Schweizer Händler fordern Schadensersatz von Mastercard und Visa

Schweizer Händler fordern Schadensersatz von Mastercard und Visa

Zürich – Die Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa sehen sich in der Schweiz mit einer Schadensersatzklage konfrontiert. Mehrere Schweizer Handelsunternehmen – darunter Branchengrössen wie Coop, Swiss, Selecta und Tui Suisse – fordern in einer Sammelklage rund 142 Millionen Franken wegen «unrechtmässig erhobener» Gebühren.

Kern der Klage sind gemäss einer Mitteilung vom Mittwoch die sogenannten «Interchange Fees». Das sind Transaktionsgebühren, die bei jeder Kartenzahlung anfallen. Diese seien von Mastercard und Visa über Jahre hinweg einseitig und ohne echte Verhandlungsmöglichkeiten festgelegt worden. Das sei ein Verstoss gegen das Kartellrecht.

Hohe Gebührenlast
Das Zahlungssystem der Kreditkartenanbieter ist bekannt als Vier-Parteien-System. Es bringt Händler, Karteninhaber, Kartenverarbeiter und Kartenherausgeber miteinander in Beziehung. Die Konsumenten bezahlen mit ihrer Kredit- oder Debitkarte, während der Händler den Kaufbetrag erhält – abzüglich der «Interchange Fee».

Die Kartengebühren betragen – je nach Kartentyp, Branche und Transaktionsart – zwischen 0,12 und 2,05 Prozent des Umsatzes. Laut den Klägern stellt dies bei einem jährlichen Kartenumsatz von über 50 Milliarden Franken eine «enorme finanzielle Belastung» dar – gerade auch für kleinere Anbieter. Gleichzeitig seien die grossen Kreditkartenfirmen im Gegensatz zu den Händlern und den kartenherausgebenden Banken vom Wettbewerb abgeschirmt.

Allein im stationären Handel habe die Finanzindustrie 2023 mit Debit- und Kreditkarten Gebühreneinnahmen von knapp 3,5 Milliarden Franken erzielt, bei einer operativen Marge von fast 60 Prozent. Eine solche Gewinnspanne komme in etablierten, risikoarmen Infrastrukturbereichen anderswo kaum vor, schreiben die Kläger. Diese untypisch hohen Gebühren seien nur möglich, weil ein funktionierender Wettbewerb gezielt verhindert werde.

Internationale Präzedenzfälle
Weiter verweisen die Kläger auf internationale Gerichtsentscheide, insbesondere aus Grossbritannien und den USA, wo Visa und Mastercard von Gerichten zu hohen Rückzahlungen und Strafen verurteilt wurden. In einem prominenten Fall sprach ein britisches Gericht dem Detailhändler Sainsbury’s Schadenersatz in Millionenhöhe zu. In den USA einigten sich die Kartenfirmen 2019 auf einen Vergleich über 6,2 Milliarden Dollar mit zahlreichen Unternehmen.

Die Klage ist dabei nicht nur rückwirkend ausgerichtet. Sie verfolge auch das Ziel, die Gebührenstruktur in der Schweiz langfristig zu verändern, damit sich ein freier Wettbewerb im Zahlungsverkehr zum Nutzen von Handel und Konsumenten entfalten könne, heisst es.

Visa weist Vorwürfe zurück
Der Kartenbetreiber Visa weist die erhobenen Vorwürfe entschieden zurück: «Wir halten die Klage für gegenstandslos und werden uns dagegen verteidigen», heisst es in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Die Gebühren seien von der Wettbewerbskommission (Weko) anerkannt und Visa erhalte keinen Anteil an der Interchange Fee. Zudem seien diese Gebühren notwendig, um Innovationen bei Zahlungen zu fördern und Kunden vor Betrug zu schützen.

Zudem habe Visa nach dem Auslaufen der von Weko genehmigten Interchange-Gebührensätze für Debit-Transaktionen diese um durchschnittlich ein Drittel auf EU-Niveau gesenkt, womit sich die Kosten für Schweizer Händler um potenziell mehr als 4 Millionen Franken jährlich verringert hätten.

Mit der Einreichung der Klage beim Handelsgericht Zürich müssen sich die Parteien nun wohl auf einen langen Rechtsstreit einstellen. Bis zum Urteil dürften noch Monaten oder gar Jahre verstreichen. (awp/mc/pg)

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