur wurde in der Folge als Ausbildungs- und Schulungszentrum für Kunden und für überbetriebliche Kurse zum Erwerb grundlegender beruflicher Fertigkeiten der Lehrlinge aus den umliegenden Kantonen genutzt.

Mit der Umsetzung der Berufsbildungsverordnung für Lernende Bäcker-Confiseure – und der kantonalen Durchführung der überbetrieblichen Kurse in neuen Ausbildungszentren – verlor das Centre Confiseur einen grossen Teil der Auslastung. Heute wird es noch durch die Patiswiss für Demonstrationen und Workshops unserer Kunden und Mitarbeitenden verwendet.

Sie haben seit Ihrem Amtsantritt die Industrie als Wachstumssegment ausgemacht. Welches sind da Ihre drei grössten Kunden?

Konfrontiert mit der sich bereits seit mehreren Jahren abzeichnenden Tendenz einer jährlich sinkenden Zahl von Produktions- und Verkaufsstellen im Gewerbe wegen Geschäftsaufgabe, fehlende Nachfolger oder Filialisierung lag es auf der Hand, sich verstärkt für  die Bedürfnisse der Industriekunden zu interessieren. Durch die besonderen Stärken der Patiswiss – kundenspezifische Rezepturen ab 100 kg herzustellen, eigene und flexible Entwicklungsabteilung, Premium-Halbfabrikate nach traditionellen Rezepturen mit modernen Maschinen und Anlagen, neustes Qualitätsmanagementsystem und bedürfnisorientierte Zertifizierungen – trafen wir bei industriellen Kunden in der Lebensmittelbranche auf offene Türen. So ist es nicht verwunderlich, dass wir heute praktisch bei allen bekannten Herstellern der Biskuit- und Schokoladebranche mit kundenspezifischen Patiswiss-Produkten vertreten sind.

Als Zulieferer und Dienstleister der Lebensmittelbranche ist Patiswiss recht konjunkturresistent, oder nicht?

Es ist richtig, dass die Lebensmittelbranche gegenüber Konjunkturschwankungen weniger anfällig ist. Diese Tatsache zeigt sich vor allem im süssen Bereich: In guten Zeiten ist man Süsses aus Lust – in schlechten Zeiten aus Frust.

Dennoch haben Sie sicher auch ein Krisenszenario für alle widrigen Fälle. Was könnte denn die grösste Herausforderung sein?

Gegen die Naturgewalten wie Frost, Trockenheit, Regen im Sommer oder Taifuns sind wir machtlos, und diese können, wie am Beispiel der Haselnüsse und Mandeln diskutiert, durch uns nicht beeinflusst werden. Durch ein kontinuierliches Verfolgen der Marktsituation und durch geschicktes strategisches Einkaufen können hingegen Preisvorteile erzielt und Lieferengpässe vermieden werden. Auch das Prüfen von Alternativursprüngen – wie Georgien oder Aserbeidschan bei Haselnüssen – können als zukünftige Puffer für Lieferausfälle in den angestammten Anbaugebieten gesehen werden.

Eine weitere Herausforderung lässt sich in Form von negativen Wechselkurseffekten orten, welche insbesondere zur türkischen Lira und dem US-Dollar möglicherweise nicht vollumfänglich ausgeglichen werden können.

Zur Person: 
Karl Zeller, Jahrgang  1954, Schweizer, machte eine betriebswirtschaftliche Ausbildung bis zum Executive Master of Business Excellence ER war in Marketing- und Geschäftsleitung bei so  verschiedenen Industriebetrieben der Lebensmittelbranche  wie den Toni-Molkereien, Lüchinger& Schmid, Traiteur Seiler und Chocolats Halba ehe er auf Anfang Januar 2007 CEO der Patiswiss wurde.

Zum Unternehmen:
Das Kerngeschäft der  Patiswiss AG ist süss und inspirierend: Von  Mandelmassen, Pralinécrèmen, Couverturen, Glasurmassen bis  zu karamelisierten Nusskernen bietet das etabliertes Produktionsunternehmen aus d erLebensmittelbranche hochwertige Halbfabrikate im Süsswarenbereich für Gewerbe, Industrie und Gastronomie im In- und Ausland an und vertreibt auch fertige Premiumprodukte. Dienstleistungen und Schulungen rund um die Confiserie stehen ebenfalls auf dem Programm des otc-gelisteten Unternehmens.

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