Pensionskassen nach gutem 2021 schlecht ins neue Jahr gestartet

Pensionskassen nach gutem 2021 schlecht ins neue Jahr gestartet
(Photo by Val Vesa on Unsplash)

Zürich – Die Schweizer Pensionskassen haben im vergangenen Jahr ihre Kapitalpolster erneut ausbauen können. Doch sind sie wegen der geopolitischen Spannungen und der Turbulenzen an den Kapitalmärkten schlecht ins neue Jahr gestartet.

Im vergangenen Jahr stieg der durchschnittliche Deckungsgrad auf 115,4 Prozent von 110,2 Prozent im Jahr zuvor, wie der jährlich durchgeführten und am Mittwoch vorgestellten «Risiko Check-up-Studie» des Pensionskassenberaters Complementa zu entnehmen ist. Damit ist der Wert so hoch wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Die durchschnittliche Verzinsung des Vorsorgekapitals der Arbeitnehmenden belief sich 2021 auf 3,5 Prozent.

Ein Teil der Rendite wieder verpufft
2021 verbuchten Pensionskassen laut Complementa-Studie eine durchschnittliche Rendite von 8,3 Prozent. Doch in den ersten vier Monaten des Jahres 2022 ging die Gesamtrendite um 4,7 Prozent zurück. Damit verpuffte ein Teil des Vorjahresgewinns wieder. Und der durchschnittliche Deckungsgrad sank auf 109,2 Prozent per Ende April 2022. Nach guten Vorjahren seien die Reserven bei einem Grossteil der Pensionskassen aber gefüllt. Sollte sich die negative Performance weiter hinziehen oder verstärken, würde das aufgebaute «Polster» jedoch noch stärker beansprucht.

Der Deckungsgrad gibt dazu Auskunft, zu wie viele Prozent die Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung an einem bestimmten Stichtag mit Vermögenswerten gedeckt sind. Es geht also darum, in welchem Ausmass die Vorsorgeinstitute künftige Rentenzahlungen bedienen können.

Durchschnittliche Verzinsung bei 3,5 Prozent
Im Jahr 2021 wurde das Vorsorgekapital der Arbeitnehmenden mit durchschnittlich 3,5 Prozent verzinst. Dies sei deutlich mehr, als die vom Bundesrat festgelegte BVG-Mindestverzinsung von 1,0 Prozent. Verzinsungen von über drei Prozent gab es letztmals 2003 und in den vorangehenden Jahren, wie Complementa weiter festhält.

Trotz der guten durchschnittlichen Performance ist die Streuung der gewährten Verzinsungen mit +1,0 bis 10,0 Prozent sehr breit. Nicht alle Arbeitnehmenden hätten also in gleichem Mass vom guten Vorjahresergebnis profitiert.

Umwandlungssätze sinken weiter
Mit durchschnittlich 5,4 Prozent – ein neuerlicher Tiefstwert – liege der Umwandlungssatz 2022 nochmals rund 0,1 Prozentpunkte tiefer als im Vorjahr. Die Pensionskassen entfernen sich damit weiter vom BVG-Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent. Zudem planen die Pensionskassen für die kommenden Jahre weitere Senkungen.

Der BVG-Mindestumwandlungssatz trage weder der gestiegenen Lebenserwartung noch dem aktuellen Zinsniveau ausreichend Rechnung, schreibt Complementa. Der versicherungstechnisch korrekte Umwandlungssatz liege bei einem technischen Zins von 1,75 Prozent tiefer bei 4,8 Prozent.

Der technische Zinssatz gibt Auskunft darüber, wie viel die Pensionskasse auf dem Deckungskapital der laufenden Rentenbezüger jährlich verdienen muss, damit die versprochenen Leistungen umverteilungsfrei gedeckt sind. Pensionskassen haben für die nächsten fünf Jahre bereits Reduktionen beschlossen, um dieser Umverteilung entgegenzuwirken. Dadurch dürfte der durchschnittliche Umwandlungssatz bis 2027 auf 5,2 Prozent sinken.

Die Pensionskassen müssten aktuell eine Rendite von mindestens 2,1 Prozent erwirtschaften, um den Deckungsgrad konstant zu halten, schätzt Complementa. Die Pensionskassen könnten mit dem aktuellen Anlagemix aber langfristig eine solche Rendite erzielen. Kurzfristige Schwankungen seien nie ausgeschlossen.

Breit diversifizierter Anlagemix
Bedingt durch das tiefe Zinsniveau hätten die Pensionskassen in den letzten zehn Jahren die Obligationenbestände stark abgebaut. Noch 2011 sei die Hälfte des Vermögens als festverzinsliche Anlagen oder als Liquidität gehalten worden. 2021 waren es noch 36,6 Prozent. Dafür erhielten seither Aktien, ausländische Immobilien und alternative Anlagen wie Private Equity, Infrastrukturanlagen und Private Debt mehr Gewicht.

Infrastrukturinvestments könnten mehr Gewicht erhalten, weil sie seit dem 01.10.2020 nicht mehr als «alternative Anlage» eingestuft werden. Dadurch kann bis zu 10 Prozent des Gesamtvermögens in Infrastrukturanlagen angelegt werden. Die Immobilienquote liegt nun das vierte Jahr in Folge über 20 Prozent (aktuell 22%) und auch alternative Anlagen haben sich in den letzten Jahren nahe bei 10 Prozent festgesetzt (aktuell 9,2%). Die Aktienquote lag per Ende 2021 mit 32,2 Prozent leicht über dem historischen Mittel. Jeden zweiten Franken investiert die 2. Säule im Ausland, wobei Währungsrisiken zu einem grossen Teil absichert werden.

An der Studie haben 436 Pensionskassen mit insgesamt 780 Milliarden Franken an Vermögen teilgenommen. (awp/mc/pg)

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