NYSE Euronext übernimmt Libor-Feststellung

NYSE Euronext übernimmt Libor-Feststellung

London – Der New Yorker Börsenbetreiber NYSE Euronext soll künftig die von einem Manipulationsskandal erschütterten Libor-Zinssätze ermitteln. Anfang 2014 übernehme das US-Unternehmen die Verantwortung von der britischen Bankenvereinigung BBA, teilte die britische Finanzaufsicht FCA mit. Die Oberaufsicht soll bei der Behörde liegen. Mit dem Schritt will sie helfen, das Vertrauen in die wichtige Benchmark wiederherzustellen. Daran gibt es aber schon Zweifel. An der umstrittenen Erhebungsmethode soll sich zunächst nichts ändern.

Einige Analysten gaben sich verwundert, dass nun ausgerechnet der Betreiber der zweitgrössten Derivatebörse Europas mit der Feststellung der Referenzzinssätze betraut wird. Die NYSE-Tochter Liffe, eine Konkurrentin der Deutsche Börse-Sparte Eurex, bietet auch zahlreiche Absicherungsgeschäfte auf Libor-Basis an. «Das wirkt einfach nicht unabhängig genug», sagte RBC-Analyst Peter Lenardos der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die NYSE gründet für die Libor-Ermittlung eine eigene Tochter in Grossbritannien.

Jahrelange Manipulationen mit Milliardenbussen geahndet
Der Libor ist die Basis für Finanzgeschäfte in dreistelliger Billionenhöhe. Geringste Ausschläge können Millionen an Gewinn oder Verlust bringen. 2012 waren jahrelange Manipulationsversuche von Banken bekannt geworden. Als erste wurden Barclays, Royal Bank of Scotland (RBS) und UBS zu Strafen von zusammen gut 2,5 Milliarden Dollar verurteilt. Gegen weitere Institute laufen die Ermittlungen noch, darunter auch die Deutsche Bank . Wegen Beteiligung an den Manipulationsversuchen feuerte das Institut bereits einige Händler.

Suche nach besserem Schutz vor Manipulationen
Die «London Interbank Offered Rate» (Libor) war 1986 von der BBA als Referenzzinssatz eingeführt worden. Die Rate soll angeben, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Die Ermittlung beruht aber nicht auf tatsächlichen Geschäften, sondern auf Eingaben von Grossbanken. Das ist wenig transparent und bietet deshalb nach Einschätzung von Kritikern Raum für Manipulationen.

Derzeit suchen Aufseher weltweit nach Möglichkeiten, wie der Libor besser vor Manipulationen geschützt werden kann. Das kann aber Jahre dauern. So hat die EU etwa schon vorgeschlagen, die Aufsicht der europäischen Börsenaufsicht Esma zu übertragen. Auch der internationale Finanzstabilitätsrat FSB, in dem die wichtigsten Finanzaufsichtsbehörden der Welt sich abstimmen, will Reformvorschläge entwickeln. (awp/mc/pg)

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