SNB-Ankündigung für Ökonomen glaubwürdig

Zürich – Die Ankündigung der SNB, den Euro nicht unter 1,20 CHF fallen zu lassen, ist nach ersten Einschätzungen von Ökonomen glaubwürdig. «Wenn man Lehren aus der Anbindung des Franken an die D-Mark von 1978 ziehen kann, dann dass die Notenbank erfolgreich sein wird. Auch wenn diesmal der Franken nicht an den Euro angebunden wird», schreibt UBS-Experte Geoffrey Yu in einer ersten Reaktion.

Die Risiken seien aber gross und die SNB sei gut beraten, ihre Geldmarktoperationen vorsichtig abzustimmen. Es könnte zu Inflationsdruck kommen. Dem schliesst sich Chefökonom Jörg Zeuner von der VP Bank an. «Die Ankündigung der SNB ist glaubwürdig, aber auch mit Risiken verbunden», so der Experte. Das Wechselkursziel sei mit Bedacht gewählt. Bei 1,20 sei der Franken allerdings weiter überbewertet.

Ein Kursziel von 1,30 wäre zwar fundamental angemessener, aber mit noch höheren Interventionen verbunden gewesen. Hingegen wäre ein Ziel von 1,10 CHF zwar leichter zu verteidigen gewesen, hätte jedoch der Schweizer Wirtschaft nicht die gewünschte Entlastung gebracht.

Franken-Geldmenge wird deutlich steigen
Zeuner geht davon aus, dass die SNB das Ziel verteidigen kann, allerdings werde die Franken-Geldmenge deutlich steigen. «Angesichts der Deflationsrisiken aus dem starken Franken und den fallenden Rohstoffpreisen rechnen wir jedoch nicht mit einer deutlich höheren Inflation», so der VP-Bank Ökonom. Inflationsraten rund um 2% dürften der SNB sogar helfen, den Franken weiter abzuschwächen. Für den Exportsektor erwartet der Experte aber auch bei einem Kurs von 1,20 CHF eine Wachstumsverlangsamung.

«Realistisches und glaubwürdiges» Ziel
«Die Durchsetzung des Mindestkurses ist sicher machbar», sagte Martin Neff, Chefökonom der Credit Suisse Schweiz anlässlich einer Medienveranstaltung in Zürich und ergänzte: «Das Ziel von 1,20 scheint mir realistisch und glaubwürdig.» Von der Glaubwürdigkeit des Mindestkurses hänge es denn auch ab, wieviel Devisen die Nationalbank kaufen müsse. «Eine Inflationsgefahr für die Schweiz sehe ich klar nicht», ergänzte Neff.

Diskussion über Anbindung an den Euro eröffnet
Gemäss Oliver Adler, Leiter internationale Volkwirtschaften der Credit Suisse, eröffnet der Schritt der Nationalbank die Diskussion über die längerfristige Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro. «Rein aus volkwirtschaftlicher Sicht stellt sich für eine offene Volkwirtschaft wie die Schweiz klar die Frage, wie gut ein derart schwankender Wechselkurs ist», kommentierte er.

«Völlig neue Qualität»
Der Devisenexperte Lutz Karpowitz von der Commerzbank bewertet die heutige SNB-Intervention als eine «völlig neue Qualität». «So etwas hat es bisher in diesem Ausmass noch nicht gegeben». Allerdings dürfe die Festlegung des Franken auf einen Mindestkurs zum Euro nicht mit einer Anbindung an die europäische Gemeinschaftswährung verwechselt werden.

Die SNB muss nach Einschätzung von Karpowitz das angepeilte Ziel erreichen, «wenn sie nicht ihre Glaubwürdigkeit völlig verlieren will». Auch der Commerzbank-Experte zeigt sich aber zuversichtlich, dass die Schweizer Notenbank erfolgreich ist. «Die SNB kann den Kurs des Franken solange über dem Mindestkurs von 1,20 Franken halten wie sie will.» (awp/mc/pg)

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